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US-Präsidentschaftskandidaten
"Dieser Wahlkampf wird besonders brutal"

Das Rennen um die US-Präsidentschaftskandidatur hat begonnen. Bei den Republikanern steche vor allem der Milliardär Donald Trump hervor. "Er spricht aus, was sich andere nur denken", sagte USA-Experte Josef Braml im DLF. Er rechnet mit einem brutalen Wahlkampf, bei dem der politische Diskurs aber kaum eine Rolle spielen werde.

Josef Braml im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Die US-Flagge weht im Wind.
    Josef Braml: "Hillary Clinton muss sehr viel Geld einwerben und ausgeben, um überhaupt im Gespräch zu bleiben." (AFP / Mandel Ngan)
    Christoph Heinemann: Am Telefon ist Josef Braml, USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Guten Tag!
    Josef Braml: Guten Tag, Herr Heinemann!
    Heinemann: Herr Braml, welcher Kandidat hat Sie überzeugt?
    Braml: Ja, mich müssen die Kandidaten nicht überzeugen, ich glaube, die Amerikaner sind wichtiger, aber wenn ich einschätze, wie die jeweiligen Kandidaten in ihrem Lande ankommen, dann ist doch zu befürchten, dass Donald Trump ein größeres Problem für die Partei der Republikaner werden könnte.
    Heinemann: Sabrina Fritz hat eben gesagt, nett ist er nicht, wir wollen ihn uns mit einem anderen Satz kurz anhören, er hat einmal gesagt: Das Problem dieses Landes ist es, dass es politisch korrekt ist.
    Donald Trump: "I think the big problem this country has is being politically correct.
    "Donald Trump spricht vielen Hardlinern aus dem Herzen"
    Heinemann: Wie erklären Sie sich, Herr Braml, die Popularität von Donald Trump?
    Braml: Ja, er spricht vielen Hardlinern aus dem Herzen, und das sind leider auf der politisch rechten Seite immer mehr. Amerika hat den Rassismus noch nicht überwunden. Wer sich die Debatte um Sozialreformen oder vor allem auch um die Einwanderung ansieht, der sieht deutlich, dass da auch Rassismus mit im Spiel ist, und er spricht aus, was sich andere nur denken, und punktet hier ungemein und könnte damit auch eine Gefahr für Jeb Bush werden, der sich ja zumal in der Einwanderungsfrage sehr liberal aufgestellt hat.
    Heinemann: Was versprechen sich seine Unterstützer zum Beispiel von Donald Trump?
    Braml: Ja, viele meinen, dass man noch Wahlen gewinnen könne, wenn man nur genügend weiße, ja, vor allem wütende Amerikaner an die Wahlurnen treibt. Zum Beispiel Frau Coulter, die einen Bestseller nach dem anderen schreibt, meint, man soll endlich aufhören, den Latinos in den Arsch zu kriechen – ich zitiere –, und für die ist Trump der Mann.
    Aber diese Leute übersehen, dass der Letzte, der mit weißen Stimmen gewinnen wollte, Mitt Romney, dass der 20 Prozentpunkte Vorsprung bei Weißen hatte, aber es trotzdem nicht reichte, um Präsident zu werden.
    "Es bricht massives Geld in das politische System hinein"
    Heinemann: Ist das geschilderte rüpelhafte Verhalten, sagen wir mal, das übliche Auftaktgetöse eines Wahlkampfs, um Aufmerksam zu erringen, oder rechnen Sie damit, dass dieser Wahlkampf besonders brutal wird?
    Braml: Der wird besonders brutal, vor allem wenn man sich auch dann die Anzeigenkampagnen ansieht, die mit den Kandidaten offiziell ja nichts zu tun haben, die von sogenannten externen Organisationen gesteuert werden, und hier bricht massives Geld in das politische System hinein. Die Parteien werden da wirklich hier an den Rand gedrängt, und die können teilweise die Linie, die Message nicht mehr kontrollieren.
    Ich denke, das kann auch nach hinten losgehen. Amerika ist ja einiges gewohnt, aber was hier Donald Trump selbst schon bringt, diese mangelnde politische Correctness, ist neu. Aber was nicht neu ist, ist eben dieses Brandmarken des politischen Gegners, das ist gang und gäbe in den USA.
    "Die Amerikaner sind, was ihr politisches System angeht, ziemlich zynisch geworden"
    Heinemann: Welche Themen werden den Wahlkampf denn voraussichtlich beherrschen?
    Braml: Was mich überrascht hat, ist, dass die Amerikaner am meisten der Einfluss des Geldes umtreibt. Es ist jetzt nicht der Terrorismus oder eben auch die Wirtschaft und Arbeitsplätze, die die Amerikaner ganz oben auf dem Schirm haben, sondern dieser massive Einfluss des Geldes, der Verruch der Korruption. Und hier hat Donald Trump eben auch eine Stimmung mit aufgegriffen, er spricht es noch mit deutlicheren Worten aus, aber ich denke, die Amerikaner sind, was ihr politisches System angeht, ziemlich zynisch geworden.
    Heinemann: Rechnen Sie damit, dass Donald Trump auf eigene Faust kandidieren wird, auch wenn er die Nominierung der Republikaner nicht schafft?
    Braml: Er hat damit gedroht und hat damit gleich mit einem Paukenschlag die ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen, wenn das ohnehin noch nötig gewesen wäre. Er hat eben gesagt, sollte er nicht der Gewinner sein, was er ohnehin nicht glaubt, dann würde er nicht klein beigeben und den jeweiligen Republikaner unterstützen, sondern eine unabhängige Kandidatur nicht ausschließen.
    Das heißt, damit wären die Republikaner sicher wieder einmal auf der Verliererstraße, und vielleicht ist das ein Hebel, der die Republikaner dazu bringen könnte, zu sagen, ja, gut, wenn wir ihn nicht verhindern können, dann müssen wir ihm auf den Schirm helfen.
    "Hillary Clinton muss sehr viel Geld einwerben und ausgeben, um überhaupt im Gespräch zu bleiben"
    Heinemann: Allein schon wegen dieser Aussicht wird die Kandidatur oder die Kandidatenkür auf der republikanischen Seite vermutlich spannender werden als bei den Demokraten. Wäre das, diese Spannung, dieser Thrill, ein Bonus für die Republikaner am entscheidenden Wahltag dann im Herbst 2016?
    Braml: Das sehe ich genauso. Man kann zwar einwenden und sagen, ja, die werden sich sicher noch die ein oder andere Wunde zufügen, die sie sich dann im Hauptwahlkampf noch lecken müssen, und es kann auch wieder sein, dass der jeweilige Kandidat dann zu weit an den rechten Rand hinausgedrängt wurde, dass er sich dann nicht mehr in die Mitte bewegen kann, das Problem besteht, aber umgekehrt ist es dann doch so, dass Hillary Clinton bis zum Hauptwahlkampf eine lange Durststrecke überstehen muss.
    Sie muss sehr viel Geld einwerben und ausgeben, um überhaupt im Gespräch zu bleiben, will sie nicht nur durch Skandale in den Medien auftreten, die ihr da von der rechten Seite nach wie vor reingedrückt werden.
    Heinemann: Unterdessen arbeitet Barack Obama an seinem Platz in den Geschichtsbüchern, jetzt zuletzt das Iranabkommen, das ja auch in eigenen Reihen nicht unumstritten ist – wir haben gerade eben in den Nachrichten darüber berichtet, dass auch führende Demokraten sich distanzieren. Ist Obama für die Demokraten im Wahlkampf ein Zugpferd oder eine Belastung?
    Braml: Ich denke, dass Obama hier ein größeres Problem darstellen würde, zumal Hillary Clinton sich auch schon von Positionen distanziert hat, die sie selber unterstützt hat – denken Sie nur zum Beispiel an die Freihandelsabkommen. Hier denkt sie bewusst jetzt schon an die gewerkschaftsnahen Wähler, sie will eigentlich selber nichts mehr davon wissen, wofür sie früher stand, und will damit vielleicht auch Barack Obama ganz weit weg haben, wenn es darum geht, hier sich neu aufzustellen, sich neu zu erfinden.
    Sie hat ja jetzt, obwohl sie eigentlich von der Wall Street massiv finanziert wird, den einfachen Amerikaner wiederentdeckt, und selbst Berater wie Larry Summers legen ihr nahe, nicht mehr nur auf Bildung zu setzen, sondern auf Umverteilung. Das wurde früher selbst von Demokraten sogar schon als Sozialismus gegeißelt.
    "Die Breite im politischen Diskurs ist in Amerika nicht mehr gegeben"
    Heinemann: Hillary Clinton haben Sie jetzt mehrfach genannt, welches Duo werden beide Parteien voraussichtlich zum Duell aufstellen, zum entscheidenden?
    Braml: Sollte Jeb Bush seinen riskanten Kurs im Vorwahlkampf überstehen, vor allem in der Einwanderungsfrage, wo er sehr liberal aufgestellt ist, dann hat er sehr gute Karten, um im Hauptwahlkampf gegen Hillary Clinton sich durchzusetzen.
    Auf der demokratischen Seite sehe ich nicht wirklich einen ernsthaften Herausforderer. Diejenigen, die sie kitzeln, werden sie wohl noch ein bisschen weiter nach links treiben und damit dem politischen Gegner helfen, ihrerseits die politische Basis zu mobilisieren.
    Heinemann: Beide Namen sind ja nicht unbekannt, Clinton und Bush. Entwickelt sich das politische System mehr zu einer Dynastie in den USA?
    Braml: Ja, ich würde jetzt nicht auf Namen mich konzentrieren, sondern auf die Geldströme, die seit jeher hier einfließen, und da spielen dann Namen eine geringere Rolle.
    Man muss hier dieses massive Geld sehen, das auf beide Seiten einströmt, und in vielen Bereichen gibt es keine großen Unterschiede mehr. Diese Breite, die wir selbst in Deutschland noch haben im politischen Diskurs, ist in Amerika nicht mehr gegeben. Hier ist es doch so, dass massive Geldinteressen hier den Diskurs ein bisschen verengt haben und hier Amerika dann doch in eine Richtung drängen, die uns Europäer noch überraschen wird.
    Heinemann: Wie abhängig sind dann eines Tages Amtsinhaber, die dieses Geld angenommen haben?
    Braml: Ja, sie haben zumindest dann den Zugang, das Ohr der jeweiligen Abgeordneten. Was ich für noch problematischer halte, dass die Abgeordneten oder vor allem auch Senatoren selbst eigentlich nicht mehr zum Regierungsgeschäft kommen, weil sie massiv Wahlkampfspenden sammeln müssen, das heißt, sie vernachlässigen ihre Regierungstätigkeit. Deren Mitarbeiter sind wichtiger, was in Deutschland viele noch nicht verstanden haben, die sich immer nur auf die Treffen mit den Abgeordneten und Senatoren konzentrieren.
    Die Mitarbeiter sind federführend, weil die die legislative Arbeit leisten, während die Chefs dann die nächsten Millionen und teilweise sogar noch mehr reinholen müssen, um wiedergewählt zu werden.
    Heinemann: Josef Braml, USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören!
    Braml: Ich danke Ihnen, Herr Heinemann!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.