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USA und China
"Trump muss sich anpassen"

Kooperation statt Konfrontation - das sollte beim ersten Treffen des US-Präsidenten Donald Trump mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping im Fokus stehen, sagte USA-Experte Christian Hacke im DLF. Die USA seien in einer "Position des Niedergangs". Trump sei daher gut beraten, eine konstruktive Komponente in die Rivalität beider Länder zu bringen.

Christian Hacke im Gespräch mit Peter Kapern |
    Eine Frau verfolgt (06.04.17) in Seoul im Fernsehen eine Sendung über das Treffen von US-Präsident Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi.
    Es bleibe zu hoffen, dass Trump von einem autoritären Herrscher wie Xi Vernunft, Übersicht und Zurückhaltung in der Weltpolitik lerne, sagte USA-Experte Christian Hacke im DLF (dpa picture alliance / AP / Lee Jin-Man)
    Peter Kapern: Obwohl Xi Jinping, Chinas erster Mann, angeblich auf Fußball und nicht so sehr auf Golf steht, findet sein Treffen mit US-Präsident Donald Trump in Mar-a-Lago statt, in Trumps Anwesen in Florida, also quasi mitten auf einem der zahlreichen Golfplätze Trumps. Da hat Trump ja auch schon eine Runde Golf mit Japans Ministerpräsident Abe gespielt. Heute kommt Xi Jinping, den Trump dringend braucht, um Nordkorea an die Leine zu legen. Wie wichtig das der US-Administration ist, das hat Außenminister Rex Tillerson schon vor einem Monat gesagt.
    Am Telefon ist Professor Christian Hacke, Politikwissenschaftler und US-Experte. Guten Tag, Herr Hacke.
    Christian Hacke: Seien Sie gegrüßt, Herr Kapern.
    Kapern: Herr Hacke, letzte Woche, da hatte Donald Trump – und damit zunächst mal zum Komplex Syrien – noch nichts dagegen, dass Baschar al-Assad im Amt bleibt. Gestern nach dem Giftgas-Angriff sagte Trump, er habe seine Einstellung gegenüber Assad verändert. Wie bezeichnet man so was? Ist das ein effektiver Lernprozess, wie es Luxemburgs Außenminister Asselborn heute Morgen im Deutschlandfunk gesagt hat, oder ist das Hin und Her nichts anderes als außenpolitischer Dilettantismus?
    Hacke: Es ist vermutlich auch Ratlosigkeit. Schauen Sie, er ist ja heute in einer ähnlichen Situation wie Präsident Obama, als der damals von den roten Linien sprach mit Blick auf die damaligen chemischen Angriffe der syrischen Regierung. Das ist heute genau dieselbe Situation, dasselbe Dilemma, vor dem er steht, und hier kann man natürlich zwei Positionen einnehmen. Man kann einmal sagen, jetzt muss man mit aller Gewalt Assad beseitigen. Das hat die letzten fünf Jahre nicht funktioniert. Oder man kommt zu der Einsicht, dass eine diplomatische Lösung nur mit den Russen, mit dem Iran und dann natürlich auch mit dem gegenwärtigen Regime, wie immer das aussehen sollte, nachher in Damaskus zu regeln ist.
    Ich halte die letztere Lösung für die einzig realistische, so furchtbar sie ist, aber hier geht es nicht um eine Wahl zwischen gut oder böse, sondern nur zwischen schlimm und noch schlimmer. Und jetzt erneut die Konfrontationslinien aufzubauen, also Assad zu bekämpfen und damit indirekt auch Russland und den Iran, und aus einer solch schwachen geostrategischen Position heraus und auch der grundsätzlichen schwachen Position der USA im Nahen Osten, halte ich für verkehrt.
    Syrien: "Es geht nur die Wahl zwischen schlimm und noch schlimmer"
    Kapern: Jetzt wissen wir also, was Professor Christian Hacke tun würde, wenn er im Weißen Haus säße. Aber was denken Sie, was Donald Trump tun wird?
    Hacke: Ja das ist die große Frage. Auch die UNO-Botschafterin hat ja eben ihre Ratlosigkeit ausgedrückt. Sie sind in derselben Situation wie Obama und sie sind genauso ratlos, und wenn sie nicht zu einer Anpassung kommen sollten, jetzt gemeinsam mit den Russen zu einer Lösung zu kommen, wird das Gemetzel und wird diese Brutalität nur weitergehen. Das ist die große Befürchtung und damit werden auch die Flüchtlingsströme nach Europa weiter ansteigen. Es geht nur mit den Russen. Wer geglaubt hat - das gilt auch für die Ukraine, aber das gilt für Syrien -, gegen die Russen etwas erreichen zu wollen und dass die Russen nachgeben würden in einer solch strategischen Situation, die sie einnehmen mit Blick auf Syrien, ihren engsten Verbündeten, der hat die Realitäten nicht begriffen.
    Kapern: Aber wie kann man, wie kann Donald Trump mit Russland zusammenarbeiten, mit einer Regierung, die wider besseren Wissens, wie Jean Asselborn, der luxemburgische Außenminister heute Morgen im Deutschlandfunk gesagt hat, behauptet, dass die Rebellen die Besitzer dieses Giftgases gewesen seien und nicht das Assad-Regime?
    Hacke: Das wissen wir ja. Wir wissen auch, dass das Assad-Regime diese furchtbaren Waffen einsetzt. Aber ich sage noch mal: Es geht nur die Wahl zwischen schlimm und noch schlimmer. Und wenn geglaubt wird, dass man hier in irgendeiner Form gegen Iran, gegen Russland und gegen das Assad-Regime weiterhin, was bisher die letzten Jahre schon nutzlos war und erfolglos, weiter diesen Kurs beibehält, wird man das Elend und die Ausweitung des Krieges nur noch vergrößern.
    "Die Vereinigten Staaten befinden sich in einer Position des Niedergangs"
    Kapern: Hat Donald Trump den Beraterstab, der ihm dies beibringt?
    Hacke: Nein. Ich habe das Gefühl, dass er instinktiv auch noch im Wahlkampf sagte, es geht nur gemeinsam mit den Russen, und dass nun er umschwenkt auf die alte Linie, eigentlich die Linie, die er vorher nicht betreten wollte, auch starke Aggressivität gegenüber Russland, und hier genauso in Syrien wieder auf die Obama-Linie umschwenkt, und die hat keine Ergebnisse gebracht, weder den Krieg beendet, noch Amerikas Position gestärkt, noch irgendetwas erreicht. Das ist die furchtbare Situation.
    Kapern: Ähnlich schwierig ist ja Trumps Situation in der Nordkorea-Politik. Einerseits sagt er, Peking, China soll Pjöngjang zur Räson bringen, fordert Chinas Unterstützung. Gleichzeitig droht er China mit einem Handelskrieg. Ist das schon eine Form außenpolitischer Schizophrenie?
    Hacke: Sie müssen die grundsätzliche geschichtliche Situation sehen. Die Vereinigten Staaten befinden sich in einer Position des Niedergangs, weltpolitisch, wirtschaftspolitisch. Und nun ist die Frage, auf der anderen Seite haben wir die Volksrepublik China, die im Großen und Ganzen eine vorbildliche, umsichtige Politik betreibt, im Aufstieg, wenn wir das historisch sehen. Nehmen wir den Vergleich zu Deutschland; andere Länder, die haben sich sehr viel aggressiver verhalten. Das ist die Grundsituation.
    Und die Frage ist nun, ob in dieser ganz schwierigen Situation, wo kleine Konflikte schon eine große Kettenreaktion auslösen könnten, wie zum Beispiel Nordkorea, wie sich Trump verhält. Hier, glaube ich, wird das Problem Nordkorea, das besteht – und das ist natürlich kein angenehmes Land und diese Führung, um es mal zurückhaltend auszudrücken, und auch dass sie Nuklearwaffen haben ist schlimm.
    Aber wir sollten aufpassen, dass wir Kapazitäten und die Nuklearkapazität nicht automatisch in ihrer Vergrößerung interpretieren, als ob damit Aggressivität vorangeht. Ich vertrete eher die Meinung, dass hier die nuklearen Kapazitäten des Regimes primär dazu dienen, die eigene Macht im Innern zu sichern, Einmischung in die inneren Angelegenheiten abzuwehren. Das ist die Hauptfunktion der Nuklearwaffen.
    Kapern: Und das gilt auch noch, Herr Professor Hacke, wenn Nordkorea über atomwaffenfähige Langstreckenraketen verfügt, die die amerikanische Westküste erreichen können?
    Hacke: Das ist nicht angenehm. Es ist aber kein Grund, in Hysterie auszubrechen. Das ist der entscheidende Punkt. Und wenn nun Trump anheizt und sagt, die Chinesen sollen mit ihrem Baby Nordkorea was tun und nun schärfer eingreifen, sonst wird er die Dinge regeln, dann ist das Problem im zweiten Satz. Das erste, dass die Chinesen sich mehr darum kümmern sollten, da ist das Problem, das Amerika mit Israel hat: Der Schwanz wackelt mit dem Hund. Israel ist auch eine Nuklearmacht, die machen auch nicht, siehe Obama-Zeit, was die Amerikaner wollen. Und dieselbe Situation, vor demselben Dilemma sind nun die Chinesen. Das Problem ist, wenn dann Trump sagt, dann müssen wir die Sache selbst in die Hand nehmen, und damit droht. Entweder bleibt die Drohung hohl, das wäre noch das Beste, aber trägt nicht zum Prestige der USA bei, oder er verwirklicht das und greift zu militärischen Mitteln, und das wäre fatal.
    "Die Amerikaner haben fast eine Hysterie entwickelt gegenüber China"
    Kapern: Wenn ich Sie richtig verstehe, dann verfügt Donald Trump, dann verfügen die USA überhaupt nicht über die Mittel, China zu einer Aktion gegenüber Nordkorea zu bewegen. Das heißt, wenn wir Donald Trump zuhören, wie er doch mit ziemlich aufgeblasenen Backen Peking auffordert, Nordkorea zur Räson zu rufen, dann verwechselt er da ein wenig, wer Koch und wer Kellner ist?
    Hacke: Ja, das kann man sagen. Das mit den aufgeblasenen Backen haben Sie viel besser ausgedrückt als ich. Er muss hier sehen, dass er sich anpasst. Amerika ist in einer historischen Situation, die schwierig ist, also im Niedergang. Entweder, wie er es nun zeigt, wird nun Konfrontation deutlich, Unruhe. Die Amerikaner haben fast eine Hysterie entwickelt gegenüber China und da sind ganz gefährliche Modelle im Spiel, wie man nun konfrontativ gegen China vorgehen sollte. Oder kooperativ, und hier haben bisher die vorangegangenen Regierungen bis zu Obama eine Mischung zwischen Eindämmung und Einbindung versucht, also eine konstruktive Komponente in die Rivalität reinzubringen.
    Und das ist das einzig Sinnvolle und ich hoffe, er macht hier einen Lernprozess durch, und es ist schon armselig, wenn wir sagen müssen, wir als Westeuropäer und als Teil der transatlantischen Allianz, dass im Moment hoffentlich der Führer der westlichen Welt von einem autoritären Herrscher wie Xi lernt, Vernunft, Übersicht und Zurückhaltung in der Weltpolitik zu lernen. So weit sind wir gekommen!
    "Ein Bewusstsein für die beiderseitige Verantwortung"
    Kapern: Herr Professor Hacke, wenn ich Ihrer Argumentation folge – dies kurz zum Schluss -, dann kommt ausgerechnet auf den Mann, der versprochen hat, Amerika wieder groß zu machen, die Aufgabe zu, den weltpolitischen Niedergang der USA möglichst konfliktfrei zu managen.
    Hacke: Das ist das Hauptproblem, und die Frage ist, ob er einen Anpassungsprozess zeigt, ob er Lernfähigkeit zeigt. Dass nun Bannon aus dem Sicherheitsrat rausgeflogen ist, zeigt zum Teil, dass vielleicht die vernünftigen Kräfte in Washington, dass die maßvollen Konservativen und nicht zuletzt auch seine Familie vielleicht hier die Oberhand gewinnen. Und das wäre ein erster Aspekt, dass vielleicht auch jetzt bei diesem Treffen in Florida, das wir nun heute und morgen verfolgen werden, dass hier zumindest die Dinge nicht weiter verschärft werden, sondern dass beim Kennenlernen die Interessen vernünftig abgesteckt werden, dass man mit Krisen wie in Korea vernünftig umgeht und dass man gemeinsame Interessen entdeckt. Also ein Bewusstsein für die beiderseitige Verantwortung in Asien und in der Weltpolitik. Das ist das wichtige.
    Kapern: Der Politikwissenschaftler und US-Experte Christian Hacke heute Mittag im Deutschlandfunk. Herr Hacke, danke für Ihre Expertise und danke für das Gespräch. Schönen Tag noch.
    Hacke: Ich danke Ihnen auch!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.