US-Austritt aus WHO
Gefahren für die globale Gesundheit - und die USA

US-Präsident Donald Trump hat den Ausstieg der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angeordnet. Experten warnen vor schwerwiegenden Folgen - etwa für den Kampf gegen Aids, Malaria und Tuberkulose, aber auch für die USA. Ein Überblick.

    Die Website des Weißen Hauses wird auf einem Mobiltelefon angezeigt, im Hintergrund ist das Logo der Weltgesundheitsorganisation zu sehen
    Per Dekret hat US-Präsident Donald Trump den Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angeordnet - wie bereits während seiner ersten Amtszeit (picture alliance / Sipa USA / Jonathan Raa)
    Es war eine seiner ersten Amtshandlungen: Nur wenige Stunden nach seiner Vereidigung als neuer US-Präsident am 20. Januar unterzeichnete Donald Trump ein Dekret zum Ausstieg der Vereinigten Staaten aus der Weltgesundheitsorganisation WHO. Den Eingang eines entsprechenden formellen Schreibens haben die Vereinten Nationen inzwischen bestätigt. Aufgrund einer einjährigen Kündigungsfrist wird der Austritt zum 22. Januar 2026 gültig.
    Bereits während seiner ersten Amtszeit als US-Präsident, versuchte Trump, die Verbindung zur WHO abzubrechen. Im Juli 2020, mehrere Monate nachdem die WHO die Ausbreitung des Coronavirus zur Pandemie erklärt hatte und die Fallzahlen weltweit angestiegen waren, leitet Trumps Regierung den Austritt aus der Behörde formell ein. Das Inkrafttreten konnte Trumps Nachfolger Joe Biden zu Beginn seiner Amtszeit 2021 wegen der einjährigen Kündigungsfrist verhindern.
    Warum aber will Trump die USA aus der WHO führen? Und welche Folgen hat das für die Organisation, die internationale Staatengemeinschaf aber auch die USA? Ein Überblick.

    Inhalt

    Wie begründet Trump den US-Ausstieg aus der WHO?

    US-Präsident Trump nennt mehrere Gründe für den Rückzug der USA aus der WHO. Unter anderem wirft er der Organisation Fehler im Umgang mit der Covid-19-Pandemie, ausufernde Bürokratie, ausbleibende Reformen, Korruption und mangelnde Unabhängigkeit vom Einfluss der Mitgliedstaaten vor, insbesondere eine zu enge Bindung an China.
    Ein weiterer Vorwurf Trumps: Die WHO behandle die USA unfair. Konkret spricht der US-Präsident von Abzocke und verweist auf andere große Länder, auch hier wieder explizit auf China, die viel weniger Geld an die WHO zahlten als die USA.

    Was ist dran, an Trumps Vorwürfen gegen die WHO?

    Tatsächlich hat die WHO während der Corona-Pandemie Fehler gemacht. So erkannte sie erst nach einem offenen Brief von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Erkenntnisse an, dass das Virus auch durch Aerosole und damit über die Luft übertragen werden kann. Zudem empfahl die WHO, keine Masken zu tragen. In den vergangenen Jahren wurden außerdem mehrere Fälle von sexuellem Missbrauch durch WHO-Helfer im Kongo bekannt.
    Richtig ist auch: Kein anderer der 194 Mitgliedsstaaten zahlt annähernd so viel an die WHO wie die USA. Der Zweijahreshaushalt der Organisation für 2024/2025 beträgt 6,8 Milliarden Dollar (etwa 6,5 Milliarden Euro). Davon wollte die alte US-Regierung, ähnlich wie in der vorangegangenen Zweijahresperiode, fast ein Fünftel übernehmen und damit rund dreimal so viel wie die zweitgrößte Geber-Nation Deutschland, und rund fünfmal so viel wie China.
    Allerdings handelt es sich bei den zugesagten Geldern von rund einer Milliarde Dollar zum Großteil um freiwillige Zahlungen. Der Pflichtbeitrag der WHO-Mitgliedsländer bemisst sich nach der Wirtschaftskraft und beträgt für die USA 264 Millionen Dollar. Zum Vergleich: China hat für die Zweijahresperiode rund 184 Millionen Dollar vorgesehen. Das ist weitgehend der Pflichtbeitrag. Der freiwillige Beitrag beläuft sich nur auf 2,5 Millionen Dollar.

    Was sind die wichtigsten Aufgaben der WHO?

    Als Sonderorganisation der Vereinten Nationen kümmert sich die WHO um die Koordination des Gesundheitswesens weltweit und koordiniert unter anderem ein globales Influenza-Überwachungsnetz. Sie sammelt Daten, entwickelt Richtlinien und Standards für Arzneimittel und Hunderte von Krankheiten, darunter psychische Erkrankungen und Krebs. Zudem betreut sie spezielle Programme zur weltweiten Bekämpfung von Malaria, Tuberkulose, HIV und anderer sexuell übertragbarer Krankheiten.
    Darüber hinaus hat die WHO den Auftrag, die Reaktion der Welt auf globale Gesundheitsbedrohungen zu koordinieren, etwa Pandemien oder Ausbrüche von Ebola und Polio. Dazu betreibt sie Meldeplattformen, um die Ausbrüche gefährlicher Krankheiten früh zu erkennen. Konkret Hilfe leistet sie bei Gesundheitskrisen insbesondere in ärmeren Ländern, bietet technische Unterstützung, hilft bei der Verteilung von Impfstoffen, Medikamenten und medizinischen Behandlungen.
    Zurzeit bekämpft die WHO nach eigenen Angaben rund 40 Gesundheitskrisen weltweit, darunter Mpox in mehreren afrikanischen Ländern, aber auch humanitäre Krisen wie im Sudan oder die Not im Gaza-Streifen.

    Welche Folgen wird der US-Austritt aus der WHO haben?

    Vor dem Hintergrund der Aufgaben der WHO warnen Experten vor weitreichende Folgen, die der Austritt der USA haben könnte. „Ein Rückzug der USA aus der WHO würde die Welt weitaus weniger gesund und sicher machen“, sagt Lawrence Gostin, Direktor des WHO-Kooperationszentrums für globales Gesundheitsrecht an der Georgetown University.
    Die Direktorin des Instituts für Internationale Gesundheit an der Berliner Charité, Beate Kampmann, spricht gar von einer Gefahr für die globale Gesundheit. Durch die Entscheidung Trumps ginge nicht nur Geld, sondern auch Wissen und die Expertise zahlreicher US-Fachleute verloren, sagte die Medizinerin im Deutschlandfunk. Dies werde unter anderem Programme zur Bekämpfung von Tuberkulose und HIV sowie die Impfstoffentwicklung beeinträchtigen, meint Kampmann.
    Auch andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befürchten, dass Trumps Kurs jahrzehntelange Erfolge im Kampf gegen Krankheiten wie Aids, Malaria und Tuberkulose zunichtemachen könnte. Denn die USA leisten gerade in diesem Bereich die größte Unterstützung. So hat Washington im Jahr 2024 nach einer Aufstellung der WHO 75 Prozent des HIV- und Hepatitis-Programms finanziert, 61 Prozent bei Tuberkulose und 29 Prozent bei der Stärkung von Gesundheitssystemen in ärmeren Ländern für Notlagen.
    Experten warnen zudem, dass die Welt künftig schlechter auf Pandemien vorbereitet sein könnte. Zumal der US-Präsident nach dem angeordneten WHO-Austritt inzwischen auch die US-Gesundheitsbehörde CDC angewiesen hat, die Zusammenarbeit mit der WHO zu beenden. Die CDC hat in vielen Ländern eigene Büros und unterstützt die WHO bislang unter anderem mit wichtigen Analysen und Experten bei der Beurteilung von Gefahrenlagen und der Erforschung von Viren, Bakterien und anderen Mikroorganismen.
    Der plötzliche Kooperationsstopp zwischen CDC und WHO könnte aktuell bereits die Untersuchung und Bekämpfung von Ausbrüchen wie dem Marburg-Virus und Mpox in Afrika behindern. Er fällt zudem in eine Zeit, in der Gesundheitsbehörden weltweit Vogelgrippe-Ausbrüche unter US-Nutztieren beobachten.

    Welche Folgen könnte der WHO-Austritt für die USA haben?

    Wenn der Austausch von Daten zwischen der WHO und US-Behörden wie der CDC eingestellt wird, könnte dies auch den USA selbst schaden, warnten Forschende schon vor Trumps Amtsantritt im Fachmagazin „The BMJ“. So hätten unter anderem US-Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention keinen Zugang mehr zu globalen Daten. Insgesamt könnten die USA nicht nur den Zugang zu Informationen zur Abwehr von Gesundheitsgefahren verlieren, sondern auch an weltweitem Einfluss.
    Denn andere Staaten könnten versuchen, die momentan noch führende Rolle der USA in der WHO zu übernehmen. Schon seit langem ist bekannt, dass Peking versucht, über multilaterale Institutionen seinen Einfluss und seine Sicht der Weltdinge auszudehnen. Aber auch Indien, die EU und Brasilien könnten versuchen, eine größere Rolle zu spielen.
    Lawrence Gostin, Experte für öffentliches Gesundheitswesen an der Georgetown University, bezeichnete den US-Ausstieg aus der WHO in der "New York Times" als "schwere Wunde" für die öffentliche Gesundheit, aber eine "noch tiefere Wunde für die nationalen Interessen und die nationale Sicherheit der USA".

    Wie reagiert die WHO?

    Als Reaktion auf die Austrittserklärung der USA hat die Weltgesundheitsorganisation bereits erste Sparmaßnahmen beschlossen. Neben einem weitgehenden Einstellungsstopp sollen alle Tagungen und Konferenzen künftig weitgehend virtuell stattfinden. Zudem werden Dienstreisen und Ländermissionen eingeschränkt sowie Renovierungen und Erweiterungen von Büros nicht mehr in Auftrag gegeben.
    Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump habe die "finanzielle Situation" der WHO verschärft, schrieb WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Er bedauere den geplanten Austritt der USA und hoffe darauf, dass die neue US-Regierung ihre Entscheidung "überdenken" werde. "Wir sind offen für einen konstruktiven Dialog, um die historischen Beziehungen zwischen der WHO und den USA zu bewahren und zu stärken", betonte Tedros.
    (ww)