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US-Truppenabzug
Strack-Zimmermann (FDP): "Trump hat keine Ahnung, was er da tut"

Der geplante Abzug von 12.000 US-Soldaten aus Deutschland sei nicht klug, sagte die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Dlf. Es sei in erster Linie ein Schlag gegen die NATO. Am Ende gebe es nur einen Sieger, wenn sich der Westen mit sich selbst beschäftige und "das ist Wladimir Putin."

Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Gespräch mit Christoph Heinemann |
Marie-Agnes Strack-Zimmermann, stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, spricht beim 70. FDP-Bundesparteitag bei der frauenpolitische Debatte.
Der Abzug von US-Truppen dauere Jahre, koste Milliarden und löse NATO-Strukturen auf, die funktionierten, so Marie-Agnes Strack-Zimmermann, verteidigungspolitische Sprecherin der FDP (picture alliance / Britta Pedersen)
Die US-Regierung möchte fast 12.000 Soldaten aus Deutschland abziehen. Betroffen sind Standorte in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Das sei erst mal kein Schlag gegen Deutschland, sondern ein Schlag gegen die NATO, sagte Marie-Agnes Strack-Zimmermann, verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, im Dlf. Damit schade Donald Trump auch sich selbst, denn eine starke NATO sei natürlich auch im Interesse der Amerikaner.
Trump hatte bereits im Juni einen Teilabzug angekündigt. Er begründet dies mit den aus seiner Sicht zu geringen Verteidigungsausgaben Deutschlands. Gestern warf er der Bundesregierung abermals vor, das Zwei-Prozent-Ziel der NATO seit Jahren zu verfehlen. Sie könne den Ärger auch nachvollziehen. "75 Jahre nach Kriegsende wird es Zeit, dass wir als Deutsche nicht nur den moralischen Zeigefinger heben, sondern deutlich mehr für unsere eigene Verteidigung, für Frieden und Freiheit unternehmen."
Das eigentliche Problem sei aber keine Frage des Geldes, sondern eine Frage, ob die Mittel eigentlich die Bundeswehr erreichten. "Das Geld ist da, es kommt aber offensichtlich nicht an. Das ist das Thema, was wir endlich lösen müssen, und da ist die Bundesregierung im Verzug", so die FDP-Politikern.
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Das Interview in voller Länge
Christoph Heinemann: Frau Strack-Zimmermann, wieso schwächt eine Verlegung von US-Truppen die NATO?
Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Ich glaube, man muss das ganze Thema etwas sortieren. Es kommt ja jetzt nicht wirklich überraschend. Präsident Trump hatte das ja seit Wochen und Monaten angekündigt. Ich habe übrigens an der Stelle immer bedauert, dass der Bundesaußenminister nicht wenigstens auf diplomatischem Weg, wie es ein Hans-Dietrich Genscher gemacht hätte, versucht, mit dem Präsidenten ins Gespräch zu kommen.
Heinemann: Das sagt eine Politikerin einer Partei, die jahrelang den Außenminister gestellt hat. Das nur mal zur Klarstellung.
Strack-Zimmermann: Das erlauben Sie mir, Herr Heinemann, weil es natürlich auch unter Freunden – und nach wie vor sind wir mit dem amerikanischen Volk vor allen Dingen befreundet und in unserer Geschichte auch verbunden.
Wladimir Putin ist der Sieger
Heinemann: Nur hießen die Präsidenten damals nicht Donald Trump.
Strack-Zimmermann: Genau. Aber der Wahrheit geschuldet ist, dass auch Präsident Obama und schon Präsident Clinton die Deutschen ermahnt haben, mehr für die gemeinsame Sicherheit zu unternehmen. Beide waren sehr sympathisch. Offensichtlich hat man nicht richtig hingehört. Präsident Trump ist ein Typ, der von seiner Art her sehr deutlich, sehr robust ist und nun seinen Taten folgen lässt.
Ob das klug ist, da würde ich sagen: Nein! Ich glaube, dass Herr Trump mit Verlaub, bei allem Respekt, keine Ahnung hat, was er da tut. Denn er zieht 12.000 Soldatinnen und Soldaten ab. Soweit ich weiß, wird die Hälfte in Europa bleiben, in Belgien beziehungsweise in Italien. Das ist erstens mal ein Schlag nicht gegen Deutschland; es ist ein Schlag gegen die NATO und damit schlägt er sich selber, denn es ist natürlich auch im Interesse der Amerikaner, …"
Heinemann: Und das war meine Frage, Frau Strack-Zimmermann. Diese Truppen werden ja nicht außer Dienst gestellt. Sie stehen der NATO weiterhin zur Verfügung. Worin besteht jetzt die Schwächung?
Strack-Zimmermann: Ich glaube, die Schwächung besteht darin, dass ein solcher Prozess, den man natürlich einleiten kann – das darf ein amerikanischer Präsident -, nicht nur Jahre dauert, nicht nur Milliarden kostet, sondern die NATO-Strukturen auflöst, die funktionieren. Und es gibt nur einen Sieger in dieser ganzen Diskussion, während die NATO darüber diskutiert, ob Soldaten bei uns oder in Italien stehen, und das entsprechende Equipment erst mal aufgebaut werden muss. Das ist nämlich Wladimir Putin, der russische Präsident, dem das ja gefallen muss, wenn wie gesagt der Westen sich mit sich selbst beschäftigt und wenn wir uns nicht damit beschäftigen, was unsere originäre Aufgabe ist, nämlich präsent zu sein, diesen Kontinent, dieses westliche Bündnis zu schützen.
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Heinemann: Wieviel schlechtes Gewissen steckt in Ihrer Zurückweisung dieser US-Abzugspläne?
Strack-Zimmermann: Ich würde nicht sagen, schlechtes Gewissen. Es ist ja kein offenes Geheimnis, dass die Amerikaner verschnupft – ich sage das mal milde ausgedrückt – darüber sind, dass Deutschland nicht das bietet, was die Amerikaner von uns erwarten. Und an der Stelle bin ich sogar bei den Amerikanern. 75 Jahre nach Kriegsende wird es Zeit, dass wir als Deutsche nicht nur den moralischen Zeigefinger heben, sondern deutlich mehr für unsere eigene Verteidigung, für Frieden und Freiheit unternehmen. Insofern: Ich kann den Ärger verstehen. Aber wenn er die Truppen abzieht, schlägt er nicht Deutschland, abgesehen von den Gemeinden, die in der Tat betroffen wären, wie Sie gerade berichtet haben, sondern er berührt die ganze NATO. So etwas dauert Jahre, so etwas kostet Milliarden, und wir sollten uns, glaube ich, gemeinsam darauf konzentrieren, dieses Bündnis zu festigen.
"Innerhalb der NATO ist Deutschland ein wirkliches Pfund"
Heinemann: Das haben ja auch die vielen Bundesregierungen verschlafen, an denen die FDP beteiligt war. Wieso, Frau Strack-Zimmermann, stockt Deutschland die Bundeswehr nicht einfach um 12.000 Soldatinnen und Soldaten auf? Dann wäre die Lücke geschlossen.
Strack-Zimmermann: Herr Heinemann, Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass jede Bundesregierung ihren Teil dazu beigetragen hat. Ich möchte das nicht beschönigen, das stimmt so. Wir haben uns alle wohl gefühlt, von den Amerikanern betreut zu werden, nach dem Motto, wenn es knallt, sind die bei uns. Dass jetzt etwas passiert, ist daher nicht wirklich überraschend. Die Frage, die wir beantworten müssen, was Sie gerade gefragt haben, ist ja, wie wir in Zukunft damit umgehen. Und es ist ja nichts Neues, dass seit 1990 Truppen immer geringer werden. Das ist ja auch eine in sich durchaus plausible Geschichte. Aber wir arbeiten eng mit den Amerikanern zusammen. Und ja, man kann es innerhalb der NATO verlegen. Aber ich glaube, es ist unter Freunden – und das empfinde ich immer noch so – diese Form der Ankündigung, diese Form der Maßnahme, auch mit dem Begleitgetöse von Herrn Trump, das wird ja nicht sachlich vermittelt, sondern da gibt es jetzt wieder Tweets nach dem Motto, man wollte das nicht anders, das ist natürlich sehr unschön. Vielleicht noch ein Satz, weil das zur Wahrheit natürlich auch dazugehört. Deutschland ist innerhalb der NATO der zweitgrößte Truppenanbieter. Wir zahlen ungefähr, wenn Sie das ganze NATO-Volumen nehmen, 16 Prozent der Ausgaben der NATO. Das heißt: Innerhalb der NATO sind wir ein wirkliches Pfund.
Das was Trump bemängelt, ist unsere Initiative, dass wir mehr machen müssen für unsere eigene Sicherheit. Da bin ich übrigens bei den Amerikanern. Das finde ich auch und das fordern wir auch seit Jahren, dass wir deutlich mehr in die Hand nehmen müssen. Und Ihre Frage: Die Bundeswehr bemüht sich um diese 12.000 Männer und Frauen. Das ist gar nicht so einfach, weil wir sind nicht einsatzbereit in der Form. Wir sind nicht so attraktiv als Bundeswehr, wie wir es sein müssten. Einsatzbereitschaft ist Attraktivität. Das heißt, wir müssen unser Equipment, wir müssen eine moderne Armee sein, es muss auch alles funktionieren, und dann bin ich optimistisch, dass wir auch genug Frauen und Männer bekommen, die diesen nicht ganz ungewöhnlichen Beruf auch ergreifen wollen.
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Heinemann: Aber mit Blick auf Donald Trump: Wieso sollten US-Bürgerinnen und US-Bürger für das nicht Funktionieren der Bundeswehr zahlen?
Strack-Zimmermann: Das tun sie ja in dem Sinne nicht. Ich sagte ja gerade: Wir sind Teil der NATO. Da sind wir auch präsent. Die Amerikaner haben ja, so wie unsere Nachbarn auch, ein großes Interesse auch am Standort, an der räumlichen Situation der Deutschen. Es passiert nichts seitens der Amerikaner im Nahen und Mittleren Osten, ohne dass sie nicht uns auch als Basis nehmen. Positiv gesagt: Wenn Amerikanerinnen und Amerikaner, Soldaten in die USA verlegt werden, sei es aus gesundheitlichen Gründen, sei es, weil sie verwundet sind, geht der Weg immer auch über Deutschland. Das heißt, wir sind in der Logistik der Verteidigung ein wesentlicher Standort. Natürlich kann man das ändern, das ist dem amerikanischen Präsidenten unbenommen. Ich glaube, die Tonalität ist das große Problem, und natürlich auch das Problem, dass wir nicht genug gemacht haben und wir einen Bundesaußenminister haben, der offensichtlich sprachlos ist. Denn das Thema ist nicht neu und er hätte natürlich, auch die Bundeskanzlerin hätte deutlich sich mit den Amerikanern an einen Tisch setzen müssen. Das haben sie offensichtlich nicht gemacht und jetzt ist Herr Trump, wie er eben ist.
Nicht nur eine Frage des Geldes
Heinemann: Wobei es ja vor allen Dingen – und das hatten Sie auch schon gesagt – ums Geld geht. – Zu den NATO-Staaten, die das Zwei-Prozent-Ziel erfüllen, zählen neben den USA Großbritannien, Polen, Griechenland, Estland und seit 2018 erstmals auch Litauen, Lettland und Rumänien. Wieso bringt Deutschland nicht zustande, was diese Länder schaffen?
Strack-Zimmermann: Weil diese zwei Prozent eine Zahl sind, die relativ sind. Die zwei Prozent orientieren sich am Bruttoinlandsprodukt. Deutschland hat inzwischen einen Wehretat von 45 Milliarden, wachsend. Der ist in den letzten drei Jahren deutlich gewachsen. Das ist die gute Nachricht. Das reicht aber nicht. Aber ich glaube, Herr Heinemann, es ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern es ist eine Frage, erreichen unsere Mittel eigentlich die Bundeswehr. Das ist eine Frage der Ausschreibung. Das heißt, was macht Deutschland eigentlich, damit wir auch das Equipment haben, genug Schiffe, wir diskutieren seit Jahren über die Tornado-Nachfolge (Kampfflugzeug), wir haben Probleme über über. Das Geld ist da, es kommt aber offensichtlich nicht an. Das ist das Thema, was wir endlich lösen müssen, und da ist die Bundesregierung im Verzug.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.