Der Mason Temple der "Church of Christ in God"-Gemeinde in Conway am letzten Wochenende. Sie ist eine der größten afroamerikanischen Gemeinden in South Carolina und ihre Mitglieder wissen, welchen Einfluss sie bei dieser Vorwahl in dem südlichen Bundesstaat haben: 60 Prozent der demokratischen Wähler sind dort Afroamerikaner.
Kirchen: Schlüssel zu den Wählerstimmen der Schwarzen
Jede Stimme ist wichtig, appelliert der Historiker Preston McKever-Floyd an die Gemeindemitglieder - es gehe um die soziale Gerechtigkeit im Land. Die Männer sind in Anzügen gekommen und tragen Krawatte oder Fliege. Die Frauen tragen bunte Kleider und ausladende Hüte. Als "Kick-off-event", als Start zur Vorwahl, war der Vormittag angekündigt worden, und alle demokratischen Bewerber um das Präsidentenamt waren eingeladen. Doch es kam keiner von ihnen. Stattdessen schickten sie ihre Wahlkampfmanager.
Es ist wie immer, sagt die 71-jährige Claire Armistead: Erst bekommen wir keinen Politiker zu Gesicht. Dann werden wir umworben. Und nach der Wahl bleibt alles beim Alten. Die Kirchen sind immer noch der Schlüssel zu den Wählerstimmen der Schwarzen, sagt Todd Shaw, Politologe an der Universität South Carolina. Sie seien seit der Sklaverei die bedeutendste soziale Einrichtung für die Schwarzen. Deshalb sei es so wichtig für die Bewerber, sich von ihnen politische Unterstützung zu holen.
Zumindest von Joe Biden hätten die Mitglieder der Gemeinde in Conway erwartet, dass er sich blicken lässt. Gilt er doch als Favorit der Afroamerikaner. Joe Biden hat sie zu seiner persönlichen Brandmauer im Kampf um die Spitzenkandidatur erklärt. Nach dem vierten Platz in Iowa, dem fünften Platz in New Hampshire und einem mühsamen zweiten Platz in Nevada muss Biden in South Carolina alles auf eine Karte setzen, um überhaupt noch im Rennen zu bleiben.
Biden unter Zugzwang
Tatsächlich sehen ihn die Umfragen weit vorn. Arthur Pickney weiß warum: Der 64-jährige Pfarrer ist einer jener älteren Afroamerikaner, die Joe Biden hoch anrechnen, dass er Barack Obama, den ersten afroamerikanischen Präsidenten der Vereinigten Staaten, acht Jahre als Vizepräsident unterstützt hat. Er würde alles für Joe tun, sagt Arthur Pickney, der sich als Teil von Bidens "Brandmauer" sieht.
"My name is Joe Biden. I´m a democratic candidate for the United States Senate…" - Joe Biden ist Gastredner auf dem sogenannten "First-of the South-Dinner" der Demokratischen Partei in Charleston. Biden verplappert sich und stellt sich als Kandidat für einen Senatorenposten in Washington vor. Auch vor dem Parteiestablishment präsentiert sich Biden unkonzentriert, fahrig und schlecht vorbereitet. Er werde siegen, ist er dennoch überzeugt. Dabei nutzt er noch nicht einmal seine Redezeit aus – ich habe Euch eine Minute und 23 Sekunden erspart, sagt er.
Zweifel an Biden unter jungen Afroamerikanern
Vor diesem Hintergrund stehen Beobachter wie der Politologe Todd Shaw den jüngsten Umfragen skeptisch gegenüber, die Joe Biden in South Carolina mit zweistelligem Vorsprung an der Spitze sehen. Vor allem jüngere Wähler in der afroamerikanischen Community hätten Zweifel bekommen, dass es Joe Biden ist, der Donald Trump schlagen kann.
Joe Biden sieht sich nicht nur in Konkurrenz zu den Mitbewerbern im moderaten Lager der Demokraten, zu Pete Buttigieg und Amy Klobuchar. Sie fischen alle im selben Teich der politischen Mitte und nehmen sich gegenseitig Stimmen weg. Biden muss auch versuchen, sich gegenüber Bernie Sanders durchzusetzen, der sich als linker Kandidat des Anti-Establishments in den bisherigen Vorwahlen an die Spitze gesetzt hat und Tausende von Anhängern mobilisiert.
Breite Koalition für Sanders
Das Wahlkampfteam von Bernie Sanders muss mittlerweile immer größere Säle anmieten. In Myrtle Beach ist es das Convention Center, in dem sich geschätzte 2000 Bernie-Anhänger versammelt haben. Nicht nur junge Leute sind gekommen, sondern auch ältere Zuhörer: Rentner, Arbeiter, Weiße, Latinos, Afroamerikaner. Bernie Sanders verweist unter dem Jubel seiner Anhänger darauf, dass niemand eine so breite Koalition an Wählern hinter sich geschart habe wie er.
Das stimmt, sagt Samuel Picardo, der mit seiner Freundin Alisha etwas im Abseits der jubelnden Masse steht. Samuel ist 21 und Afroamerikaner wie seine Freundin Ashley. Sie sei von Bernie begeistert, weil er für die wichtigen sozialen und gesellschaftlichen Themen geradezu brenne, sagt Ashley: "Feel the Bern", zitiert Ashley Bernies Slogan. Sie findet ihn absolut authentisch und glaubwürdig.