In diesem Jahr empfehlen auch traditionell konservative Zeitungen, den Demokraten Joe Biden zu wählen, wie der "Austin American Statesman" aus Texas und die "Chicago Tribune". Sogar Publikationen, die noch nie eine Empfehlung gegeben haben, raten dazu, gegen Trump zu stimmen.
Die älteste Wissenschaftszeitung der USA –"The Scientific American" - hat sich 175 Jahre lang aus Wahlkämpfen herausgehalten. Bis jetzt. Chefredakteurin Laura Helmuth in einem NPR-Interview:
"Donald Trump ist ein ungewöhnlicher Präsident. Sein Verhältnis zur Realität und zu wissenschaftlichen Beweisen ist sehr speziell. Angesichts der vielen Verschwörungstheorien und Falschinformationen, die er verbreitet, hoffen wir, dass alle, denen Wissenschaft etwas bedeutet, diesmal Biden wählen."
Die "New York Times" war die erste US-Tageszeitung, die jemals einen Kandidaten empfahl: am 11. Oktober 1860 warb sie für Abraham Lincoln. Zu der Zeit waren Zeitungen sehr offen parteiisch. Erst im 20. Jahrhundert änderte sich das.
Trennung von Meinung und Nachrichten
US-Zeitungen trennten ihre Nachrichten-Redaktionen von den Meinungsseiten, erklärt Robert Moore, ehemaliger leitender Redakteur der "El Paso Times".
"Im Idealfall, in größeren Redaktionen, gibt es bis heute Kommentatoren, die nichts mit der Nachrichtenredaktion zu tun haben. Aber das ist schwer durchzuhalten, besonders bei kleineren Zeitungen. Die Öffentlichkeit versteht diese Trennung sowieso kaum, und glaubt nicht an sie, aus gutem Grund."
Die Trennung sei künstlich, sagt Moore. Für Leserinnen und Leser sei in der Regel die politische Ausrichtung einer Zeitung leicht erkennbar, egal ob "New York Times", "Wall Street Journal" oder "Palm Beach Post".
Morddrohungen nach Wahlempfehlung 2016
Wenn eine Zeitung eine Wahlempfehlung gegen den Strich ihrer üblichen Berichterstattung und Kommentare abgibt, kann das schwere Konsequenzen haben.
Beispiel "Arizona Republic": 2016 unterstützte das Blatt zum ersten Mal in seiner 126-jährigen Geschichte nicht den Kandidaten der Republikaner, Donald Trump, sondern empfahl, Hillary Clinton zu wählen.
Die erste Morddrohung sei um neun Uhr morgens gekommen, sagt Herausgeberin Mi-Ai Parrish in einem CBS-Interview. Alle zehn Minuten wurde ein Abo gekündigt. E-Mails voller Hass und Beleidigungen füllten ihre Nachrichtenbox.
Parrish sagt, Präsident Trump stachle diese verbalen Ausfälle mit seiner Rhetorik an: "Leute haben Angst, sich zu wehren und zu sagen: Das ist nicht cool. Das ist nicht Amerika, es muss nicht so scheußlich sein."
In diesem Jahr gibt die "Arizona Republic" keine Wahlempfehlung ab.
"Empfehlungen, die keine Meinung ändern werden"
Es gibt auch ein paar regional wichtige Zeitungen, die 2016 Hillary Clinton oder den Libertarian Gary Johnson unterstützten und nun Donald Trump empfehlen. Dazu gehört die "Spokesman Review" aus dem Bundesstaat Washington im US-Nordwesten.
"Donald Trump ist ein Bully und ein Eiferer. Wir empfehlen trotzdem, ihn zu wählen, " schreibt das Blatt, und weiter: "Die Politik, die Joe Biden und seine Unterstützer dieser Nation aufdrücken würden, wäre schlimmer."
Mit jeder Empfehlung riskieren Zeitungen, Abonnenten zu verlieren. Einfluss auf den Wahlausgang hätten sie dagegen kaum, sagt Robert Moore.
"Das ist die große Ironie an all dem. In einer Zeit, wo sie darum kämpfen, Leser zu gewinnen, geben sie diese kontroversen Empfehlungen, die keine Meinung ändern werden."