Hemmenhofen ist ein kleiner Ort am Untersee, jenem schmalen Ausläufer des Bodensees, aus dem dann der Rhein in Richtung Schaffhausen weiterfließt. Wenige Kilometer östlich sind Stein am Rhein und die Schweizer Grenze, und wer von Hemmenhofen über den See schaut, der blickt auf Schweizer Gebiet. Hierhin, in den äußersten Winkel Deutschlands, hat sich Otto Dix 1933 zurückgezogen, nach seiner Entlassung als Professor in Dresden und einem von den Nazis ausgesprochenen Ausstellungs-Verbot. Zuerst wohnte Dix bei seinem Schwager auf Schloß Randegg, dann baute der befreundete Dresdner Architekt Arno Schleicher für die Familie Dix jenes großzügige Haus, in dem der Maler bis zu seinem Tod 1969 lebte - und das heute ein kleines Museum ist.
Wer das Dix-Haus heute besucht, der kann etwas besser verstehen, was das innere Exil für den extatischen Großstadtmaler Dix, für den Inszenator von Weltkrieg und Wirtschaftskrise, des Hässlichen und des Moribunden bedeutet haben mag. Hätte er nicht doch besser ins Ausland gehen sollen, statt den Nazis zu schreiben, er habe sich "doch nie politisch betätigt"? Natürlich hat er Hemmenhofen selbst gewählt; aber die Nazis haben ihm künstlerisch den Zahn gezogen, seinen Antrieb und Impuls zerstört.
Jan Dix, der heute 79jährige Sohn von Otto Dix, sagt über diese Zeit:
"Es ging ihm wirtschaftlich nach 33 sehr schlecht. Er hat kaum etwas verkauft. Und man durfte nicht sagen, was zu Hause geredet wurde. Dieses Verstecken, das war auch für uns Kinder schwierig."
Otto Dix hat nicht nur sich selbst und seine Frau Martha, sondern auch seine Kinder immer wieder portraitiert. In Hemmenhofen hängt jenes großartige, in ein grellwarmes Orange getauchte Bild von Nelly und Ursus, den beiden Erstgeborenen, auf dem die mit Spielzeug hantierenden Kinder selber ein wenig wie Puppen aussehen. Aber dieser schon ins Altmeisterliche tendierende Stil hat nur noch peripher zu tun mit den verzogenen, düsteren Straßenszenen des Weimarer Nachkriegs und dem karikierenden Zugriff auf das Berliner Nachtleben der 1920iger Jahre.
In Hemmenhofen, wo man auch das große Atelier besichtigen kann, hat Dix sich vor allem auf die Landschaftsmalerei zurückgezogen und mit Proportion und Perspektive beschäftigt. Ein geregelter Tagesablauf: morgens Arbeit, nachmittags Spaziergang. Die Kinder spielten oft im Atelier, abends saß man am Kamin. Da war nichts mehr mit makabren Nutten-Portraits und hysterisch kreischender Metropolen-Musik.
Sohn Jan lernte später Goldschmied, der ein Jahr ältere Ursus wurde auf Rat des Vaters in den 1950iger Jahren Restaurator. Ursus ist von Otto vielfach gemalt worden, vom Vater und beiden Söhnen gibt es eine großformatige Impression im Garten. Viele dieser Werke sind im Dix-Haus leider nur als Reproduktionen zu sehen - aber man veranstaltet nun eine kleine Wechselausstellung mit Bildern des vor drei Jahren verstorbenen Ursus Dix, der als Direktor des "Pacific Conservation Center" lange in Kanada lebte.
Ursus Dix, der jetzt 80 geworden wäre, malte Blumen- und Früchtestilleben im holländischen Stil. Die Technik ist makellos, aber es sind eben die vorgegebenen, alten allegorischen Motive, blühende Tulpen und welkende Vergissmeinnicht, Schmetterlinge und Fliegen vor dunklem Grund, und Goldschmied Jan Dix wundert sich ein bisschen über seinen Bruder Ursus:
- "Der hat sich mit alter Malerei beschäftigt. Das war die Technik, die mein Vater dann auch angewendet hat, diese Lasur-Technik. Das hat ihn sehr interessiert. Er hat dann auch alte Meister kopiert, und ich versteh nicht ganz, warum er dann, wenn er schon diese Art beherrscht, warum er dann nicht auch selbständig etwas gemacht hat."
Und so ist diese kleine Ausstellung wieder ein Beleg dafür, wie schwer es die Söhne großer Väter haben, sich freizuschwimmen. Für das Dix-Haus aber, das in den unteren Räumen eine seriös gearbeitete Werk-Übersicht zu Otto Dix bietet, sind diese wenigen Bilder ein Glück: ein neuer thematischer Tupfer, der einen historischen Ort mit Leben erfüllt.
Wer das Dix-Haus heute besucht, der kann etwas besser verstehen, was das innere Exil für den extatischen Großstadtmaler Dix, für den Inszenator von Weltkrieg und Wirtschaftskrise, des Hässlichen und des Moribunden bedeutet haben mag. Hätte er nicht doch besser ins Ausland gehen sollen, statt den Nazis zu schreiben, er habe sich "doch nie politisch betätigt"? Natürlich hat er Hemmenhofen selbst gewählt; aber die Nazis haben ihm künstlerisch den Zahn gezogen, seinen Antrieb und Impuls zerstört.
Jan Dix, der heute 79jährige Sohn von Otto Dix, sagt über diese Zeit:
"Es ging ihm wirtschaftlich nach 33 sehr schlecht. Er hat kaum etwas verkauft. Und man durfte nicht sagen, was zu Hause geredet wurde. Dieses Verstecken, das war auch für uns Kinder schwierig."
Otto Dix hat nicht nur sich selbst und seine Frau Martha, sondern auch seine Kinder immer wieder portraitiert. In Hemmenhofen hängt jenes großartige, in ein grellwarmes Orange getauchte Bild von Nelly und Ursus, den beiden Erstgeborenen, auf dem die mit Spielzeug hantierenden Kinder selber ein wenig wie Puppen aussehen. Aber dieser schon ins Altmeisterliche tendierende Stil hat nur noch peripher zu tun mit den verzogenen, düsteren Straßenszenen des Weimarer Nachkriegs und dem karikierenden Zugriff auf das Berliner Nachtleben der 1920iger Jahre.
In Hemmenhofen, wo man auch das große Atelier besichtigen kann, hat Dix sich vor allem auf die Landschaftsmalerei zurückgezogen und mit Proportion und Perspektive beschäftigt. Ein geregelter Tagesablauf: morgens Arbeit, nachmittags Spaziergang. Die Kinder spielten oft im Atelier, abends saß man am Kamin. Da war nichts mehr mit makabren Nutten-Portraits und hysterisch kreischender Metropolen-Musik.
Sohn Jan lernte später Goldschmied, der ein Jahr ältere Ursus wurde auf Rat des Vaters in den 1950iger Jahren Restaurator. Ursus ist von Otto vielfach gemalt worden, vom Vater und beiden Söhnen gibt es eine großformatige Impression im Garten. Viele dieser Werke sind im Dix-Haus leider nur als Reproduktionen zu sehen - aber man veranstaltet nun eine kleine Wechselausstellung mit Bildern des vor drei Jahren verstorbenen Ursus Dix, der als Direktor des "Pacific Conservation Center" lange in Kanada lebte.
Ursus Dix, der jetzt 80 geworden wäre, malte Blumen- und Früchtestilleben im holländischen Stil. Die Technik ist makellos, aber es sind eben die vorgegebenen, alten allegorischen Motive, blühende Tulpen und welkende Vergissmeinnicht, Schmetterlinge und Fliegen vor dunklem Grund, und Goldschmied Jan Dix wundert sich ein bisschen über seinen Bruder Ursus:
- "Der hat sich mit alter Malerei beschäftigt. Das war die Technik, die mein Vater dann auch angewendet hat, diese Lasur-Technik. Das hat ihn sehr interessiert. Er hat dann auch alte Meister kopiert, und ich versteh nicht ganz, warum er dann, wenn er schon diese Art beherrscht, warum er dann nicht auch selbständig etwas gemacht hat."
Und so ist diese kleine Ausstellung wieder ein Beleg dafür, wie schwer es die Söhne großer Väter haben, sich freizuschwimmen. Für das Dix-Haus aber, das in den unteren Räumen eine seriös gearbeitete Werk-Übersicht zu Otto Dix bietet, sind diese wenigen Bilder ein Glück: ein neuer thematischer Tupfer, der einen historischen Ort mit Leben erfüllt.