Das Telefongespräch Obamas mit Putin zeigte in der vom Weißen Haus veröffentlichten Pressenote eine Mischung aus Skepsis und Hoffnung. Obama begrüßte die dringend nötige Verminderung der Gewalt im syrischen Bürgerkrieg. Das sei eine Voraussetzung für weitere Schritte in Richtung einer politischen Lösung. Gleichzeitig wies Obama Putin darauf hin, dass das syrische Regime weiterhin Gewalt anwende und Hilfskonvois behindere.
Außenminister Kerry klang nach der Ankündigung des Teilrückzugs durch Putin etwas hoffnungsfroher.
"Der Waffenstillstand hält zum großen Teil an. Der angekündigte Rückzug der Hälfte der russischen Streitkräfte und möglicherweise mehr hat eine wichtige Phase des politischen Prozesses eröffnet. Nächste Woche werden die politischen Verhandlungen in Genf fortgesetzt."
Kerry will nächste Woche nach Moskau fliegen, um dort Gespräche mit Präsident Putin und Außenminister Lawrow zu führen. Man müsse diese Entwicklung nutzen, so Kerry. Allerdings gebe es noch große Schwierigkeiten.
"Wir wissen jedoch, dass trotz der Verminderung der Gewalt ein andauernder Friede unmöglich ist ohne einen politischen Übergang. Wir haben aber jetzt die Möglichkeit, den Krieg und das Blutvergießen zu beenden."
Mit dem politischen Übergang meinte die Obama-Administration ursprünglich die Absetzung Assads. Doch jetzt vermeidet man, dies noch offen auszusprechen, zumal Putin mit seiner Intervention hinlänglich klar gemacht hat, dass er den brutalen syrischen Diktator an der Macht halten will.
Kein Thema im Vorwahlkampf
Im amerikanischen Vorwahlkampf spielt das Thema Syrien keine Rolle, zumindest keine ernsthafte. Die meisten Kandidaten bei den Republikanern benutzen es lediglich, um mit möglichst martialischen wie absurden Äußerungen beim Publikum zu punkten. Ted Cruz, der erzkonservative Senator aus Florida, empfahl Flächenbombardements zur Bekämpfung des IS. Donald Trump verlangte mehr oder weniger offen, die Familien bekannter Terroristen zu liquidieren.
Dies alles seien ebenso unmoralische wie illegale Vorschläge, schreibt der ehemalige NSA- und CIA-Chef Michael Hayden in seinem jüngst erschienen Buch.
"Es gibt Linien, die die USA nicht überschreiten dürfen. Das ist unmoralisch und verletzt alle Regeln des bewaffneten Konfliktes. Und es wäre sogar kontraproduktiv, weil wir durch solche barbarischen Taten nur unsere Feinde animieren würden."
Kein amerikanischer Offizier würde solche Befehle ausführen, so Hayden weiter.
Doch solche Feinheiten sind Cruz und Trump egal. Trump ist ein erklärter Verehrer des russischen Präsidenten Putin. Mit einem Mann seines Kalibers sei er sich sicher, zu einem Deal zu kommen, so Trump. Autokraten unter sich, sozusagen.
Einer der wenigen republikanischen Präsidentschaftsaspiranten mit außenpolitischen Kenntnissen ist der Senator aus Florida Marco Rubio, der allerdings nach seiner Heimniederlage gegen Trump am vergangenen Dienstag aus dem Rennen aussteigen musste. Er schätzt die Lage in Syrien und den angekündigten Abzug der russischen Truppen realistisch ein.
"Die russische Intervention zugunsten Assads ist offensichtlich erfolgreich gewesen. Und jetzt haben sie wahrscheinlich den Punkt erreicht, an dem Assad weitere Geländegewinne erzielen kann, um seine Herrschaft wieder zu festigen. Die Russen werden ihren Hafen und ihren Luftstützpunkt behalten und haben damit ihre Ziel erreicht."
Bleibe Assad an der Macht, werde sich Syrien dauerhaft spalten, glaubt Rubio.
In einem Artikel der einflussreichen außenpolitischen Zeitschrift "Foreign Affairs" weisen die beiden Autoren Kimberly Marten und Rajan Menon darauf hin, dass Putin genügend militärische Infrastruktur in Syrien hat, um jederzeit zurückkehren zu können. Bleibt Assad an der Macht, werden die Millionen syrischer Flüchtlinge nicht in ihr Heimatland zurückkehren können. Das ist dann das Problem der Nachbarländer und des Westens.