Alles sah nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Trump und Harris aus. Doch dann gewann der Republikaner für viele überraschend früh und deutlich. Bei der US-Präsidentschaftswahl geht Donald Trump als klarer Sieg hervor. Was bedeutet das für die älteste Demokratie der Welt?
Für seine zweite Amtszeit hat Trump weitreichende Maßnahmen angekündigt. Der Republikaner will im Staatsapparat aufräumen und plant die „größte Abschiebeaktion in der amerikanischen Geschichte“. Das Bildungsministerium will der 78-Jährige abschaffen, an politischen Gegnern will er sich rächen und die Kapitol-Attentäter begnadigen. Experten gehen davon aus, dass Trump vieles davon umsetzen kann. Denn auch im neuen Senat übernehmen die Republikaner die Macht. Im Repräsentantenhaus zeichnet sich ebenfalls ein Sieg von Trumps Partei ab.
Experte: Republikaner sind jetzt "Trumps Partei"
Michael Werz von der US-Denkfabrik Center for American Progress sieht das Land nach dem Sieg Trumps in einer „ganz schwierigen Lage“. Es gebe niemanden, der Trump noch einhegen könne, wenn das Weiße Haus und die beiden Kammern in republikanischer Hand seien. Zumal sich die republikanische Partei komplett hinter Donald Trump gestellt habe. Die Art und Weise, wie dies geschehen sei, könne man nur als „kultähnlich“ bezeichnen, so Werz.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Thomas Kleine-Brockhoff, Direktor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Die Republikaner seinen jetzt „Trumps Partei“, sagt er. Sollte neben dem Senat auch das Repräsentantenhaus an die Republikaner fallen, könnten diese durchregieren.
Fortbestand der US-Demokratie in Gefahr
Experten sehen nach dem Wahlsieg sogar den Fortbestand der US-Demokratie gefährdet. Mit Trump komme jemand an die Macht, der eine antiwestliche, antidemokratische und antikonstitutionelle politische Vision verfolge, glaubt Politologe Werz. Der Republikaner habe mehrmals deutlich gemacht habe, dass er eine Politisierung des Justizministeriums sowie einen Abbau von Regierungsinstitutionen insgesamt wolle. Trump habe angedroht, große Technologieunternehmen untersuchen zu lassen, die ihn angeblich zensiert und diskriminiert hätten oder seinen Verbündeten auf die Füße getreten seien. Deutlich habe er erklärt, dass er die Kapitol-Attentäter begnadigen werde – und politische Gewalt als legitime Form der Machtausübung ansehe.
DGAP-Direktor Kleine-Brockhoff sorgt sich ebenfalls um die US-Demokratie: „Wir dürfen geradezu einen Rachefeldzug von Donald Trump gegen seine Feinde erwarten, die er im Justizsystem sieht.“
Polarisierung in der Gesellschaft nimmt zu
Der Sieg des republikanischen Kandidaten dürfte nach Ansicht von Beobachtern auch die Polarisierung in der US-amerikanischen Gesellschaft verstärken. Trump habe mit seiner Strategie, die Spaltung der Gesellschaft voranzutreiben und Hass zwischen ethnischen Gruppen zu säen, Erfolg gehabt, sagt Werz. Mit Blick auf die konkurrierenden Kandidaten Trump und Harris spricht der Politologe von einem „ungeheuren Differenzial in der Geschlechterspaltung“. Dies zeige, wie tief die Risse reichen würden.
Viele Amerikaner werden mit dem Wahlergebnis nicht einverstanden sein, glaubt Werz. Er rechnet damit, dass es in der amerikanischen Gesellschaft zu einer „Dauerauseinandersetzung“ kommen werde.
Mit wahlentscheidend dürfte laut Experten aber auch die wirtschaftliche Lage im Land gewesen sein. Nach Ansicht der Wirtschaftsweisen Ulrike Malmendier konnte Trump mit dem Thema Inflation bei vielen Wählern punkten. Auch wenn die Löhne im niedrigen und mittleren Bereich aufgeholt hätten, habe sich die Inflation in vielen Köpfen festgesetzt, glaubt die Ökonomin. Zudem haben viele Amerikaner handfeste finanzielle Probleme, etwa in ländlichen Gebieten des bei der Wahl wichtigen Swing States Georgia, wie Dlf-Korrespondentin Doris Simon berichtet.
Manifest löste Befürchtungen aus
Vor der Präsidentschaftswahl hatte ein Manifest einer rechtskonservativen Denkfabrik für die Politik Trumps nach einem etwaigen Sieg bereits große Befürchtungen ausgelöst: „Project 2025“ bietet eine Blaupause für die Gestaltung der ersten 180 Tage nach dem Amtsantritt des Republikaners. Kritiker sahen die Gefahr, dass das Manifest die Entwicklung der USA in Richtung einer Diktatur vorbereiten sollte. Die Autoren wollen unter anderem die Beamten in Bundesbehörden und Ministerien weitgehend durch politische Angestellte ersetzen. Die Macht des Präsidenten soll ausgeweitet, der Kongress geschwächt werden.
Trump hatte sich von dem Manifest zwar distanziert. „Ich stimme mit einigen der Aussagen nicht überein, und einige der Aussagen sind absolut lächerlich und katastrophal“, sagt er. Doch die Einlassungen sind nach Ansicht von Beobachtern nicht wirklich glaubwürdig. Verbündete des Republikaners und frühere Mitarbeiter seiner Regierung haben daran mitgearbeitet. Es gibt außerdem große Überschneidungen zwischen dem Manifest und Trumps Politikversprechen sowie dem Parteiprogramm der Republikaner.
Die Verfassung als Schranke
Trotz großer Machtfülle: Auch einem US-Präsidenten Trump sind Schranken bei der Machtausübung gesetzt – durch die Verfassung der Vereinigten Staaten. Sie könne Trump stoppen, sagt DGAP-Direktor Kleine-Brockhoff. Auch habe Trump nur zwei Jahre Zeit, um seine politischen Ziele umzusetzen. Nach der Zwischenwahl 2026 werde er eine sogenannte Lame Duck („lahme Ente“), so der Experte. Mit dem Begriff werden in den USA Präsidenten bezeichnet, die, wie Trump, nicht mehr zu einer Wiederwahl antreten können. Lame Ducks gelten als politisch schwach und wenig durchsetzungsstark.
tmk