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US-Präsident im Theater
"Trump" feiert Premiere in Dortmund

"The Trump Card" - so heißt Mike Daiseys bitterböser Monolog, der jetzt unter dem Titel "Trump" in Dortmund erstmals auch auf Deutsch zu sehen ist. Das Stück erforscht anhand biografischer Stationen des Milliardärs dessen geistige Verfassung. Und damit auch die geistige Verfassung des Publikums, das diesen Mann zum Präsidenten der USA gewählt hat.

Von Christoph Ohrem | 03.03.2017
    Die Schauspieler Bettina Lieder und Andreas Beck bei einer Probe des Bühnenmonologs "The Trump Card" in Dortmund. Donald Trump ist überall. Ab März auch in Dortmund. Das dortige Theater zeigt Mike Daiseys "The Trump Card" - einen theatralen Wutausbruch, der den Aufstieg des umstrittenen Präsidenten aus der US-Gesellschaft zu erklären sucht.
    Das Theater Dortmund seziert das Phänomen "Trump" (picture alliance/Birgit Hupfeld/Theater Dortmund/dpa)
    Man kann ihn mögen, hassen, belächeln, fürchten - nur ignorieren, das geht nicht. Vor allem nicht als Medienmacher, weiß Adrian Daub, US-amerikanischer Germanist, der sich mit Trumps Verhältnis zu Medien und Satire beschäftigt.
    "Es ist sicherlich weiterhin ein Erfolgsrezept, über Trump zu berichten. Satirisch oder aber auch ernsthaft. In dieser Aufmerksamkeitsökonomie besteht für keine Partei ein Anreiz, Trump endlich mal zu ignorieren", sagt Daub.
    Jetzt also Donald Trump auch auf der Theaterbühne im Schauspiel Dortmund. Regisseur Marcus Lobbes setzt in dem Stück "Trump" nicht auf gefällige Satire oder Dampfhammer-Pointen, wie es häufig bei dem Thema der Fall ist:
    "Unsere Funktion, also gerade mit einem künstlerischen Output, ist eine andere. Eine andere als zu unterhalten und zu sagen, so schlimm ist es doch nicht. Wir machen uns ein bisschen lustig über die Blödmänner. So blöd sind die gar nicht. Und so lustig ist es gar nicht."
    Mit Anekdoten gespicktes Psychogramm
    Bei allem messerscharfen Witz, den die Textvorlage der Wutmonolog Mike Daiseys "The Trump Card" auch liefert. Trumps Biografie steht im Mittelpunkt. Die Information darüber, wo Trump herkommt und wie er so geworden ist, wie wir ihn heute alle kennen. Marcus Lobbes wandelt diese Vorlage für das deutsche Publikum ab. Schließlich richtet sich der Text in Deutschland nicht an Trump-Wähler. Lobbes inszeniert das Stück als Wahlabend.
    Weiß, blau, rote Girlanden hängen von der Decke. Im Raum lose verteilt Stehtische. In einer Ecke werden die letzten Hotdogs und Popcorn ausgegeben. Der Boden bedeckt mit Luftballons, Luftschlangen - überall Fähnchen. Die Schauspieler Andreas Beck und Bettina Lieder betreten in Galakleidung die Empore vor einer großen Kinoleinwand, darauf das Weiße Haus bei Nacht.
    "Wir sitzen voll in der Scheiße. Und es bereitet mir wirklich kein Vergnügen, jetzt diejenige zu sein, die Ihnen das mitteilen muss. - Obwohl. Das stimmt nicht so ganz. Ein bisschen Vergnügen bereitet es dir doch schon."
    Beck und Lieder moderieren das Stück lässig an, versprühen dort Charme, wo es in der US-Version mehr um Wut ging. Sie wandern durch das Publikum, sprechen Menschen an, sind spontan. Reden dabei über Trump, während sie die Reste der Wahlparty aufsammeln. Erzählen, wie der neue US-Präsident tickt. Es entsteht ein mit Anekdoten gespicktes Psychogramm: Der Vater ein rücksichtsloser Geschäftsmann und harter Rassist, der keine Schwarzen in seine Immobilien einziehen ließ. Sein Anwalt in jungen Jahren der skrupelloseste Jurist New Yorks. Er selbst total ohne Erdung. Fakten, die wohl noch nicht alle kennen. Ein großes Talent wird Trump bescheinigt.
    "Man spielt niemals zusammen mit Babys und kleinen Hunden. Denn sie sind so unbefangen, authentisch und direkt. Da kommt man nicht gegen an. Nur, dass Donald Trump Baby und Hund zugleich ist."
    "Mit reinem Nachäffen wird nicht viel erreicht"
    Diese Authentizität ist es, die Trump zu einem gefährlichen Demagogen macht. Ebendiese Authentizität mache es der Satire so schwer, weshalb sie Trump häufig machtlos gegenübersteht, wenn sie nur imitiert. Adrian Daub findet:
    "Dass eine gewisse Verniedlichung durch Karikierung entstehen kann. Dass sich doch die Einsicht durchsetzt, dass mit reinem Nachäffen nicht viel erreicht wird."
    Letztlich der Grund, warum Regisseur Marcus Lobbes seine Schauspieler eben nicht in die Rolle Trumps schlüpfen zu lassen. Lobbes distanziert sich von Daiseys direkter politischer Agitation. Die angebotenen Haltungen und Meinungen des Textes und letztlich auch seine eigene Inszenierung möchte er als Angebote zum Nachdenken verstanden wissen.
    "Weil wir ja keine Kirche sind und auch kein Seminar. Als Künstler geht es mir darum, das, was man sieht, was man hört, zu sich in Beziehung zu setzen", sagt Lobbes.
    Gelungener Beitrag zum Diskurs
    Lobbes gelingt mit "Trump" ein wichtiger Diskursbeitrag: Als Zuschauer erhält man zum einen durch die biografischen Informationen einen unterhaltsamen Blick hinter Trumps Fassade. Außerdem hinterfragt man sein eigenes Verhältnis zu diesem und in Bezug auf Europa auch zu anderen Demagogen. "Trump" im Schauspiel Dortmund wirft die moralische Frage auf: Wie kann man guten Gewissens amüsiert zuschauen - und nichts unternehmen?
    Termine für "Trump" im Schauspiel Dortmund: Fr, 03. März 2017; So, 12. März 2017; Fr, 14. April 2017; Sa, 22. April 2017