US-Wahl 2020
Trump und Biden in ihren Townhall Meetings

In seinem "Townhall Meeting" war Donald Trump bemüht, nicht den aggressiven Gesprächspartner zu geben. Er trat ziviler auf als im TV-Duell, auch weil er in Umfragen deutlich zurückliegt. Joe Biden setzte wieder auf Zusammenhalt und direkten Kontakt zu den Menschen.

Von Thilo Kößler und Doris Simon |
US-Amerikaner verfolgen das Townhall Meeting von Donald Trump auuf einem Fernseher
US-Präsident Donald Trump und Herausforderer Joe Biden: zur selben Zeit auf verschiedenen Sendern (Tasos Katopodis / Getty Images North America)
  • Trump gab sich nach seiner COVID-19-Erkrankung nicht einsichtig.
  • In Bezug auf die für den Supreme Court nominierte Amy Coney Barrett sagte er, er sei für vier Jahre gewählt, nicht für drei.
  • Die Verschwörungs-Bewegung QAnon kenne er nicht.
  • Joe Biden will Maskentragen durchsetzen
  • Superreiche, die während der Pandemie 700 Milliarden Dollar mehr verdient hätten, sollten zur Kasse gebeten werden
  • Er möchte Präsident sein für alle, nicht nur für die Demokraten
Eine Stunde Zeit, 60 geladene Gäste – Donald Trump muss punkten. In Umfragen liegt er zurück. Eigentlich müsste er neue Wählergruppen erschließen und nicht nur die eigene Klientel befriedigen. Bei seinem Townhall Meeting in Miami hätte er die Chance gehabt, weil die Gefahr da nicht da war, dass er wieder im Affekt über seinen politischen Gegner herfällt.
Doch Trump blieb bei seinem Konzept - die Faktenchecker zählten Unwahrheit nach Unwahrheit. Trump gab sich nach seiner eigenen COVID-19-Erkrankung nicht einsichtig. Er blieb dabei: 85 Prozent derjenigen, die Masken tragen, infizieren sich, sagte er - nicht wahrheitsgemäß. Das Ende der Krise sei absehbar - auch das nicht wahrheitsgemäß: Die Zahl der Toten in den USA liegt bei 218.000, die Zahl der Infizierten bei acht Millionen.

Umfragen zur US-Wahl

Aber im Vergleich zum TV-Duell trat Trump ziviler auf. Er wirkte sehr konzentriert, war bemüht, den Fragen zumindest zuzuhören. Man hatte den Eindruck, er war vorbereitet - auch darauf, nicht aggressiv zu wirken.
Frauen waren im Publikum deutlich in der Überzahl. Und das ist die besonders kritische Gruppe für Donald Trump. Er war deutlich darum bemüht, nicht den aggressiven, ungestümen Gesprächspartner zu geben. In der Sache hat sich Trump allerdings nicht bewegt. Nicht in der Frage der Corona-Pandemie und des eigenen Krisenmanagements, nicht in der Frage der White Supremacy - von den Vertretern der These von der weißen Überlegenheit er hat sich nicht distanziert.
Er hat sich auch nicht von der QAnon-Bewegung distanziert, die er angeblich gar nicht kennt. Als Präsident muss er sie kennen. Das FBI hatte die Bewegung als eine ernsthafte Bedrohung die inneren Sicherheit eingestuft.
Eine Person trägt auf dem Ärmel ihres Shirts das Logo von QAnon.
Welchen Einfluss hat QAnon?
QAnon wurde von einem Sammelbecken für Verschwörungsideologen zu einer Bewegung. In den USA scheint ihr Einfluss auf das politische Geschehen zuzunehmen. US-Präsident Donald Trump gilt bei QAnon als Heilsbringer.

Was wollten die Bürger von Trump wissen?

Das waren ziemlich gezielte Fragen, bei denen die Moderatorin dann wirklich geschickt nachhaken konnte. Eine Afroamerikanerin wollte wissen, was Trump zu tun gedenke gegen die Polizeigewalt und gegen die vielen unschuldigen Opfer. Die Antwort war ausweichend. Donald Trump bezieht immer Position für die Polizeikräfte. Es gab auch hier kein Wort der Empathie für die Opfer. Eine junge Frau wollte wissen, wie es denn mit der Krankenversicherung weitergeht, nachdem Trump Obamacare kippen will. Auch da hat Donald Trump keine Alternativen parat gehabt.
Ein Mann, der sich als Demokrat outete, fragte nach der Scheinheiligkeit, mit der Republikaner jetzt ihre Kandidatin Amy Coney Barrett für den Supreme Court durchdrücken, nachdem sie mit dem Argument, das müssten die Wähler entscheiden, noch vor vier Jahren verhindert hatten, dass Obama seine Kandidatin durchbringt. Trump sagte, er sei für vier Jahre gewählt, nicht für drei Jahre. Es sei sein Recht, die Kandidatin zu benennen. Das stimmt. Aber es ist eine Frage der politischen Sitten. Und die haben unter Donald Trump in diesen vier Jahren seiner Amtszeit doch deutlich Schaden genommen.

Video: Der Auftritt von Donald Trump in Miami

Joe Biden will Präsident für alle sein

Joe Biden ist mit allen Themen aus dem Wahlkampf konfrontiert worden. In der Coronakrise hätte er sehr viel früher mit Schutzmaßnahmen angefangen. Als Präsident werde er Maskentragen durchsetzen. "Per Gesetz?", kam die entsetzte Frage. Nein, durch beharrliches Reden und sein Vorbild: Die Worte eines Präsidenten hätten Gewicht! Wenn ein Präsident selber keine Maske trage oder sich über Maskenträger lustig macht, dann glauben die Leute, es sei halt nicht so wichtig.
Ein großes Thema war natürlich die Industrie, die Jobs. Ein republikanischer Wähler fragte, ob Joe Biden die Steuerkürzungen zurücknehmen würde, die Trump auch für die Mittelklasse und nicht nur für die Superreichen gemacht hatte? Joe Biden sagte darauf: Nein, darum gehe es bei ihm nicht. Während der Pandemie haben die reichsten US-Bürger 700 Milliarden mehr verdient. Die großen Unternehmen, die bisher so gut wie keine Steuern zahlen, würden zur Kasse gebeten. Das Geld sollte investiert werden in Infrastruktur, in saubere, grüne Energie, damit wieder Jobs geschaffen werden, weil Jobs der Motor der Wirtschaft seien.
Zum Thema Bürgerrechte fragte ein junger, schwarzer Mann, mit welchem Argument er und andere ihn wählen sollten. Dadurch würde doch nur ein System bestätigt, das es nicht schaffe, sie zu schützen. Biden antwortete sehr ernst, verwies auf seinen alten Freund, den verstorbenen Bürgerrechtler John Lewis: Das Wahlrecht sei eine heilige Chance, dadurch könne man Dinge bewegen. Er sagte auch, dass er alle an einen Tisch bringen würde: Polizei, Minderheiten, Afroafrikaner, Gemeinden und Städte, um eine Reform auf dem Weg zu bringen und das große Misstrauen abzubauen.

Wie hat sich Biden präsentiert?

Das beinah private Gesprächsformat lag Joe Biden sichtbar: Im direkten Kontakt ist er am besten, und er kann mit Menschen: Es ist aber auch die Art von Biden, der immer wieder gesagt hat: Er wird Präsident sein für alle, nicht nur für die Demokraten. Und dieses Zusammenbringen - das kam immer mal wieder, das löst bei den Menschen etwas aus. Wahrscheinlich auch die ruhige Art, wie er die Dinge erklärt.

Video: Der Auftritt von Joe Biden in Philadelphia

Das Bild zeigt die amerikanische Flagge, Dossier zur US-Wahl 2020 
Wahlen in den USA (picture alliance / Wolfram Steinberg)