Drohende Eskalation in Nahost
USA sagen Israel "eiserne Unterstützung" zu

Mit Blick auf einen erwarteten Angriff des Irans hat die US-Regierung ihre Solidarität mit Israel untermauert. Verteidigungsminister Austin sicherte seinem israelischen Kollegen Galant in einem Telefonat die "eiserne Unterstützung" bei der Selbstverteidigung zu, wie das Pentagon mitteilte.

    Lloyd Austin (r), Verteidigungsminister der USA, beim Empfang von Joav Galant, Verteidigungsminister von Israel, im Pentagon.
    US-Verteidigungsminister Austin bei einem Treffen mit seinem israelischen Amtskollegen Galant im Juni in den USA (Ariel Hermoni/IMoD/dpa)
    Beide Politiker hätten auch über amerikanische Truppenverlegungen gesprochen mit dem Ziel, Israels Verteidigungsfähigkeit zu stärken, eigene Truppen zu schützen und Spannungen in der Region zu entschärfen, hieß es weiter. Austin habe sich zudem für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und ein Abkommen zur Freilassung der im Gazastreifen verbliebenen Geiseln starkgemacht.

    Biden beruft Nationales Sicherheitsteam ein

    US-Präsident Biden wird an diesem Montag (Ortszeit) sein Nationales Sicherheitsteam zu einer Lagebesprechung über die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten ins Weiße Haus einberufen. Wie das Präsidialamt bekanntgab, will Biden zudem mit dem jordanischen König Abdullah sprechen. Jordanien gilt als wichtiger Verbündeter der USA in der Region und spielt eine zentrale Rolle bei Vermittlungsbemühungen im Nahost-Konflikt.
    Abdullah telefonierte unterdessen mit dem französischen Präsidenten Macron über die Lage. Beide hätten betont, eine militärische Eskalation in Nahost müsse "um jeden Preis" vermieden werden, erklärte der Elysée-Palast. Sie riefen demnach alle Parteien dazu auf, "den Kreislauf der Vergeltung zu beenden, äußerste Zurückhaltung zu üben und Verantwortung zu übernehmen, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten".

    G7-Außenminister rufen zu "Dialog und Mäßigung" auf

    Ähnlich äußerten sich die Außenminister der sieben führenden Industriestaaten des Westens (G7) nach einer Videokonferenz. Sie appellierten an die Beteiligten, "von jeder Initiative abzusehen, die den Weg des Dialogs und der Mäßigung behindern und eine neue Eskalation begünstigen könnte", wie Italiens Außenminister Tajani erklärte. Italien hat derzeit den Vorsitz der G7 inne.
    Nach den jüngsten Drohungen des Irans ist weiter unklar, wann und wie der angedrohte Vergeltungsschlag erfolgen könnte. In Äußerungen der iranischen Führung und der mit ihr verbündeten libanesischen Hisbollah-Miliz war immer wieder von den "nächsten Tagen" die Rede. Das Nachrichtenportal "Axios" meldet unter Verweis auf die Einschätzungen amerikanischer und israelischer Regierungsbeamter, dass der Iran bereits ab diesem Montag angreifen könnte.

    Kiesewetter: Bundeswehr sollte Israel bei Bedarf unterstützen

    Der CDU-Außenpolitiker Kiesewetter verlangte erneut, dass die Bundeswehr sich im Falle eines Angriffs auf Israel am Schutz des Landes beteiligen müsse. Eine mögliche Maßnahme sei es, Luftbetankung zu leisten, sagte Kiesewetter im Deutschlandfunk (Audio). Bereits beim iranischen Raketenbeschuss auf Israel im April habe die Bundesrepublik "massiv" durch Luftbetankung geholfen, während außer den USA auch Großbritannien, Frankreich, Jordanien und Saudi-Arabien bei der Abwehr der Attacke unmittelbare Unterstützung geleistet hätten. "Wir sind dadurch nicht zur Kriegspartei geworden, sondern wir haben eine Ausweitung des Konflikts oder gar eine Zerstörung israelischer Einrichtungen verhindert", meinte Kiesewetter.
    Man könne nicht von der Sicherheit Israels als Teil der deutschen Staatsräson sprechen und dann "von der Seite kommentieren", betonte der Bundestagsabgeordnete, der für die Union im Auswärtigen Ausschuss sitzt. Jetzt gehe es darum, "im Vorfeld alles vorzubereiten und auszuloten". Dabei sei die militärische Unterstützung allerdings nur "ein sehr kleiner Baustein", der "in ein ganzes Bündel" diplomatischer Maßnahmen eingebunden sein müsse.

    Israel in höchster Alarmbereitschaft

    Israel hatte zuvor seine Sicherheitskräfte einem Bericht zufolge in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Man rechne damit, dass die vom Iran und der libanesischen Terrororganisation Hisbollah angedrohten Attacken über mehrere Fronten erfolgen, berichtet der israelische Fernsehsender "Channel 12". Unterdessen gehen die internationalen Bemühungen um eine Deeskalation weiter.
    Die Vergeltungs-Drohung des Irans erfolgte nach den Anschlägen auf Hamas-Anführer Hanija in Teheran und einen hochrangigen Funktionär der Hisbollah-Miliz in Beirut. Nach Angaben des Kommandeurs der iranischen Revolutionsgarde, General Salami, werden sich an den Attacken auch verbündete Milizen beteiligen. Dazu zählen die Huthi im Jemen und die Hisbollah im Libanon. Iran-treue Kämpfer gibt es zudem im Irak und in Syrien.

    Sorge vor Großangriff - GPS-Signal in Israel gestört

    Zur Zeit wird aus Israel eine Störung des GPS-Navigationssignals gemeldet. Betroffen seien nicht mehr nur grenznahe Gebiete zum Libanon, sondern auch bevölkerungsreiche Regionen im Zentrum des Landes, berichteten israelische Medien. Beim letzten Angriff des Irans hatte das israelische Militär das Satellitensignal gezielt gestört, um feindliche Drohnen in die Irre zu leiten.
    Als weiterer Hinweis auf einen möglicherweise kurz bevorstehenden Angriff des Irans und verbündeter Milizen wurde die Ankunft des Oberbefehlshabers des US-Regionalkommandos Centcom, General Kurilla, in Israel gewertet. Kurilla war auch kurz vor dem iranischen Großangriff im April nach Israel gereist. Zudem haben die USA nach Angaben des Pentagons zusätzliche Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in die Region verlegt.

    Hisbollah-Miliz beschießt Norden Israels mit Raketen

    Irans Vertreter bei den Vereinten Nationen kündigte laut einem Medienbericht an, die libanesische Miliz werde Israel auch "in der Tiefe" angreifen und sich nicht auf militärische Ziele beschränken. Laut einem Artikel der iranischen Zeitung "Kayhan" zählen die israelischen Küstenstädte Tel Aviv und Haifa zu den Zielen.
    Unterdessen hat die militant-islamistische Hisbollah-Miliz im Libanon den Norden Israels mit Raketen beschossen. Die israelische Armee teilte mit, rund 30 Geschosse seien in der Nacht aus dem Südlibanon abgefeuert worden, von denen die meisten abgefangen worden seien. Schäden wurden nicht gemeldet. Zuvor hatte die vom Iran unterstützte Hisbollah erklärt, die Siedlung Beit Hillel zum ersten Mal "mit Dutzenden Raketen" beschossen zu haben. Es handele sich um eine Reaktion auf die israelischen Angriffe auf libanesische Ortschaften, bei denen Zivilisten verletzt worden seien. Nach den Angaben der Miliz wurden dabei zwei ihrer Kämpfer getötet.

    Teheran-Besuch des jordanischen Außenministers

    Vor dem Hintergrund der wachsenden Spannungen zwischen dem Iran und Israel war der jordanische Außenminister Safadi am Sonntag in die iranische Hauptstadt Teheran gereist. Er traf dort seinen iranischen Amtskollegen Bagheri. Es ist war erste Mal seit mehr als 20 Jahren, dass ein hochrangiger Regierungsvertreter Jordaniens iranischen Boden betrat. Jordanien kooperiert unter anderem mit den US-Streitkräften. Beim Drohnenangriff des Irans auf Israel im April unterstützte das Land die israelische Flugabwehr.

    Kritik an Kriegs-Kommunikation Netanjahus

    Der ehemalige Sprecher des israelischen Militärs, Kochav, kritisierte angesichts der angespannten Lage die Kommunikation seiner Regierung. Im israelischen Fernsehsender "Channel 2" sagte Kochav nach Angaben der ARD, man wisse als Land, als Nation und als Armee nicht, was das gewünschte Ziel sei. Weder Premierminister Netanjahu noch andere Regierungsmitglieder hätten die Absicht, der Öffentlichkeit zu erklären, warum Israel binnen weniger Tage vor dem drohenden Ausbruch eines großen Kriegs stehe. "Was wollen wir?", fragte Kochav. "Wollen wir einen völligen Krieg gegen die Iraner? Nach zehn Monaten Kämpfen in Gaza und im Libanon? Wollen wir aus allen Richtungen angegriffen werden? Wollen wir im Jemen angreifen?"

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    Das Interview mit Roderich Kiesewetter können Sie hier nachlesen.
    Diese Nachricht wurde am 05.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.