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US-Sanktionen gegen den Iran
Europa scheint machtlos

Die Uhr tickt: In wenigen Tagen treten weitere US-Sanktionen gegen den Iran in Kraft. Diese treffen auch das europäische Irangeschäft. Das größte Problem: Banken wickeln Überweisungen nicht mehr ab. Und Europa kann kaum etwas dagegen machen.

Von Mischa Ehrhardt | 01.11.2018
    Ein Symbolbild zeigt erodierende Flaggen Irans und Deutschlands mit abwärts gerichtetem Dislike-Daumen mit einer Flagge der USA.
    Die US-Sanktionen gegen den Iran haben massive Folgen für das deutsch-iranische Geschäft (imago / Ralph Peters)
    Rein aus wirtschaftlicher Perspektive betrachtet ist der Iran für Europa und Deutschland ein relativ kleiner Handelspartner. Mit Exporten im Wert von knapp drei Milliarden Euro rangiert das Land nur auf Rang 50 der deutschen Exportpartner. Nach der Lockerung der früheren Sanktionen gegen Teheran und dem Abschluss des internationalen Atomabkommens mit dem Land wuchs aber die Hoffnung vieler deutscher Unternehmen, vom starken Wachstum der iranischen Wirtschaft profitieren zu können. Diese Hoffnungen erfahren durch die US-Sanktionen gerade einen deutlichen Dämpfer. Denn Drohungen der Wirtschaftsmacht USA sind für viele Unternehmen nicht zu unterschätzen.
    "Der Arm der Amerikaner ist so lang, dass selbst wenn in Europa sich Möglichkeiten bieten würden für Unternehmen, die Sanktionen zu umgeben, ich mir kaum vorstellen kann, dass die europäischen Unternehmen die auch wahrnehmen werden. Weil letztendlich der amerikanische Arm so weit reicht, dass man versucht, den Druck auf europäische Unternehmen so stark zu machen, dass sie sich doch aus Iran zurückziehen," sagt der Chefvolkswirt der ING Diba, Carsten Brzeski. Das hat auch der Vizepräsident der Deutschen Industrie, Thomas Bauer, bestätigt.
    Sanktionen erschweren schwieriges Irangeschäft noch weiter
    Auch in Aussicht gestellte EU-Hilfen für Unternehmen, die an Geschäften mit dem Iran festhalten, würden wirkungslos bleiben, wenn die Amerikaner dann ihrerseits die Geschäftsbeziehungen mit diesen Unternehmen einstellen würden. Auch der Bankenverband sieht Probleme. Ohnehin sei das Geschäft mit iranischen Unternehmen aus Mangel an Transparenz schwierig. Die Sanktionen täten ihr Übriges. Vor einigen Tagen hatte der Verband bereits berichtet, dass Banken zunehmend ihre Geschäfte mit Iran einstellen würden, der Zahlungsverkehr komme zum Erliegen. "Kurzfristig werden wir die grundlegenden Probleme, die mit dem Iran bestehen hinsichtlich Transparenz, nicht gelöst bekommen. Eine Hilfe aus Brüssel wird diese Probleme auch nicht lösen können," sagt Markus Becker-Melching vom Bundesverband deutscher Banken.
    EU-Hilfen werden wohl wirkungslos bleiben
    In Brüssel denken die Verantwortlichen darüber nach, eine Zweckgesellschaft ins Leben zu rufen. Sie könnte den Zahlungsverkehr umgehen, indem sie Tauschgeschäfte ermöglicht: Öl beispielsweise aus dem Iran im Tausch gegen Waren europäischer Unternehmen. Carsten Brzeski ist allerdings skeptisch:
    "In der Theorie kann so etwas funktionieren, aber in der Praxis habe ich doch große Zweifel. Denn letztendlich muss Öl auch wieder in US-Dollar abgerechnet werden. Und auch wird hier der indirekte Druck der Amerikaner so groß sein, dass ich mir kaum vorstellen kann, dass ich auch wirklich auf einer hohen Skala Unternehmen soweit bekomme, hieran mitzumachen. Man hat aktuell auch gesehen, dass in dieser ganzen europäischen Diskussion es unheimliche Unsicherheiten gibt. Es gibt kein Land, das so eine Gesellschaft in seinem eigenen Land haben will. Man sieht nicht, wie diese Gesellschaft auch gemanagt werden soll. Von daher ist es eine konzeptuell und theoretisch sehr schöne Idee, aber in der Praxis wird das nicht kommen".
    So werden die Sanktionen kommen und der Iran vermutlich wieder vom überwiegenden Teil des Handels mit der übrigen Welt abgeschottet.