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US-Präsidentschaftswahl
"Hillary kann keinen Erdrutsch erwarten"

Hillary Clinton fehlen nach Einschätzung des US-Politikwissenschaftlers Jackson Janes die jüngeren Wähler, die "Milleniums". Die stünden eher hinter Bernie Sanders, ihrem demokratischen Mitbewerber um die US-Präsidentschaftskandidatur. "Clinton muss um jede Stimme kämpfen", sagte Janes im DLF.

Jackson Janes im Gespräch mit Doris Simon |
    Doris Simon: Hillary Clinton hat nach ihrem Sieg bei den Vorwahlen in Kalifornien jetzt die Mehrheit der demokratischen Delegierten hinter sich. Für die Nominierung auf dem Parteitag im Juli fehlt der früheren US-Außenministerin jetzt noch die Unterstützung der sogenannten Superdelegierten. Viele haben ihr die allerdings bereits zugesagt. Am Telefon ist Jackson Janes, der Präsident des American Institute for Contemporary German Studies. Guten Abend.
    Jackson Janes: Guten Abend!
    Simon: Herr Janes, hat Hillary Clinton die Nominierung jetzt geschafft, oder kann die Stimmung auf dem Parteitag noch kippen zugunsten von Bernie Sanders?
    Sanders: Ich glaube kaum. Ich glaube, das ist dann einigermaßen schon durch. Das einzige Problem ist, wann Herr Sanders das anerkennt. Denn ich glaube, das reicht erst mal, gerade nach California, sie über die Bühne zu bringen. Aber grundsätzlich ist die Frage, wie lange hält Bernie Sanders durch, obwohl er kaum wieder dagegen streben kann.
    Simon: Er selber hat ja lange angekündigt, bis zuletzt zu kämpfen. Aber jetzt hört man, er hat sein Wahlkampfteam verkleinert. Morgen trifft Bernie Sanders hochrangige Demokraten, Präsident Obama und Harry Reid, den Minderheitsführer im US-Senat. Ist das der Anfang vom Ende der Sanders-Kampagne?
    Janes: Der Anfang vom Ende ist es vielleicht noch nicht ganz, weil das muss ausgehandelt werden, was im Juli beim Parteitag angehängt wird von seiner Seite. Er möchte mehr oder weniger gern die Plattform so beeinflussen, dass das, wofür er gekämpft hat, mit eingeschlossen ist. Es kann sein, dass es etwas dauert, bis das ausgebügelt ist, aber dafür kämpft er momentan und die Frage ist, wie lange dauert die Verhandlung.
    "Sanders hat stichhaltige Punkte"
    Simon: Geht es Sanders um Inhalte oder auch um Personen oder um seine Person?
    Janes: Ja er würde natürlich sagen, es geht nicht um ihn. Es ist tatsächlich so, er sieht auch dann die Notwendigkeit, in der demokratischen Partei eine Kehrtwende zu machen, denn er hat gewisse Punkte, die einigermaßen stichhaltig sind. Und die Frage ist, wie können die dann einen gemeinsamen Nenner finden zwischen seinen Anhängern, und das sind nicht wenig, und Hillarys Anhängern, die einfach dann sagen, alles ist besser als Trump. Ich glaube, Bernie würde dem wahrscheinlich zustimmen, aber er möchte gern dafür was haben, wofür er sich eingesetzt hat. Insofern glaube ich, es ist nur eine Frage der Zeit, bis das erreicht worden ist, weil am Ende sowohl Bernie als auch Hillary möchten Trump natürlich verhindern.
    Simon: Sie sprechen von Punkten, die Sanders hat, die stichhaltig sind für die Demokraten. Welche sind das?
    Janes: Erstens die Frage, ist denn genügend gesagt worden über die Ungleichheiten in der Gesellschaft. Zweitens diese sogenannte Betonung auf das sogenannte one percent, inwieweit eigentlich die sozialen Kräfte in Amerika ausgeglichener werden können. Und drittens glaube ich auch, dass sehr viele Leute irgendwie das Gefühl haben, Hillary hat es als selbstverständlich hingenommen, dass sie die Nominierung bekommt. Und die möchten gern sehen, dass das anerkannt wird, wofür sie sich eingesetzt haben. Das bedeutet nicht, dass Bernie Sanders irgendeine Hoffnung hat, als Vizepräsident aufgestellt zu werden, aber jemand, der auch in diesem Bereich dann verkörpert, wofür sie stehen. Und das ist, glaube ich, eher nicht unbedingt in der Außenpolitik, sondern in der Innenpolitik.
    Simon: Und wie glaubwürdig ist das, wenn ausgerechnet Hillary Clinton dann zu Punkten wie Ungleichheit und so weiter das aufnehmen sollte?
    Janes: Ich glaube schon, dass er genügend gemacht hat in den letzten Monaten, sie richtig dann in seine Richtung rutschen zu lassen. Und was sie sagt ist immer: Es geht nicht darum, dass wir mehr Gleichheit haben wollen, es geht nicht darum, dass wir mehr Unausgewogenheiten dulden sollen, es geht nur darum, wie lange und wie wir das angehen. Das muss sie dann überzeugend darstellen auch gegenüber seinen Anhängern, die dann das tatsächlich als glaubwürdig aufnehmen werden. Das ist natürlich jetzt momentan ein Kampf und das ist berechtigt und ich meine, im Juli bei dem Parteitag ist es enorm wichtig, dass diese Einheit dargestellt wird, wenn sie wirklich alle irgendwo unter einer Fahne stehen.
    Clinton sollte auch die Sanders-Anhänger ansprechen
    Simon: Jackson Janes, Sie haben schon mehrfach die Anhänger von Bernie Sanders erwähnt und auch gesagt, für die ist Hillary Clinton ja ein rotes Tuch und gar nicht so weit weg von Donald Trump. Falls jetzt, vielleicht nicht morgen, aber irgendwann Bernie Sanders dazu aufruft, Clinton zu unterstützen, werden ihm denn seine Anhänger da folgen?
    Janes: Gute Frage. Ich glaube nicht, dass man sagen kann, dass Hillary Clinton in irgendeiner Weise vergleichbar ist mit Trump. Ich glaube, im Prinzip ist es die Frage, ob sie dann wirklich anerkennt, wofür auch sie so gearbeitet haben in den letzten Monaten. Und ich glaube schon, dass die sogenannten jüngeren Leute, die sogenannten Millenniums,, die auch hinter Bernie stehen, eigentlich das Gefühl haben, dass sie für sich mehr oder weniger es als selbstverständlich hingenommen hat, ich bin am Ende der Kandidat. Sie muss die Leute ansprechen. Sie muss dann einfach einen Grund liefern, warum sie auch das verkörpert, was dann eigentlich bei ihrer Kampagne aufgenommen wird. Sie kann es nicht vermeiden und wenn das tatsächlich dann soweit kommt, dass am Parteitag tatsächlich eine Einigkeit erzielt wird, dann muss sie jetzt anfangen, das zu tun.
    Simon: Falls das demokratische Lager gespalten bleibt, weil genau das möglicherweise nicht gelingt, die Anhänger von Sanders nicht in Masse zu Clinton übergehen, wie stehen dann insgesamt die Chancen für Hillary Clinton, die Präsidentschaft zu gewinnen, gegen Donald Trump?
    Janes: Sie hat natürlich eine gewisse Sicherheit, dass bei gewissen Gruppierungen eine Unterstützung für sie mehr oder weniger dasteht, in den Minoritäten, in ethnischen Gruppen. Was eigentlich fehlt sind diese sogenannten jüngeren Gruppierungen hinter Bernie. Die sind berüchtigt dafür, dass sie nicht unbedingt wählen gehen, aber die haben bei Obama dann den Ausschlag gegeben, sowohl 2008 als auch in 2012, wenn auch nur wenige. Es ist tatsächlich nicht ein Erdrutsch, was Hillary Clinton erwarten kann am 8. November. Ergo muss sie um jede Stimme kämpfen und diese Millenniums, diese jüngere Gruppierung, und auch die Älteren, die für Bernie stehen, alle Stimmen sind für sie wichtig, weil man kann nicht davon ausgehen, dass das einfach eine gelaufene Sache ist.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.