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Varoufakis in Berlin
Ringen um Griechenland-Hilfen geht weiter

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis hat sich in Berlin mit seinem deutschen Amtskollegen Wolfgang Schäuble getroffen. Im Streit über weitere Finanzhilfen für sein klammes Land bemühte sich Varoufakis, die Wogen zu glätten - verteilt aber auch den einen oder anderen Seitenhieb.

Von Benjamin Hammer | 08.06.2015
    Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis gibt am 08.06.2015 im Hof des Jakob-Kaiser-Hauses in Berlin ein Statement ab.
    Yanis Varoufakis bei seinem Besuch in Berlin (picture alliance / dpa / Tim Brakemeier)
    Yanis Varoufakis stand im Innenhof des Jakob-Kaiser-Hauses des Bundestages und war um eine Deeskalation bemüht. Die Zeit der gegenseitigen Vorwürfe zwischen Griechenland und den EU-Institutionen müsse endlich vorbei sein, sagte der griechische Finanzminister. So ganz lassen konnte er es dann aber selbst nicht.
    "Ich glaube, dass die EU-Kommission eine Pflicht hat", sagte Varoufakis. "Sie muss Politikern und Bürokraten helfen, sich zu einigen. Und sie muss das Vertrauen der Menschen wiedergewinnen. Jede Umfrage der EU zeigt doch: Die Leute verlieren Vertrauen. Auch in die EU-Kommission."
    Seitenhieb auf Juncker
    Ein kleiner Seitenhieb, auch auf EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Der hatte die griechische Regierung am Wochenende auf Schloss Elmau ungewöhnlich deutlich kritisiert. Einer Einigung zwischen den EU-Institutionen und Griechenland habe man in der vergangenen Woche nicht näher kommen können - "weil die griechische Seite nicht dazu im Stande war, diese Verhandlungen sofort in Angriff zu nehmen, obwohl ich dazu gerne bereit gewesen wäre".
    Und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hatte die griechische Regierung zwar in Schutz genommen. Sie sei schließlich erst seit sechs Monaten im Amt. Aber dann in einer ZDF-Sendung gesagt: "Die gehen mir, seien Sie mir nicht böse, wenn ich das so sage, bisweilen gewaltig auf die Nerven."
    Offene und konstruktive Gespräche
    Ob Yanis Varoufakis dem Bundesfinanzminister beim Treffen am Montagvormittag in Berlin auf die Nerven ging – oder umgekehrt, das ist nicht bekannt. Ein Sprecher des Finanzministeriums machte deutlich:
    "Es wurde grundsätzlich Vertraulichkeit vereinbart, wie bei anderen Gesprächen auch, und deswegen kann ich da jetzt nichts weiter dazu sagen."
    Auch Varoufakis mochte nicht viel sagen: Offen sei das Gespräch mit Wolfgang Schäuble verlaufen, und konstruktiv. Die griechische Regierung ringt nach wie vor um die Auszahlung der letzten Hilfstranche aus dem aktuell laufenden Rettungsprogramm der Geberinstitutionen. Dabei geht es um 7,2 Milliarden Euro. Fließt dieses Geld nicht, droht Griechenland in den kommenden Tagen oder Wochen die Staatspleite. Vorschläge der Griechen für Reformen und Einsparungen hatte die EU-Kommission nicht akzeptiert. Heute erklärte die Kommission in Brüssel: Auf ein nachgebessertes Angebot warte man noch immer.
    Ein Streitpunkt: Einschnitte bei Renten und Gehältern
    Finanzminister Varoufakis hingegen sieht das anders. Alle über Monate ausgehandelten Annäherungen hätten die Gläubiger mit Unterstützung von Angela Merkel vergangene Woche zurückgenommen, sagte er dem Tagesspiegel. Es werde nun wieder das Gleiche wie zu Beginn der Verhandlungen gefordert. Ein Streitpunkt sind mögliche Einschnitte bei Renten und Gehältern in Griechenland.
    Es sei Zeit, dass alle ihren Job machten, sagte Varoufakis heute in Berlin. Die Bemühungen der vergangenen Monate müssten endlich in eine Einigung münden: "It is time that we do our job to bring to fruition efforts of many months to come to an agreement."
    So ein „Agreement" ist mit Schäuble und seinen EU-Kollegen weiter nicht in Sicht. Näher stand sich Varoufakis da mit zahlreichen Oppositionspolitikern, die er am Nachmittag in Berlin traf. Gregor Gysi - noch Fraktionsvorsitzender der Linken - stellte sich am Nachmittag demonstrativ hinter Varoufakis: "Ich glaube, dass alle Verantwortlichen in Europa Demokratie begreifen müssen. Wenn sie das begreifen, dann werden sie akzeptieren, dass ein Regierungswechsel gewählt worden ist in Griechenland. Und zwar nicht, damit die Politik, so wie sie vorher war, fortgesetzt wird."