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USA
Mehrheit für Kavanaugh scheint gesichert

Nach der ersten Anschuldigung des sexuellen Fehlverhaltens war fast vier Wochen lang unklar, ob der Jurist Brett Kavanaugh an den Supreme Court berufen würde. Nun scheint seine Zukunft am Obersten Gericht der Vereinigten Staaten sicher. Bislang unentschiedene Senatoren wollen ihn bestätigen.

Von Martin Ganslmeier |
    Brett Kavanaugh, Wunschkandidat von US-Präsident Trump als Richter am Supreme Court, hebt die Hand zum Eid, bevor er vor dem Justizausschuss des US-Senats aussagt.
    Wird vermutlich an den Obersten US-Gerichtshof berufen: der Jurist Brett Kavanaugh (dpa-Bildfunk / AP / POOL AFP / Saul Loeb)
    Es war der Höhepunkt eines dramatischen Tages im US-Senat. Seit Tagen richtete sich die Aufmerksamkeit auf die moderate republikanische Senatorin Susan Collins aus Maine. Angesichts der knappen Mehrheit der Republikaner im Senat wäre ohne ihre Zustimmung das Schicksal von Trumps Richter-Kandidat wohl besiegelt gewesen. Erst ganz am Ende ihrer fast einstündigen Rede verkündete Collins ihre Entscheidung in einem Satz: "Ich werde dafür stimmen, Richter Kavanaugh zu bestätigen."
    In diesem Moment habe er Jubelschreie im Weißen Haus gehört, berichtete später ein Korrespondent. Große Erleichterung auch bei den Republikanern, bittere Enttäuschung bei den Demokraten.
    Zur Begründung sagte Collins, sie habe die Anschuldigungen des mutmaßlichen Missbrauchsopfers sehr ernst genommen. Doch auch die von Christine Blasey Ford genannten Zeugen hätten die Vorwürfe nicht bestätigen können. Deshalb müsse für Brett Kavanaugh die Unschuldsvermutung gelten: "Langfristig wären wir schlecht beraten, wenn wir die Unschuldsvermutung und Fairness abschaffen, auch wenn es verlockend klingt."
    Manchin verteidigt Votum
    Nur zwei Minuten nach der Rede von Collins gab es noch mehr Grund zur Freude für das Weiße Haus: Als einziger demokratischer Senator kündigte Joe Manchin aus dem Trump-treuen Bundesstaat West Virginia an, ebenfalls für Kavanaugh zu stimmen.
    Umringt von wütenden Frauen verteidigte Manchin sein Votum: "Ich glaube Dr. Ford, dass ihr etwas passiert ist. Aber ich glaube nicht, dass die Fakten beweisen, dass es Kavanaugh war."
    Manchins Zustimmung gleicht das Nein der republikanischen Senatorin Lisa Murkowski aus. Murkowski will heute als einzige Republikanerin gegen Donald Trumps Richter-Kandidat stimmen. Sie glaube zwar, dass Kavanaugh ein guter Mann sei. Aber er sei "zum jetzigen Zeitpunkt nicht der richtige Mann für den Obersten Gerichtshof."
    Wenn heute alle Senatoren tatsächlich wie angekündigt abstimmen, dann ist eine Mehrheit für Trumps umstrittenen Richter gesichert. Der 53-jährige Kavanaugh könnte schon am Dienstag seine Arbeit am Obersten Gerichtshof antreten und dort in den nächsten Jahrzehnten wirken.
    Willkommener Rückenwind für Trump
    Für US-Präsident Trump wäre Kavanaugh bereits der zweite Richter auf Lebenszeit, den er am Obersten Gerichtshof platziert.
    Trump könnte es als seine historische Leistung reklamieren, dass es erstmals seit vielen Jahrzehnten wieder eine Mehrheit konservativer Richter am Supreme Court gibt. Einen Monat vor den Kongresswahlen ist dies für Trump willkommener Rückenwind, um die konservative Wähler-Basis zu motivieren.
    Doch auch die Demokraten glauben, dass sie von der absehbaren Abstimmungsniederlage heute im Senat profitieren können. Denn wahlentscheidend seien oft die Wählerinnen in den Vorstädten. Und die - so die Hoffnung der Demokraten - würden sich eher mit Christine Blasey Ford identifizieren als mit Kavanaugh.
    So endet mit der Abstimmung heute zwar eine kontroverse Personalentscheidung, nicht aber der Kulturkampf in Zeiten der "MeToo"-Bewegung.