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US-Wahlkampf
Eine fast gelungene Inszenierung

Nachdem das FBI zum Schluss kam, dass die Vorwürfe gegen Hillary Clinton in der E-Mail-Affäre nicht für ein Strafverfahren ausreichen, kann die Politikerin sich auf ihre Präsidentschaftskandidatur für die Demokratische Partei konzentrieren. Doch das Misstrauen gegen Clinton in der Öffentlichkeit bleibt groß. Präsident Obama als Fürsprecher im Wahlkampf kommt da gelegen.

Von Thilo Kößler | 06.07.2016
    US-Präsident Barack Obama und die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton bei einer Wahlkampfveranstaltung in Charlotte, North Carolina.
    US-Präsident Barack Obama und die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton bei einer Wahlkampfveranstaltung in Charlotte, North Carolina. (AFP - Nicholas Camm)
    Fast hätte man es für eine gelungene Inszenierung halten können - jedenfalls hätte Hillary Clinton an diesem Tag nichts Besseres passieren können, als zum ersten Mal öffentlich die Unterstützung durch Präsident Obama zu bekommen: Just an dem Tag, an dem ihr das FBI die Präsidentschaftskandidatur rettete, weil es in ihrer E-Mail-Affäre gegen ein Strafverfahren votierte.
    An dem Tag aber auch, an dem das FBI heftige Vorwürfe gegen sie richtete, weil sie allzu sorglos mit geheimen Informationen umgegangen sei, als sie als Außenministerin ihre dienstlichen Mails über private Server laufen ließ. Kein Wort darüber in Charlotte in North Carolina. Der Präsident gut gelaunt und sichtlich entspannt – die Kandidatin im violetten Kostüm: Sie soll als erste Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika das politische Vermächtnis Barack Obamas fortschreiben.
    Erst Rivalen, dann Partner
    Vergessen die bittere Niederlage gegen Barack Obama im Vorwahlkampf 2008 – sei seien seither von Rivalen zu Partnern und Freunden geworden. Und ihre Wertschätzung für Obama sei stetig gewachsen. Hillary Clinton nannte Barack Obama einen großen Staatsmann, dem sie trotz ihrer Niederlage damals dann gerne als Außenministerin gedient habe – weil sie beide dasselbe Verständnis von Demokratie hätten: Gemeinsinn vor Eigennutz.
    Im 240. Jahre der amerikanischen Unabhängigkeit könnte sich die demokratische Partei erneut als der Motor des Fortschritts erweisen, sagte Clinton: Obama als erster afro-amerikanischer Präsident der USA, sie als erste Präsidentin.
    Obama dankte ihr die politische Laudatio nicht nur als Cheerleader, sondern erklärte sie auch zur einzig denkbaren politischen Option für die Vereinigten Staaten von Amerika – minutenlang würdigte er die künftige Spitzenkandidatin der Demokraten als integre, vertrauenswürdige, kluge und energische Politikerin.
    Obama bemüht, Gegenbild zu Zeichnen
    Dies im deutlichen Bemühen, ein Gegenbild zum schlechten Image zu zeichnen, das Hillary Clinton nicht erst seit der E-Mail-Affäre selbst in demokratischen Wählerkreisen hat. Er jedenfalls vertraue ihr uneingeschränkt, sagte Obama, und werbe mit voller Überzeugung um Stimmen für sie. Darf ich mal ganz offen sein, fragte der Präsident:
    "Hillary Clinton ist viel kritisiert worden. Das passiert immer, wenn man im Rampenlicht steht und sich dem Dienst an der Öffentlichkeit verschrieben hat. Sie hat oft nicht den Kredit bekommen, den sie eigentlich verdient hat – dabei ist sie zuverlässig und aufrichtig."
    In dieser für Hillary Clinton schwierigen Stimmungslage war dieses Bekenntnis Obamas für die künftige Spitzenkandidatin der Demokraten doppelt wichtig – North Carolina ist ein sogenannter Swing-State: Die Stimmen von dort werden am 8. November mit darüber entscheiden, wer der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wird. Oder die erste Präsidentin.