"Wir Restauratoren hier in diesem Laboratorium sind nicht nur verantwortlich für die vielen Gemälde der vatikanischen Pinakothek. Wir kümmern uns auch um alle anderen Gemälde, die sich im Besitz des Heiligen Stuhls befinden."
Maria Ludmila Pustka ist Chefrestauratorin des vatikanischen Laboratoriums für die Pflege und den Erhalt von Gemälden. Eine Herkulesaufgabe – denn in Pustkas Aufgabenbereich fallen schätzungsweise über 6000 Gemälde, die in Museen, Kirchen und anderen Gebäuden des Heiligen Stuhls aufbewahrt werden.
"Also wir gehen hier keiner normalen Arbeit nach, das ist klar, sondern das ist eher schon eine Mission, die wir hier betreiben. Denn wir haben es ja nicht nur mit einer Vielzahl von Kunstwerken zu tun, sondern mit Objekten, die die Geschichte der Kirche erzählen. Und in fast allen Fällen handelt es sich um kostbare Kunstwerke."
Fachleute für die verschiedensten Materialien
Maria Ludmila Pustka ist Teil einer Equipe aus mehr als 150 vatikanischen Restauratoren, die sich um sämtliche Kunstwerke des Kirchenstaates kümmern. Guy Devreux und sein Team sind für Tausende von Marmorkunstwerken zuständig:
"Jede dieser Werkstätten hat ihren fest umrissenen Aufgabenbereich. Es gibt Fachleute für ganz bestimmte Kunstgattungen und Materialien. Diese Aufteilungen sind wichtig, denn allein schon die Restaurierung von Marmor erfordert, dass wir uns mit den verschiedensten Gesteinen auskennen müssen. Es ist also unmöglich, dass ein Restaurator sich um alles kümmern kann."
Die meisten Restaurierungswerkstätten des Vatikans sind in einem Jahr entstanden: 1929. Damals wurden die Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem faschistischen Italien vertraglich geregelt. Benito Mussolini zahlte Papst Pius XI. eine hohe Geldsumme als Entschädigung für die Enteignungen, die der neugeschaffene italienische Nationalstaat in den 1870er-Jahren vor allem in Rom durchgeführt hatte. Mit einem Teil dieses Geldes entstanden die vatikanischen Werkstätten.
Museen aus aller Welt wollen die Expertise nutzen
Auch Chiara Fornaciari hat als Leiterin der Restaurierungswerkstatt für historische Schriftdokumente alle Hände voll zu tun. Besitzt der Kirchenstaat doch mehr als 400.000 historische Dokumente, darunter kostbare Schriftstücke der römischen Antike und des frühen Mittelalters. Für die Arbeit von Chiara Fornaciari und ihr Team unerlässlich ist das hauchdünne Papier aus der Rinde südostasiatischer Maulbeerbäume:
"Das ist eine Art Büttenpapier. Damit können wir zahllose alte Dokumente, Bücher, Schriften und so weiter restaurieren. Wir fordern dieses Papier in großen Mengen aus Asien an, mit unterschiedlicher Dicke. Damit werden zum Beispiel Löcher in alten Papierdokumenten gefüllt. Dieses Spezialpapier ist für unsere Arbeit enorm wichtig."
Sämtliche Restaurierungswerkstätten des Heiligen Stuhls sind so hochtechnologisch ausgestattet, dass Museen aus aller Welt im Vatikan anfragen, ob auch sie dort bestimmte Kunstwerke restaurieren lassen können. Gegen Bezahlung natürlich.
"Pflicht, mit dem Vatikan zusammenzuarbeiten"
1935 entstand in den vatikanischen Museen auch das sogenannte "Laboratorium für Diagnose, Konservierung und Restaurierung". Hier werden neue und vor allem nicht-invasive Restaurierungstechnologien entwickelt: wie etwa der Gebrauch bestimmter Bakterien, die alte Gemälde und Fresken so vorsichtig von den Zeichen der Zeit reinigen können wie keine andere bis jetzt existierende Vorgehensweise.
Mit Bakterien gegen den Verfall
Die vatikanische Technologiewerkstatt hat ein Arbeitsziel: rechtzeitig mögliche Probleme zu erkennen, um kostspielige und zeitaufwändige Restaurierungsarbeiten zu verhindern. Ulderico Santamaria, Leiter dieser Werkstatt:
"Pflege und Kontrolle sind die Basis des Umgangs mit kostbaren Gegenständen. Das gelingt uns vor allem mit hochsensiblen Sensoren, die Kunstwerke rund um die Uhr kontrollieren. Wie etwa Michelangelos riesiges Wandfresko 'Das Jüngste Gericht' in der Sixtinischen Kapelle."
Auch auf Michelangelos Meisterwerk setzen die Mitarbeiter von Santamaria die für die Malereien harmlosen Bakterien ein. Sie entfernen auch kleinste Flecken, die, wenn sie nicht rechtzeitig beseitigt werden, mit den Jahren zu Schäden führen können.
Kontrolle, Pflege, Restaurierungen: Die Werkstätten des Vatikans und der vatikanischen Museen haben alle Hände voll zu tun, um die immensen Schätze zu bewahren. Eine teure Arbeit - die nicht nur mit den Einnahmen bestritten wird, die durch den Besuch von jährlich etwa fünf Millionen Touristen entstehen. Nicht selten finanzieren Privatleute, vor allem aus den USA, und europäische Unternehmen besonders kostspielige Restaurierungsarbeiten.