Unter dem Titel "Making van Gogh. Geschichte einer deutschen Liebe" zeigt das Städel Museum die nach eigenen Angaben umfangreichste Schau mit Werken von Vincent van Gogh seit fast 20 Jahren in Deutschland. Sie beschreibt, wie der frühe Mythos um den Maler schon um die Jahrhundertwende zu großer Begeisterung, zahlreichen Ankäufen und dazu führte, dass der Niederländer zum Vorbild für die deutschen Expressionisten von Heckel, Kirchner und Schmidt-Rottluff bis zu Münter und Jawlensky wurde.
Hunger nach der Moderne
"Er hat sich natürlich selbst geschaffen, als Künstler - aber er hat nichts verkauft. Das hat dann die Nachwelt besorgt, vor allem seine Schwägerin", sagte Kunstkritiker Christian Gampert im Deutschlandfunk. "Dass er ausgerechnet nach Deutschland verkauft wurde, hatte damit zu tun, dass hier die Künstler nach der Moderne hungerten." Die erste Ausstellung mit Van-Gogh-Gemälden im reaktionären Kaiserreich, in der Galerie Paul Cassirer, sei "ein Schlag für konservative Kunstfreunde" gewesen, "während die Künstler begeistert waren." Neben der "deutschen Liebe", die der Ausstellungstitel behauptet, habe es also auch Ablehnung gegeben.
Und diese Liebe ging schnell und brutal zu Ende: Vor allem das jüdische Bürgertum sei von van Goghs Gemälden und Zeichnungen begeistert gewesen und habe sie gekauft, so Gampert in "Kultur heute". Nach 1933 wurden diese Sammlerinnen und Sammler ins Exil getrieben oder ermordet, ihre Sammlungen zerschlagen. Auch aus den öffentlichen Museen wurden van Goghs Gemälde entfernt - nicht als angeblich "entartet", sondern weil die Nationalsozialisten sie teuer ins Ausland verkaufen wollten, um die Kriegskasse zu füllen.
Nur noch der leere Rahmen
Dass das Städel jetzt diese Ausstellung veranstalte, liege daran, dass es bereits früh Werke von van Gogh erworben habe, sagte Christian Gampert. Auch das berühmte Arztporträt "Bildnis des Doktor Gachet", das wenige Tage vor van Goghs Tod entstand, sei dabei gewesen - und 1937 ebenfalls an Hermann Göring überstellt worden. In der Ausstellung wird das mit dem zurückgelassenen Rahmen des Bildes deutlich gemacht, das 1990 mit einem Auktionsrekord von 82,5 Millionen Dollar zum damals teuersten Kunstwerk der Welt wurde. Nun steht er, statt an der Wand zu hängen, leer mitten im Raum - und wird dort leider als "Selfie-Spot" genutzt.