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US-Präsidentschaftsbewerbung
Joe Biden tritt nicht an

US-Vizepräsident Joe Biden verzichtet auf eine Bewerbung bei der Präsidentschaftswahl 2016. Im Rosengarten des Weißen Hauses erklärte er, dass er sich nicht um eine Kandidatur der Demokraten bemühen werde - aus familiären Gründen. Von dem Verzicht profitieren könnte nun Hillary Clinton.

Von Marcus Pindur |
    US-Vizepräsident Joe Biden (r.) mit US-Präsident Barack Obama (li.)
    US-Vizepräsident Joe Biden beendet die Spekulationen um eine Präsidentschaftsbewerbung. (picture-alliance/ dpa /EPA/ Jim Lo Scalzo)
    Er hatte sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Am Ende, so Joe Biden, habe er eine realistische Einschätzung der Lage vorgenommen. Der Trauerprozess seiner Familie nach dem Tod seines Sohnes Beau im Mai habe viel Zeit in Anspruch genommen.
    "Ich habe immer gesagt, dass diese Phase der Trauer das Zeitfenster für eine erfolgreiche Präsidentschaftskampagne schließen könnte. Und ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass dieses Zeitfenster sich nun geschlossen hat."
    Er werde sich auch weiterhin im Wahlkampf zu Wort melden, so Biden. Gleichzeitig konnte er einem Seitenhieb auf seine Beinahe-Konkurrentin Hillary Clinton nicht widerstehen. Sie hatte die Republikaner in der Fernsehdebatte der Demokraten als ihre Feinde bezeichnet.
    "Ich denke, wir sollten die Republikaner nicht als unsere Feinde bezeichnen. Sie sind die Opposition, nicht der Feind. Und zum Wohle des Landes müssen wir zusammenarbeiten."
    Ob Hillary Clinton mit diesem wohlfeilen Aufruf zur politischen Nächstenliebe etwas anfangen kann, darf bezweifelt werden, denn sie steht seit Jahren unter massivem und teils sehr polemischem Feuer seitens der Republikaner.
    Clinton vor Bengasi-Untersuchungsausschuss
    Ihre Umfragezahlen haben sich in den letzten Wochen, seit der demokratischen Fernsehdebatte, stabilisiert und verbessert. Drei Viertel der demokratischen Wähler halten sie für die klare Gewinnerin dieser Debatte. Hillary Clinton werde auch von Joe Bidens Absage profitieren, so der Reporter des Magazins "Politico", Glen Thrusher:
    "In allen bisherigen Umfragen hat Biden Hillary Clinton potenzielle Wähler abgenommen. Das heißt, es ist sehr wahrscheinlich, dass die Umfragewerte für Hillary Clinton jetzt in die Höhe gehen werden."
    Biden und Clinton telefonierten miteinander, aber es gab kein offizielles Unterstützungsvotum Bidens für Clinton.
    Die ehemalige Außenministerin wird heute vor dem Bengasi-Untersuchungsausschuss aussagen. Der Tod vierer amerikanischer Diplomaten in Libyen im September 2012 ist der Hintergrund. Die Republikaner versuchen, Hillary Clinton eine persönliche Schuld oder eine Vertuschungsstrategie nachzuweisen – nach 43 Sitzungen des Untersuchungsausschusses immer noch ohne Erfolg.
    Ganz im Gegenteil, die Nummer Zwei der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, gab vor drei Wochen mehr oder weniger offen zu, der Untersuchungsausschuss diene in erster Linie dazu, Hillary Clintons Ansehen zu beschädigen. Vergangene Woche trat dann ein ehemaliger Mitarbeiter des Ausschusses an die Öffentlichkeit. Er behauptete, der Fokus der Untersuchung richte sich hauptsächlich auf die Person Hillary Clintons – nicht auf die Aufklärung des Vorganges.
    Dies alles ist Rückenwind für die Clinton-Kampagne. Nach Monaten sinkender Umfragezahlen und sinkender Zuversicht ihrer Anhänger zeichnet sich jetzt ab, dass sie im demokratischen Lager der Maßstab der Dinge ist und die Kandidatin, die es zu schlagen gilt.