"You were a wonderful audience, thank you for that, you can give yourself a warm hand of applause."
In der Landesvertretung von Baden-Württemberg in Berlin ist um kurz nach vier Kehraus. Das Aspen-Institut, ein wichtiger politischer Think Tank der Stadt, beendet seine Wahlparty. 1.300 geladene, teils hochkarätige und den Demokraten nahe stehende Gäste sind längst gegangen, die wenigen, die ausharren, halten sich an einem Glas Bier fest.
"Ich glaube, die Amerikaner waren einfach zu sicher, dass Clinton gewinnt, und … jetzt sieht es gerade fürchterlich aus."
Trump-Fans? Fehlanzeige? Nein, ein Jurastudent, kurz vor dem ersten Staatsexamen, lässig ein Glas Wein schwenkend, rechnet fest damit, dass sein Kandidat gewinnen wird.
"Dass die Stimmung hier sehr niedergeschlagen ist, finde ich nicht gut, weil die Vereinigten Staaten, egal ob es Hillary Clinton oder Donald Trump schaffen sollte, Präsident zu werden: Die Vereinigten Staaten bleiben dieselbe Nation, sie bleiben Leuchtfeuer für Freiheit, und daran wird auch die Wahl eines Präsidenten oder einer Präsidentin nichts ändern für die nächsten vier oder acht Jahre."
Auch die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA werden unter Donald Trump keinen Schaden nehmen, ist der junge Mann überzeugt. Die Selbstregulierungskräfte im Weißen Haus seien stark genug.
"Der Einfluss Donald Trumps auf 'Trump and Industriation' werden, glaube ich, geringer als erwartet. Ich glaube schon, dass er sich durch check und balances bremsen lässt."
Das letzte Fünkchen Hoffnung schwindet
Ein paar Kilometer weiter nördlich, in einem Diner im Berliner Szene-Kiez Prenzlauer Berg, starren 40 überwiegend junge Gäste auf die Live-Berichterstattung im US-Fernsehen. Viele von ihnen sind schon die ganze Nacht da, Dutzende Bierflaschen liegen auf dem Boden oder stehen auf Tischen vor dem Lokal. Eine junge Ärztin ist mit ihrer Schwester gerade angekommen.
"Ja, um ehrlich zu sein, sind wir hergekommen, weil wir gesehen haben, dass Trump in Führung ist, und dann haben wir gedacht, wenn die Welt untergeht, müssen wir unter anderen Gleichgesinnten sein. Na, ich glaube schon, dass es uns auch insgesamt was angeht, wenn an der Weltmacht jemand ist, der rassistisch ist, sexistisch et cetera. Und auch ein bisschen verrückt."
Um 5 Uhr 34 verlieren die Anwesenden das letzte Fünkchen Hoffnung. "Das war's!"
Um 5 Uhr 34 verlieren die Anwesenden das letzte Fünkchen Hoffnung. "Das war's!"
Das Endergebnis von Florida erscheint auf dem Bildschirm. Wieder hat Trump einen der sogenannten Swing-States gewonnen.
"Die meisten Swing-States sind mittlerweile schon an Trump gegangen, es ist auch spannend, was mit Michigan passiert, wenn Michigan auch noch an Trump geht, im Moment sieht das so aus, dann ist es relativ hoffnungslos, dass Clinton noch gewinnen könnte."
Er scherzt, jetzt werden seine Freunde in den USA nach Deutschland auswandern wollen. Und sein Sitznachbar ergänzt: Trump ins Weiße Haus zu wählen, das sei ein beschämender Tag – nicht nur für die Partei der Demokraten, für alle Demokraten.
"Wir haben die Hoffnung, dass er in seinen Möglichkeiten, das ist ja nun die maximale Herausforderung, das Präsidialamt an sich, wie viel kann der Mann eigentlich, und was kann er, wir haben die Hoffnung, dass die Macht des Präsidenten nicht ganz so stark ist wie das Forbes-Magazine Jahr für Jahr behauptet."
"Man weiß überhaupt nicht, was passiert"
Zurück im Regierungsviertel. Die Heinrich-Böll-Stiftung hat zum US-Wahlfrühstück geladen. Natürlich läuft auch hier die Übertragung des US-Fernsehens. Immer mehr Menschen strömen in den frühen Morgenstunden ins Foyer. Versorgen sich mit vegetarischen Sandwiches, Bagels und Muffins und reiben sich noch immer verwundert die Augen.
"Ich dachte eigentlich, als ich eingeschlafen bin, dass es nicht so krass wird, dass Trump so viel Vorsprung hat zu der Uhrzeit. Das ist beängstigend, jetzt ist wirklich die Chance, dass er gewinnt, und das habe ich nicht erwartet."
Ihre Freundin ergänzt, sie hatte damit gerechnet, dass sie entspannt würde frühstücken können, bevor sie zur Arbeit gehe, aber jetzt sei das Treffen hier ja so eine Art Krisenstab.
"Ich glaube, es ist die Angst, weil man überhaupt nicht weiß, was passiert. Also, man hat überhaupt kein konkretes Programm auf dem Schirm, wo man abschätzen könnte, was die nächsten Monate da mit sich bringen würden. Und ich glaube, das ist so ein bisschen die Angst der Ungewissheit, und man hofft, dass er einen Abgang bringt wie 'okay, ich bin gewählt worden, das ist die Hauptsache, und ich mache es jetzt nicht', das ist so die Hoffnung, an die man sich klammert. Aber man weiß nicht, was passieren wird. Das ist für mich der Grund der Angst, dass ich nicht weiß, was kommt."