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Vanuatu
"Wir machen uns Sorge um die Ernährungslage der Bevölkerung"

Nach dem Wirbelsturm Pam sei die Situation in Vanuatu mit seinen rund 80 Inseln immer noch nicht komplett überschaubar, sagte Stefan Knollmayer von der Hilfsorganisation CARE. Einige Inseln seien völlig verwüstet. Zerstört worden seien auch viele landwirtschaftliche Flächen, deren Wiederaufbau Jahre dauern werde.

Stefan Knollmayer im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    Die ersten Hilfsgüter sind auf dem Weg nach Vanuatu.
    Die ersten Hilfsgüter sind auf dem Weg nach Vanuatu. (picture alliance/dpa/Neil Bryden )
    Jasper Barenberg: Dächer, Hauswände, Bäume, Strommasten - all das hat Zyklon Pam mit ungeheurer Wucht davongerissen, als er am Samstag über Vanuatu hinwegfegte. Noch immer haben die Menschen, haben auch die Helfer alle Hände voll zu tun, sich überhaupt einen Überblick über die Schäden zu verschaffen und auch die entlegenen der insgesamt 80 Inseln zu erreichen. Von Australien aus hat sich Stefan Knollmayer von der Hilfsorganisation CARE auf den Weg nach Vanuatu gemacht, mit einer der ersten Frachtmaschinen aus Australien. Er ist jetzt am Telefon. Schönen guten Tag, Herr Knollmayer!
    Stefan Knollmayer: Guten Tag.
    Barenberg: Bei Ihnen ist ja schon Nachmittag. Können Sie uns ein bisschen schildern, Sie sind seit Sonntag vor Ort. Was ist Ihr Eindruck vom Ausmaß der Katastrophe?
    Knollmayer: Beim Anflug am Sonntag war die Situation hier in Port Vila ziemlich arg. Der Hauptflughafen war zerstört, die Straßen waren nicht besonders gut befahrbar, die Kommunikationsnetze funktionieren noch immer nicht zu den außen liegenden Inseln, im Süden insbesondere und auch rings um die Hauptstadt Port Vila, und es bleibt immer noch schwierig, Transport von Hilfsgütern zu organisieren. Aber über die letzten vier oder fünf Tage hat sich das Gefühl in Port Vila ein bisschen verbessert. Leute kommen jetzt an, es ist möglich, langsam zu den außen liegenden Inseln zu kommen, und langsam wird es ein bisschen besser.
    Barenberg: Wie schaffen es die Menschen, überhaupt zurecht zu kommen jetzt inmitten dieser Zerstörungen?
    Knollmayer: Es ist sehr schwierig momentan. Wir haben jetzt auf einer südlichen Insel in der südlichen Provinz von Tafea - das ist die Hauptinsel Tanna - momentan Bedarfsprüfungen mit unseren Nothelfern, die am Ort sind, und wir haben auch gestern Erkundungsflüge über den Inseln geschafft, und was wir da in Tanna und besonders in Erromango gesehen haben, ist eine völlige Verwüstung von diesen Inseln, und was wir hören, die Bedürfnisse sind: Wasser- und sanitäre Anlagen sind sehr beschädigt. Die Unterkünfte, Häuser, besonders die traditionell gebauten Häuser sind einfach runtergeblasen und Hilfsgüter wie zum Beispiel Haushaltsgegenstände und Decken und so weiter, die sind wirklich ein Bedarf.

    Viele landwirtschaftliche Flächen sind verwüstet
    Der Wirbelsturm "Pam" hat auf den Inseln Vanuatus erhebliche Schäden angerichtet.
    Der Wirbelsturm "Pam" hat auf den Inseln Vanuatus erhebliche Schäden angerichtet. (picture alliance / dpa / Graham Crumb)
    Barenberg: Sie haben es erwähnt: Inzwischen gelingt es mehr und mehr, auch die schwer erreichbaren Inseln zu erreichen und zu erkunden. Sie haben Tanna erwähnt. Man hatte immer befürchtet, dass es dort noch schlimmer ist als in der Hauptstadt Port Vila. Hat sich das bestätigt?
    Knollmayer: Auf Tanna ja. Was wir von unseren Bedarfsprüfungsteams und unseren Nothelfern wissen, die jetzt in Tanna sind, so haben die gesagt, dass es eigentlich schlimmer ist wie in Port Vila. Die Situation ist wirklich arg. Was wir im Hauptort Isangel gesehen haben, sind dort fast alle Häuser oder Unterkünfte zerstört, und sogar auch die moderner gebauten Häuser sind beschädigt. Momentan haben die Leute nicht besonders gute Nahrungsmittel und momentan arbeiten wir so hart wie wir können, unter hohem Druck, um die Menschen auf Tanna so schnell wie möglich mit Nahrungsmitteln zu erreichen.
    Barenberg: Sie haben es angesprochen: Nicht nur viele Häuser sind zerstört worden, sondern auch viele landwirtschaftliche Flächen sind verwüstet worden. Der Präsident von Vanuatu warnt vor Engpässen gerade bei der Versorgung mit Lebensmitteln. Wie groß schätzen Sie dieses Problem ein?
    Knollmayer: Wir haben natürlich bis jetzt auf mehreren kleinen Inseln nur diese Erkundungsflüge über den Inseln gemacht, und was wir sehen ist eine totale Verwüstung von Bäumen, von Kokosnüssen, von der Agrarkultur-Situation, und da machen wir uns große Sorgen um die Nahrungsbedürfnisse der Bevölkerung auf diesen außen liegenden Inseln.
    Barenberg: Das wird vor allem eine Aufgabe nicht für die nächsten Wochen, sondern für die nächsten Monate sein, die Menschen dort ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen?
    Knollmayer: In den Städten wie Port Vila sind die Geschäfte wieder offen. Es ist möglich, hier in Port Vila Sachen zu kaufen. In Tanna und den anderen außen liegenden Inseln ist es doch ziemlich arg. Sie werden die Nahrungsmittel immer noch brauchen für die nächsten zwei, drei, vier Wochen und wir werden, ich glaube, auf diesen Inseln jahrelang arbeiten müssen, um sie wieder zurecht zu bringen.
    Barenberg: Stefan Knollmayer von der Hilfsorganisation CARE vor Ort in Port Vila auf Vanuatu. Vielen Dank für dieses Gespräch.
    Knollmayer: Vielen Dank.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.