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US-Vorwahlen
"Trump wäre eine außenpolitische Herausforderung"

Der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Jürgen Hardt, sieht für die Demokratin Hillary Clinton größere Chancen auf die US-Präsidentschaft als für den Republikaner Donald Trump. Sollte es aber anders kommen, dann wäre Trump "als Außenpolitiker eine Herausforderung", so der CDU-Politiker im DLF.

Jürgen Hardt im Gespräch mit Dirk Müller |
    Porträtbild des CDU-Politikers Jürgen Hardt
    Jürgen Hardt (CDU) ist außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag (picture alliance / dpa/ Kay Nietfeld)
    Hardt sieht die beiden Rennen um die Präsidentschaftskandidaturen noch keineswegs entschieden. Normalerweise werde zwar derjenige Politiker aufgestellt, der den "Super Tuesday" gewinne, meinte Hardt. Allerdings folge diese Vorwahl - die interessanteste seit Jahren - anderen Regeln. Bei den Republikanern gebe es möglicherweise erst bei der Nominierungskonvent im Juli eine Entscheidung. Wenn dann drei Kandidaten zur Wahl stünden und keiner die erforderliche Mehrheit erhalte, dann werde es spannend, sagte der Regierungskoordinator.
    "Clinton hat einiges in der Hinterhand"
    Hardt stellte fest, dass in den Fernsehdiskussionen und Bürgerbefragungen der Kandidaten bislang kaum eine Rolle gespielt habe, was ein Bewerber mitbringen müsse, um Präsident zu werden. Diese Frage werde aber im eigentlichen Wahlkampf eine größere Rolle spielen. Und da habe Clinton als ehemalige First Lady und Außenministerin einiges in der Hinterhand.
    Der CDU-Politiker betonte, die Bundesregierung werde mit jedem US-Präsidenten klarkommen. Allerdings wäre ein Präsident Trump "als Außenpolitiker eine Herausforderung". Er sei sich aber sicher, dass Trump im Weißen Haus in Washington andere, präzisere Töne anschlagen würde als in der aufgeheizten Wahlkampf-Atmosphäre.

    Das Interview in voller Länge:
    Dirk Müller: Super Tuesday in den USA. Mit Abstimmungen in zwölf Bundesstaaten ist der Vorwahlkampf zur Präsidentschaft in die entscheidende Phase getreten. Bei den Republikanern zieht Donald Trump als haushoher Favorit in dieses Rennen. Bei den Demokraten liegt Ex-Außenministerin Hillary Clinton bislang klar vorne. Die ersten Wahllokale haben um fünf Uhr morgens in den Vereinigten Staaten geöffnet. Die meisten Stimmen sind inzwischen ausgezählt, die Wahllokale längst geschlossen.
    #Hillary Clinton und Donald Trump - unser Thema jetzt mit Jürgen Hardt (CDU), Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Guten Morgen.
    Jürgen Hardt: Guten Morgen, Herr Müller.
    Müller: Herr Hardt, ist das Rennen jetzt gelaufen?
    Hardt: Die Geschichte zeigt ja, dass derjenige, der den Super Tuesday für sich entscheiden kann, in der Regel auch der Kandidat seiner Partei ist. Allerdings folgt diese Vorwahlkampagne irgendwie anderen Regeln. Sie ist die spannendste und überraschendste überhaupt in den letzten Jahrzehnten. Von daher kann ich mir auch vorstellen, dass wir möglicherweise bei den Republikanern einen Kandidaten erst auf der Convention haben im Juli, weil ja möglicherweise keiner der Kandidaten bis dahin die notwendige Anzahl der Stimmen zusammen hat.
    Müller: Convention, die Parteiversammlung, wo entschieden wird?
    "Es ist auf jeden Fall spannender als jemals zuvor"
    Hardt: Das ist ja der Punkt, wo normalerweise eher im Sinne einer "Krönung" der feststehende Kandidat dann auf den Thron gehoben wird. Bei den Republikanern kann es durchaus sein, dass vielleicht doch drei Kandidaten dann dort sich präsentieren und dass im ersten Wahlgang keiner eine Mehrheit auf sich vereinigt, und dann wird es spannend, was hinter den Kulissen auf so einer Brokered Convention dann ausgehandelt wird. Es ist auf jeden Fall spannender als jemals zuvor und alle Vorhersagen, die ich so gehört habe aus Amerika, Bush bleibt lange im Rennen, Clinton ist gesetzt, Sanders hat keine Chance und Trump wird relativ frühzeitig aus der Kampagne ausscheiden, alle diese drei Vorhersagen, die nicht nur ich, sondern auch viele Journalisten in Amerika bekommen haben, sind nicht eingetreten. Deswegen warten wir auf weitere Überraschungen.
    Müller: Warum ist das so, Herr Hardt? Warum ist das alles anders diesmal?
    Hardt: Ich glaube, dass es in Amerika generell eine relativ große Skepsis gegenüber dem politischen Apparat in Washington gibt. Gerade bei den Republikanern, die ja im Kongress die Mehrheit haben, vermissen wahrscheinlich die konservativen Anhänger, dass sich mehr von dieser Politik in Washington, von dieser Mehrheit im Kongress in Washington gegen den Präsidenten auch zeigt. Wahrscheinlich wird da eher der Vorwurf an die Adresse Washingtons laut werden, dass die republikanischen Spitzen dort nicht genug tun. Deswegen haben solche Außenseiter wie Trump eine Chance und Sanders bei den Demokraten spricht auch das Herz großer Teile der Bevölkerung an, die ein Amerika wollen, in dem es vielleicht sozial gerechter zugeht, als das bisher der Fall war.
    Müller: Aber war das nicht auch oft schon so? Wenn Sie sagen, Anti-Establishment, Kampf gegen Washington, Kampf gegen die da oben in Washington, gegen die Abgeordneten, gegen die Senatoren, gegen die Präsidenten und die Administration. Ronald Reagan hat damit argumentiert, Bill Clinton hat damals als Gouverneur von Arkansas auch so argumentiert, selbst Barack Obama hat gesagt, wir müssen das da alles verändern. Ist das wirklich neu?
    "Wir erleben im Augenblick Zeiten großer Veränderung"
    Hardt: Ja, aber es war dann auch immer notwendig, dass der jeweilige Kandidat gezeigt hat, dass er mit dem Apparat umgehen kann und dass er dieses Amt eines Präsidenten auch handwerklich ausführen kann. Und wenn wir die republikanische Kampagne der letzten Monate verfolgen, habe ich eher den Eindruck, dass das gar keine Rolle spielt in den Fernsehdiskussionen oder auch wenn die entsprechenden lokalen Parteiveranstaltungen stattfinden. Die Frage, was muss ein Kandidat mitbringen, um die größte Nation der Erde, die wichtigste Nation der Erde stark zu präsentieren und auch amerikanische Politik weltweit durchzusetzen, die hat bisher nicht die Beleuchtung gefunden, die sie verdient. Aber ich gehe davon aus, dass das natürlich dann in der Hauptkampagne eine führende Rolle spielen wird, und da hat natürlich Hillary Clinton mit ihrer Erfahrung als langjährige Außenministerin und langjährige First Lady mit Sicherheit auch einiges in der Hinterhand.
    Müller: Ich habe jetzt vor einigen Tagen gelesen, Verängstigte Staaten anstatt Vereinigte Staaten. Wir haben Frank-Walter Steinmeier gestern hören können, der zu Besuch war in den USA, und der hat auch vor angstgetriebenen Wahlentscheidungen gewarnt. Ist das eine politische Kategorie, die trifft, die fair ist?
    Hardt: Ich glaube, dass wir im Augenblick Zeiten großer Veränderung erleben und dass auch die Amtszeit von Präsident Obama dadurch gekennzeichnet war, dass Amerika in der Außenpolitik eine veränderte Rolle einnimmt, mehr auf die Zusammenarbeit mit anderen Regionen, mit anderen Staaten setzt, als das früher der Fall war. Das löst natürlich Ängste und Besorgnisse aus, weil es eine Neufokussierung der Politik ist, und da gibt es Leute wie Trump, die sagen, lasst es uns so machen wie früher, starkes Militär, starke Wirtschaft, starkes Amerika, wir drücken den Dingen im Zweifel unseren Stempel auf, wenn wir der Meinung sind, wir müssen uns einmischen. Dagegen steht der vernetzte Ansatz, den ich bei Präsident Obama konkret erkenne, der aber natürlich sich auch noch beweisen muss, dass er erfolgreich ist. Im Augenblick ist die Zahl der Krisen auf der Erde ja höher als viele Jahre zuvor. Von daher ist das schon verständlich, dass die Menschen Angst ist vielleicht ein etwas zu weit gehender Begriff, aber Sorge und Unsicherheit bestimmt sicherlich die Kampagne.
    Müller: Auf der anderen Seite, Herr Hardt, haben wir immer wieder gehört, dass doch viele Amerikaner kriegsmüde sind.
    "Trump spricht einen großen Teil der amerikanischen Bevölkerung im konservativen Lager an"
    Hardt: Ich glaube allerdings auch, dass sie erwartet haben, dass die Konflikte sich anders lösen als durch militärischen Einsatz. Und wenn sie dann Bilanz ziehen, der Rückzug der Amerikaner aus dem Irak, auch die Ankündigung, das Waffen-Engagement in Afghanistan zurückzufahren, die der amerikanische Präsident ja jetzt relativiert hat, wie ich finde richtigerweise relativiert hat, die Erwartungen, dass man als Amerika sich ein Stück weit rausziehen könnte und dass es trotzdem zu Lösungen der Probleme kommt, die hat sich nicht erfüllt und das trägt vielleicht auch zu dieser Unsicherheit bei. Und wenn dann Trump sagt, wir müssen das dann im Zweifel mit Waffengewalt lösen, dann spricht er sicherlich einen großen Teil der amerikanischen Bevölkerung im konservativen Lager an.
    Müller: Lassen Sie mich das noch mal fragen, Jürgen Hardt, wenn wir Sie am Telefon haben als Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Fanden Sie das korrekt von Frank-Walter Steinmeier, dass der in den USA sagt, lasst euch nicht von Angst treiben bei eurer Wahl, klares Statement gegen Trump?
    Hardt: Ich glaube, dass der deutsche Außenminister genau wie ich sieht, dass wir noch nie eine so enge Zusammenarbeit zwischen Europa und Amerika hatten wie jetzt gerade in diesen Monaten, wenn es um die Ukraine-Krise geht, um den Syrien-Konflikt, um Afrika und so fort, und dass er das ein Stück weit den Amerikanern mit vermitteln will, dass Amerika eine gute Zukunft hat, wenn es in dieser partnerschaftlichen Verbindung zu Europa bleibt, und dass er vielleicht tatsächlich bei Trump Tendenzen sieht eines gewissen Isolationismus oder eines Alleingängertums Amerikas. Aber ich glaube, das ist ein legitimer Beitrag in der aktuellen Diskussion. Es ist keine konkrete Stellungnahme zugunsten eines Kandidaten. Es ist auf alle Fälle keine Einmischung.
    Müller: Kein Plädoyer für Hillary Clinton? Kein klares Plädoyer für Hillary Clinton?
    Hardt: Nein, das sehe ich nicht so. Ich glaube, dass wir gut beraten sind, einfach die Demokratie in Amerika wirken und arbeiten zu lassen, und wir werden mit jedem Präsidenten klar kommen. Wenn man natürlich die Äußerungen von Trump der letzten Wochen sieht und sie neben die Äußerungen zum Beispiel von Clinton oder Sanders in der Außenpolitik legt, dann stellt man fest, dass es sicherlich eine Herausforderung sein wird, mit dem Außenpolitiker Trump dann zusammenzuarbeiten. Aber am Ende des Tages sieht es dann noch mal komplett anders aus als das in so einer aufgeheizten polarisierenden Wahlkampftheatralik.
    Müller: Ist das klug, Donald Trump auch international, auch wenn wir die Medien betrachten, wenn wir die politische Diskussion betrachten, und zwar gesamteuropäisch in Richtung Vereinigte Staaten, so zu isolieren, so wegzudrücken und zu sagen, bloß nicht, bloß nicht?
    "Da gibt es Dinge, da stehen wir als Deutsche anders"
    Hardt: Wir können ja im Augenblick nichts anderes tun, als ihn an seinen Worten zu messen. Er ist ja kein Politiker mit Erfahrungen, er hat ja keine politische Agenda der Vergangenheit vorzuweisen, wo wir uns ein Bild machen können. Wir können ihn nur an dem messen, was er im Augenblick artikuliert, und da gibt es Dinge, wo ich sage, da stehen wir als Deutsche anders. Konkret sind wir der Meinung, dass das Abkommen mit dem Iran die Sicherheit in der Region des Mittleren Ostens erhöht hat; er will dieses Abkommen kündigen. Er will einen höheren Zaun Richtung Mexiko aufbauen; wir machen in Europa die Politik, die auch der amerikanische Präsident Obama Richtung Zentralamerika macht, nämlich Bekämpfung von Fluchtursachen und Stabilisierung der Länder, wo die Flüchtlinge herkommen. Das muss man auch so offen ansprechen. Ich glaube allerdings, dass ein Präsidentschaftsbewerber der Republikaner, ob der Trump heißt oder nicht, im Rahmen einer Kampagne, wenn es um das Weiße Haus geht, dann auch noch mal ganz andere Töne und präzisere Töne anstoßen wird, als das jetzt der Fall ist, wo es darum geht, die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren.
    Müller: Bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk Jürgen Hardt (CDU), Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Danke für das Gespräch, Ihnen noch einen schönen Tag.
    Hardt: Auf Wiederhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.