Wenn Kamoliddin Taschpulatow seinen Gästen etwas zum Trinken anbietet, kann er ihnen gleich das hauseigene Produkt einschenken: Fruchtsäfte ohne Zusätze, hergestellt in Usbekistan. Taschpulatow ist stellvertretender Geschäftsführer von Agromir, was ungefähr "Die Welt der Landwirtschaft" bedeutet. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 1.200 Mitarbeiter, baut Früchte auf rund 4.000 Hektar selbst an und präsentiert stolze Wachstumszahlen: plus 20 Prozent Umsatz in den vergangenen zwei Jahren. Agromir nutzt den neuen Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik in Usbekekistan: mehr Weiterverarbeitung von Produkten, mehr Wertschöpfung.
Rohstoff Wasser ist knapp
Ein Beispiel: Taschkent liegt etwa auf der Höhe Roms, hat aber deutlich kontinentaleres Klima. Wasser ist in weiten Teilen Usbekistans ein kostbares Gut. Wer hier etwas anbaut, benötigt fast immer Bewässerungstechnik. Die bestand früher in der ineffektiven Methode, die Felder mit aus Flüssen abgeleitetem Wasser zu fluten.
"Unsere Plantagen sind mit Tröpfchenbewässerung ausgestattet. Mit dem knappen Wasser gibt es natürlich Probleme, aber wir lösen sie mit Hilfe der Technik. Um die zu kaufen, gibt der Staat Geld. Und die Einfuhr ist zoll- und mehrwertsteuerfrei."
Anders als früher gebe es nun auch die Möglichkeit, Land vom Staat pachten zu können.
"Ich schreibe eine Anfrage, damit mir 500 Hektar zugeteilt werden. Ich erläutere, was ich mit dem Land tun werde, weil es ja nicht einfach ruhen, sondern arbeiten soll. Ich lege also dar, innerhalb welcher Zeit ich dort was anpflanze. Und auf Grund der Entscheidung der örtlichen Verwaltung bekomme ich das Land dann zugeteilt."
Es lockt der Rohstoffreichtum
Das Unternehmen will weiter wachsen, stößt nun aber an Grenzen: Kredite usbekischer Banken sind teuer, beklagt der stellvertretender Geschäftsführer. Sein Unternehmen, sagt er, sei gesprächsbereit für Investoren aus dem Ausland, auch für Joint Ventures. Investitionswilligen ausländischen Firmen wird zurzeit etwa mit Steuerfreiheiten, günstigen Landvergaben und Ansprechpartnern in eigens geschaffenen Ministerien vieles erleichtert. Es locken Rohstoffreichtum und niedrige Lohnkosten. Als am aktivsten gelten chinesische, südkoreanische, türkische, auch russische Unternehmen. Europäer, auch die Deutschen, stellen bislang einen nur kleinen Anteil.
Die Öffnungen folgen einer klaren Logik: Weil die Bevölkerung mit durchschnittlich nur 28,5 Jahren jung ist und weiter stark wächst, braucht es Arbeitsplätze. Etliches ist bereits geschehen: Das Steuersystem ist einfacher geworden, Zölle niedriger. Der Handel mit den zentralasiatischen Nachbarn, früher sehr erschwert, steigt deutlich an. Das Bildungssystem soll modernisiert werden. Schwierigkeiten bereiten die nach der Währungsfreigabe auf mehr als 14 Prozent empor geschnellte Inflation und der sehr hohe Staatsanteil in manchen Branchen, darunter der Banken- und Automobilwirtschaft.
Fachpersonal fehlt - auch für Reformen
Eine weitere Hürde stellt der Mangel an Fachpersonal dar, nötig auch zur Organisation von Reformen. Daher hat die Regierung Berater eingeladen. Aus dem deutschen Bundesbildungsministerium wurde Karsten Heinz entsandt, und der berät nun im usbekischen Innovationsministerium unter anderem bei Gesetzesvorhaben. Er lobt den Ehrgeiz seiner Partner:
"Es gibt sehr viele internationale Expertisen, die die usbekische Seite hier eingeladen hat ins Land. Und das Gute und Erfreuliche daran ist, Usbekistan ist offen für alle, und ich glaube, das Land kann jede internationale Expertise gut gebrauchen."
Denn auch politische Risiken sind nicht aus der Welt: Die Menschenrechtslage ist zwar weniger katastrophal als früher, aber noch immer gibt es politisch motivierte Festnahmen, auch Folter. Die Justiz kann nicht als unabhängig gelten. Und bislang unbeantwortet ist die Frage, ob religiöser Extremismus an Bedeutung gewinnt. Usbekistan grenzt im Süden an das zerrüttete Afghanistan.