Wahlrecht in den USA
Warum verurteilte Straftäter nicht überall wählen dürfen

Wer in den USA vorbestraft ist, darf bei den Präsidentschaftswahlen in vielen Bundesstaaten nicht abstimmen. Die Wurzeln dieses Wahlrechtsentzugs reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück, betroffen sind insbesondere schwarze US-Bürger.

    Nahaufnahme einer Hand, die eine amerikanische Flagge hält.
    Rund vier Millionen Menschen sind bei den US-Wahlen aufgrund einer Vorstrafe nicht stimmberechtigt. Dass Donald Trump trotz strafrechtlicher Verurteilung kandidieren darf, empört viele. (IMAGO / Ulrich Roth )
    Wenn am 5. November in den USA gewählt wird, dürfen nicht alle US-Bürgerinnen und -Bürger ihre Stimme abgeben. Ausgeschlossen sind beispielsweise verurteilte Straftäter. Aktuell sind das in den USA etwa vier Millionen Menschen und damit knapp zwei Prozent der Wahlberechtigten.

    Inhalt

    Was sieht das Wahlrecht in den USA für verurteilte Straftäter vor?

    Die Regelungen zum Wahlrecht fallen je nach Bundesstaat unterschiedlich aus. In den meisten US-Bundesstaaten verlieren verurteilte Straftäter ihr Wahlrecht, wenn sie inhaftiert sind. Bei bestimmten Straftaten bleibt der Wahlrechtsentzug auch nach einer Haftentlassung bestehen, etwa nach einer Verurteilung wegen eines Kapitalverbrechens, wegen illegalen Waffenbesitzes, Staking, Drogendelikten oder schweren Betrugs.
    Im Jahr 2022 waren laut einer Datenbank der Universität Minnesota insgesamt vier Millionen Menschen wegen einer vorangegangenen Verurteilung von den Wahlen ausgeschlossen. Zu den Bundesstaaten mit den strengsten Regelungen gehören Texas, Tennessee, Florida, Alabama und Kentucky.
    In Florida sind die meisten Menschen von der Regelung betroffen. Einer Studie von The Sentencing Project zufolge kommen 961.000 der nicht-wahlberechtigten Straftäter aus Florida, ein Viertel der Betroffenen. The Sentencing Project ist eine NGO, die sich dafür einsetzt, die Wahlrechte von Straftätern wiederherzustellen.
    Den Gegensatz dazu bilden die Bundesstaaten Vermont und Maine sowie der Bundesdistrikt Washington D.C, der als Regierungssitz keinem Bundesstaat angehört. Hier wird Straftätern ein uneingeschränktes Wahlrecht zugestanden, sie dürfen sogar aus dem Gefängnis wählen.*

    Können Straftäter das Wahlrecht zurückerlangen?

    Ist die Strafe abgegolten, können Betroffene ihr Wahlrecht in der Regel zurückerlangen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen und einen Antrag bei den Behörden stellen. In sieben US-Bundesstaaten erhalten Verurteilte ihr Wahlrecht erst zurück, wenn sie Auflagen erfüllen, beispielsweise wenn sie alle ihre Bußgelder abbezahlt haben. Manche der Verurteilten sind jedoch so arm, dass sie den Betrag, den das Gericht neben ihrer Strafe verhängt hat, nicht leisten können.

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    Zudem kennen viele Betroffene weder das Prozedere noch ihre Rechte. Der Antrag auf Wiederherstellung des Wahlrechts ist so kompliziert, dass dafür teilweise ein Anwalt notwendig ist. Einige Betroffene bekommen ihr Wahlrecht gar nicht zurück, sie sind somit für den Rest ihres Lebens von demokratischer Teilhabe ausgeschlossen.
    Menschenrechtsorganisationen kritisieren die USA für die Entrechtung von Straftätern. Human Rights Watch kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass in den Vereinigten Staaten besonders strenge Regelungen herrschen. Von 136 untersuchten Ländern verweigert eine Mehrheit nie oder nur selten das Wahlrecht aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung.

    Wie hat sich die Anzahl der nicht wahlberechtigten Straftäter entwickelt?

    Zwischen 1976 und 2016 stieg die Zahl verurteilter US-Bürger ohne Stimmrecht von einer Million auf knapp sechs Millionen. Seitdem ist diese Zahl wieder um gut ein Drittel gesunken. Weniger Menschen als früher sitzen in US-Gefängnissen. Elf Bundesstaaten haben in den vergangenen Jahren ihre Gesetze gelockert. Zuletzt hatte der Oberste Gerichtshof in Nebraska entschieden, dass 7.000 Bürger, die ihre Strafe verbüßt haben, am 5. November wählen dürfen.
    In einigen Staaten gibt es immer wieder Reformversuche. Ob sie gelingen, ist jedoch abhängig von der politischen Führung. In Florida gab es 2018 ein erfolgreiches Referendum, zur Lockerung der Rechtslage. Aber das Landesparlament von Florida entschied anders.

    Warum darf Trump, der strafrechtlich verurteilt ist, als US-Präsidentschaftskandidat antreten?

    Gegen Donald Trump laufen zahlreiche Gerichtsverfahren. Er ist der erste Ex-US-Bundespräsident, der wegen einer Straftat verurteilt wurde. Das Strafmaß im sogenannten Schweigegeldprozess wird erst nach den US-Wahlen bekannt gegeben. Doch bereits jetzt ist klar: Nach US-amerikanischem Recht kann Trump Präsident werden, selbst wenn er zu einer Haftstrafe verurteilt werden sollte. 
    US-Präsident werden darf, wer als gebürtiger US-Amerikaner die Staatsbürgerschaft besitzt, mindestens 35 Jahre alt ist und seit 14 Jahren ohne Unterbrechung seinen Wohnsitz in den USA hat.** Außerdem schreibt die Verfassung vor, dass eine mehr als zweimalige Präsidentschaft nicht möglich ist. Eine Kandidatur von strafrechtlich Verurteilten für staatliche Ämter ist im US-amerikanischen Recht somit nicht ausgeschlossen.
    Das bedeutet: Trump, der strafrechtlich verurteilt wurde, darf rein rechtlich wieder Präsident werden. Das stößt bei Menschen, denen das Wahlrecht entzogen wurde, auf besonderes Unverständnis. Vor allem republikanische Politiker sollten sich angesprochen fühlen, findet Aktivist Desmond Maede aus Florida:
    “Wenn ihr jemanden zum US-Präsidenten wählen wollt, der wegen einer schweren Straftat verurteilt worden ist, dann solltet ihr ganz besonders daran interessiert sein, Gesetze zu verabschieden, damit Menschen nach einer Verurteilung am demokratischen Prozess wieder teilnehmen können.“

    Warum sind besonders schwarze US-Bürger vom Wahlrechtsentzug betroffen?

    Der Stimmrechtsentzug für verurteilte Straftäter in den USA begann systematisch nach dem Ende der Sklaverei im 19. Jahrhundert. Besonders Staaten im Süden verurteilten viele Afroamerikaner aufgrund oft hanebüchener Vorwürfe. Danach wurde ihnen per Gesetz das gerade erst erhaltene Wahlrecht entzogen.
    So sollte die politische Mitsprache von Afroamerikanern verhindert werden. Das Gesetz richtete sich aber auch gegen arme, weiße Männer. Die politische Elite befürchtete, diese könnten die „Falschen“ wählen.
    Heute sind schwarze US-Bürger dreimal häufiger vom Entzug des Stimmrechts nach einer Verurteilung betroffen als weiße - obwohl es fünf Mal mehr weiße US-Bürger gibt als schwarze.

    jk, tan
    *Wir haben Angaben zum Wahlrecht von Straftätern korrigiert.
    **Wir haben die Angaben zu den Voraussetzungen für eine Präsidentschaftskandidatur präzisiert.