Aus der US-Präsidentschaftswahl geht Donald Trump als deutlicher Sieger hervor. Eine erneute Präsidentschaft Trumps könnte tiefgreifende Auswirkungen auf die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen haben. Für Deutschland und die EU könnte dies voraussichtlich eine Phase der Unsicherheit und potenzieller Spannungen im Handel mit den Vereinigten Staaten bedeuten.
Mit welchen Wirtschaftsthemen konnte Trump bei der Wählerschaft punkten?
Gestiegene Lebensmittelpreise, Mangel an bezahlbarem Wohnraum und hohe Ausgaben für Gesundheitsversorgung und Medikamente, die Inflation und die hohen Preise hätten für Unzufriedenheit gesorgt, sagt die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier - selbst in einer Situation, in der die Löhne, insbesondere im unteren und mittleren Einkommensbereich, gestiegen seien. Donald Trump konnte in diesem Wahlkampf daher besonders mit dem Thema Inflation punkten. Dieses Missfallen der Wähler hat er gezielt für sich genutzt; Trump konnte Biden dafür verantwortlich machen, obwohl die Ursachen auch auf andere wirtschaftspolitische Faktoren und externe Einflüsse zurückzuführen sind.
Es seien vor allem die langfristigen „Scaring-Effekte“, also die tiefen Spuren, die solche Preisschocks hinterlassen, so Malmendier. „Es sind diese langfristigen Effekte, dass man diesen Schock durchlebt hat, dass die Preise so hoch gegangen sind,“ sagt sie. Solche Erfahrungen prägten wirtschaftliche Wahrnehmung nachhaltig. Die Inflationserfahrung habe sich in vielen Köpfen sehr festgesetzt.
Welche Auswirkungen hat der Sieg Trumps auf Deutschlands und Europas Wirtschaft?
Der erneute Wahlsieg von Donald Trump birgt zahlreiche Unsicherheiten für die deutsche und europäische Wirtschaft. In der ersten Jahreshälfte 2024 waren die USA Deutschlands wichtigster Handelspartner. Besonders in exportstarken Branchen wie der Automobilwirtschaft, dem Maschinenbau und der Pharmaindustrie spielt der US-Markt eine zentrale Rolle. Doch mit einem möglichen Trump-Sieg steht eine protektionistische Politik im Raum, die für deutsche Unternehmen erhebliche Risiken bedeutet.
Eine der größten Sorgen für die deutsche Wirtschaft sind Trumps Pläne, die bestehende Welthandelsordnung infrage zu stellen. Besonders besorgniserregend sind Trumps angekündigte Zollmaßnahmen. Trump hatte in den vergangenen Monaten pauschale Importzölle in Höhe von zehn oder gar 20 Prozent in den Raum gestellt hat. „Zölle sind in der Tat sein Lieblingswort, weil er erkannt hat, wie viel Macht er damit auf andere Länder ausüben kann – entweder um sie zu bestrafen, wenn ihm etwas nicht passt, oder um sie zu bestimmten Entscheidungen zu drängen,“ so Wirtschaftsexpertin Ulrike Malmendier.
Im Unterschied zu Steuerentscheidungen, für die Trump auf Zustimmung anderer politischer Akteure angewiesen wäre, kann er Importzölle einseitig durchsetzen, sagt Malmendier. Dies könnte vor allem deutsche Unternehmen treffen, die viel in die USA exportieren, aber dort keine Produktion aufgebaut haben.
Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, sieht hier ebenfalls vor allem eine Belastung für den deutschen Export: „Die deutschen Exportgüter, die wir in die USA liefern, sind von ihrer Qualität und Verfügbarkeit oft mit einem Alleinstellungsmerkmal versehen. Das sind Industriegüter spezieller Anwendung, die so in den USA nicht vorhanden sind. Doch der Zugang zu diesem Markt wird unter einem Präsidenten Trump einfach schwieriger werden.“
Trump hat im Wahlkampf auch angekündigt, die Unternehmenssteuern von 21 Prozent auf 15 Prozent senken zu wollen. Ob er dieses Versprechen tatsächlich einlöst, bleibt abzuwarten. Doch wie Hüther betont, liegt die Bedrohung in der Zollpolitik und weniger in der Steuerpolitik.
Darüber hinaus hat Trump angekündigt, hohe Importzölle von bis zu 60 Prozent speziell auf chinesische Produkte zu erheben. Dies könnte zu indirekten Auswirkungen auf den deutschen Markt führen. „China wird sich in diesem Fall noch stärker auf andere Märkte konzentrieren, und Europa wird für China noch interessanter“, so Hüther. Dies würde für europäische und deutsche Unternehmen einen intensiveren Wettbewerb auf dem heimischen Markt bedeuten, da China versuchen würde, den US-Ausfall durch verstärkte Exporte nach Europa auszugleichen.
Berechnungen zeigten aber, so die Wirtschaftsweise Malmendier, dass die von Trump angedachten Zölle das amerikanische Bruttoinlandsprodukt erheblich beeinträchtigen könnten, mit einem Rückgang von etwa 1,4 Prozent. „Diese Zahlen dürften auch Trumps Wirtschaftsberatern klarmachen, dass solche Maßnahmen wirtschaftlich riskant sind.“ Dennoch versteht Trump, dass solche Ankündigungen populistisch gut ankommen. „Insofern kann man vielleicht hoffen, dass er letzten Endes eine große Zahl ankündigen wird, aber dann so eine kleine Basis nimmt, wo Produkte vielleicht nicht ganz so wichtig sind und vielleicht doch nicht die deutschen Autos,“ erklärt Malmendier.
David Kohl vom Bankhaus Julius Bär schätzt die Drohung mit den Zöllen eher als Verhandlungsstrategie ein. „Letztendlich geht es darum, dass Unternehmen bereit sind, in den USA zu produzieren und Handelsströme zu verlagern, um Ungleichgewichte zu reduzieren. Dann würden die Maßnahmen möglicherweise gar nicht so drastisch ausfallen.“
Angesichts einer zweiten Amtszeit von Donald Trump sei es für Europa von entscheidender Bedeutung, den Binnenmarkt zu stärken und zu harmonisieren, so die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier: „Ich denke, das ist der Moment, wo wir als europäischer Binnenmarkt wirklich nochmal mit ganzer Kraft vorangehen müssen und diesen stärken müssen, harmonisieren müssen.“
Ein zentraler Schritt in diese Richtung ist die Umsetzung der Kapitalmarktunion. Malmendier kritisiert die bisherigen Verzögerungen: „Diese ganzen Themen, wo es im Grunde Lösungen gibt, die greifbar sind, aber wo die verschiedenen europäischen Länder sich immer sperren und sagen: Ach, Kapitalmarktunion geht nicht, weil wir doch lieber unsere eigene Insolvenzrechtssituation oder unser eigenes Insolvenzrecht haben.“
Sie appelliert an die Mitgliedsstaaten, nationale Interessen zurückzustellen, um als geeintes Europa auf der globalen Bühne agieren zu können: „Können wir das bitte mal beiseitestellen und sagen, wir können nur als gemeinsames Europa ein Spieler auf dem globalen Feld sein.“
Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, empfiehlt deutschen Unternehmen, ihre Handelsbeziehungen zu den USA sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls Produktionsstätten in den USA aufzubauen, um potenziellen Importzöllen zuvorzukommen. Eine solche Strategie könnte jedoch auch Nachteile für Deutschland mit sich bringen, da mit Produktionsstätten im Ausland auch Arbeitsplätze in die USA gehen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wäre dies ein Verlust für den deutschen Arbeitsmarkt. Eine Option wäre, ausländische Unternehmen dazu zu motivieren, ihre Produktion nach Deutschland zu verlagern, um so die heimische Wirtschaft zu stärken.
Während die letzten Stimmen noch ausgezählt wurden, stand die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus für die Finanzmärkte bereits fest. Die Reaktionen am Markt haben nicht auf sich warten lassen: Der „Trump Trade“ erlebt eine Wiederkehr. Die Renditen und der Dollar sind gestiegen, ebenso wie die Futures auf die US-Aktienindizes.
Auch der Bitcoin erreicht ein neues Rekordhoch. Selbst an den europäischen Börsen zeigen sich positive Impulse, obwohl Unternehmen hier voraussichtlich zu den Verlierern einer protektionistischen US-Handelspolitik mit möglicherweise verschärften Strafzöllen zählen werden.
dh