Christoph Heinemann: US-Präsident Trump verhängt neue Strafzölle, dieses Mal gegen Mexiko, damit das Nachbarland härter als bisher gegen illegale Einwanderung in die USA vorgeht. Diese neuen Strafzölle, Günter Hetzke aus unserer Wirtschaftsredaktion, kommen die überraschend?
Günter Hetzke: Das hatte niemand auf dem Schirm. Und wir haben ja hier im Programm schon bei den Berichten aus Mexiko gehört, dass auch der Präsident des Landes nicht mal ansatzweise mit solch einem Schritt gerechnet hatte, ein Schritt, der genau auch noch zu dem Zeitpunkt erfolgte, an dem Bundeskanzlerin Merkel gerade erst den Ehrendoktor der Universität Harvard in Cambridge verliehen bekommen hat und bei der Verleihung darauf hinwies, dass Protektionismus und Handelskonflikte den freien Welthandel gefährden und damit die Grundlagen unseres Wohlstandes. Wobei sie dabei den US-Präsidenten namentlich nicht erwähnte. Aber der brachte sich dann ja mit seiner gegenteiligen Ansicht umgehend selbst ins Spiel.
Mexiko: Niedrige Löhne und gut qualifizierte Arbeiter
Heinemann: Nun ist das ein Streit zwischen den USA und Mexiko, aber Reaktionen sehen wir an vielen Börsen weltweit. Warum?
Hetzke: Das ist noch auf alte NAFTA-Zeiten zurückzuführen. NAFTA, also das nordamerikanische Freihandelsabkommen, machte Mexiko für ausländische Investitionen interessant, für Firmen, die preiswert für den US-amerikanischen Markt produzieren wollten. Denn die Löhne waren niedrig, die Qualifikation der Arbeiter durchaus gut und die Arbeitsbedingungen, na ja, da wurde halt nur wenig darauf geachtet – und dann war da eben der leichte Zugang zum US-Markt. Und da haben sich vor allem viele Autokonzerne in Mexiko niedergelassen, ganz vorne mit dabei, Japan und Deutschland, also Toyota, Nissan, Mazda auf der einen sowie BMW, Volkswagen und Daimler auf der anderen Seite.
Zu einem Großteil sind die Freiheiten noch immer gewährleistet, während noch am neuen Abkommen gebastelt wird, das dann nicht NAFTA, sondern USMCA heißen wird. Nur nutzen die Freiheiten wenig, wenn jetzt ab dem 10. Juni Zölle auf alle Einfuhren aus Mexiko, auch eben auf die Autos verhängt werden, zunächst in Höhe von fünf Prozent und dann stetig steigend. Dann schmilzt der Standortvorteil dahin. Und deshalb sind es vor allem die Autowerte, die an der Börse in Tokio unter die Räder kommen und vermutlich wird das bei den Autowerten in Deutschland dann heute nicht viel anders sein.
Neue Zollankündigungen aus den USA
Heinemann: Und dann geht ja auch noch der Handelsstreit zwischen den USA und China in eine neue Runde. Was steht hier konkret an?
Hetzke: Hier schaukelt sich der Konflikt weiter hoch. Vor der letzten Gesprächsrunde mit China vor gut drei Wochen hatten die USA ja neue massive Zollerhöhungen für chinesische Waren in Kraft gesetzt, wohlgemerkt, noch im Vorfeld der Gespräche, diplomatisch war das nicht. Nach den Gesprächen hatte dann China seinerseits am 13. Mai neue Strafzölle für US-Importe angekündigt, die zum 1. Juni in Kraft treten sollten, also um Mitternacht in Peking, sprich heute Abend unserer Zeit. Das ganze sah so aus, als wollte die chinesische Regierung noch den Raum schaffen für weitere Gespräche, die aber nicht zustande kamen. Stattdessen fallen inzwischen harte Worte aus China. Da ist von "nacktem Wirtschaftsterrorismus" die Rede. Und es gibt bereits neue Zollankündigungen aus den USA, unter anderem auf Matratzen und Bierfässer – und die nicht nur aus China, sondern wohl auch aus Deutschland.
Und China selbst ist mittlerweile schon ganz schön verzweifelt, weil es gar nicht genug US-amerikanische Produkte gibt, die man noch mit Zöllen belegen könnte. Die USA haben ja kaum was zu bieten, was den Kauf lohnt, während die Nachfrage aus China immens ist und die USA da mit Strafzöllen ordentlich Schaden anrichten können. China droht ja jetzt schon den Verkauf eines Rohstoffs, den seltenen Erden, zu beschränken, die unter anderem im Bereich Rüstung, aber auch beim Smartphone-Bau benötigt werden. Aber die meisten Smartphones werden ja gar nicht in den USA gebaut. Mit solch einem Schritt würden man oft die Zulieferer in Asien und damit auch in China selbst treffen. Bleibt festzuhalten: Anzeichen für Entspannung sind nicht mal entfernt zu sehen. Der Handelsstreit wird uns noch lange beschäftigen.