Der Präsident gab den Ahnungslosen – er wisse von nichts. Aber das könne er zumindest sagen: Furchtbare Dinge hätten sich in seinem Land zugetragen. Er werde die anstehenden Ermittlungen ganz seinem Justizminister William Barr und dessen Team überlassen, sagte Donald Trump.
Bei Staatsrechtlern und Demokraten gleichermaßen schrillen alle Alarmglocken: Über Nacht wurden die eher verwaltungstechnischen Untersuchungen zur Überprüfung der Frühphase der Russland-Affäre in den Status eines veritablen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens versetzt. Präsident Trump ist der festen Überzeugung, das das FBI sich von unlauteren Motiven leiten ließ, als es 2016 die Ermittlungen in der Russlandaffäre aufnahm. Dass sich auch andere Chefs der Geheimdienste damals an die Fersen des Trump-Teams hefteten, erfüllte seiner Ansicht nach den Straftatbestand der Spionage.
Trump erhofft sich Entlastung
Nun holt er zum Gegenschlag aus und setzt das Justizministerium auf die Fährte seiner Verschwörungstheorie. Donald Trump selbst brachte es auf den Punkt, als er davon sprach, dass ab sofort Ermittler gegen die Ermittler ermitteln.
Damit sehen sich die USA mit der äußerst ungewöhnlichen Situation konfrontiert, dass das US-Justizministerium gegen sich selbst ermittelt, wie die "New York Times" treffend formulierte: Denn das FBI untersteht dem eigentlich politisch stets unabhängig agierenden Justizministerium. Dessen Chef William Barr macht sich nun die Thesen des Präsidenten und dessen politische Interessenlage im Dickicht des drohenden Impeachmentverfahrens zu eigen, um die eigenen Dienste anzuschwärzen und sie der verschwörerischen Umtriebe zum Schaden Donald Trumps zu überführen.
Der Präsident, der sich von diesem Vorgehen Entlastung erhofft, schürt unterdessen weiter die Theorie, dass dunkle Mächte eines "deep state", eines sogenannten tiefen Staates, gegen ihn arbeiteten und die ganze Russlandaffäre ein einziges riesiges Lügengebäude war – obwohl es an der russischen Intervention im US-Wahlkampf keinerlei Zweifel mehr gibt.
Justizminister William Barr hat für dieses Ermittlungsverfahren den Bundesanwalt John Durham aus Connecticut gewinnen können. Für den ehemaligen Mafiajäger wurden die juristischen Vollmachten erheblich ausgeweitet. Er kann jetzt Zeugen unter Strafandrohung vorladen, Dokumente anfordern und sogar eine Grand Jury berufen.
Und dann ist da noch die Ukraine-Affäre
Das alles vor dem Hintergrund einer sich immer weiter zuspitzenden Krisenlage für den Präsidenten, der zwar die Russlandaffäre einigermaßen abschütteln konnte, nun aber zutiefst in die sogenannte Ukraine-Affäre verstrickt ist. Zeugenaussagen von Spitzendiplomaten belasteten Donald Trump in dieser Woche schwer. Er habe nicht nur den ukrainischen Staatspräsidenten massiv unter Druck gesetzt, um an belastendes Material gegen seinen potenziellen demokratischen Gegenkandidaten Joe Biden zu kommen, sagte der US-Botschafter in Kiew, Taylor, vor dem Kongress aus. Sondern er habe dafür auch geheime Kanäle für eine zweifelhafte Nebenaußenpolitik unter Führung seines persönlichen Anwalts Rudy Giuliani geschaffen.
Die Demokraten, die mit aller Kraft auf ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Trump hinarbeiten, reagierten in höchstem Maße alarmiert auf das zweifelhafte Ermittlungsverfahren des Justizministers gegen die eigenen staatlichen Institutionen. Sie sprachen von der "tiefen Besorgnis", dass das Justizministerium unter Führung Willam Barrs seine Unabhängigkeit preisgegeben habe. Sollte das Ministerium zum Instrument für präsidiale Vergeltung mutieren, werde dem politischen System des Landes und der Rechtsordnung irreparabler Schaden zugefügt, warnten sie.