Archiv

Vatikanisches Archiv
Der Bunker des Papstes

Im vatikanischen Archiv lagern historische Dokumente und handschriftliche Kostbarkeiten. Zahlreiche Legenden und wüste Spekulationen ranken sich um das Archiv. Um sie zu entkräften, setzt der Kirchenstaat auf Offenheit. Ein Teil des Geheimarchivs liegt sogar in einem raketensicheren Bunker.

Von Thomas Migge |
    Lange Regalreihen voller alter Folianten säumen einen Gang im Vatikanischen Archiv
    Viele Schätze des Vatikanarchivs sind im Bunker gelagert - sicher vor Einbrechern und Raketen (imago / Anan Sesa)
    Professor Langdon geht die Luft aus. Der Held aus "Illuminati", dem Roman von Dan Brown, der auch verfilmt wurde, droht zu ersticken. Er ist ins vatikanische Archiv eingedrungen und sitzt fest - hinter Panzerglastüren.
    Langdon wird schließlich doch befreit und die Geschichte findet ein glückliches Ende. Roman- und Kinoautoren, Journalisten und Geheimniskrämer aller Art stricken immer wieder an den zahlreichen Legenden, die sich um das Geheimarchiv des Kirchenstaates ranken. Ein Archiv, das von Papst Paul V. im Jahr 1612 gegründet wurde, erklärt Sergio Pagano, Präfekt des sogenannten Archivio Segreto:
    "Das ist wahrscheinlich das älteste Archiv überhaupt, auch wenn es erst vor etwas mehr als 400 Jahren offiziell gegründet wurde. Die Päpste verfügten ja schon vor ihrem Umzug in den Vatikan in der Johannesbasilika, ihrem ehemaligen Amtsitz, über ein immenses Archiv. Dieses Archiv gibt es seit dem vierten Jahrhundert."
    Sammlungen aus 18 Jahrhunderten
    Die immensen Archivbestände, um die sich ein Heer von Archivaren kümmert, sind oberirdisch und unterirdisch im Vatikan untergebracht. Im Kirchenstaat werden die unter der Erde gelegenen Räumlichkeiten kurz "i Bunker" genannt. Die Bunker. Dass historische Dokumente und andere handschriftliche Kostbarkeiten in den Bunkern landeten, erklärt Sergio Pagano so:
    "In den etwa vier Jahrhunderten, seit das moderne Archiv existiert, ist der Raumbedarf enorm gewachsen. Hier werden Sammlungen aus immerhin 18 Jahrhunderten aufbewahrt."
    Und so mussten immer wieder neue Räume gefunden werden. Auch im Bunker des Vatikans. Doch über die spricht der Präfekt des Geheimarchivs nicht so gern. Aus Sicherheitsgründen, heißt es offiziell. Die vatikanischen Bunker sollen vor Angriffen von außen schützen. Angriffe nicht nur durch Diebe, die kostbare und geheime Dokumente ergattern wollen, sondern auch durch Raketen und Bomben.
    Im Kalten Krieg geplant
    Schon unter Papst Paul VI. wurde der Bau der Bunker geplant. Denn der Heilige Stuhl wurde immer mehr zu einem der neuralgischen Zentren des Kalten Krieges. 1978 dann wurde Karol Wojtyla zum Papst gewählt. Ein Pole im Vatikan wurde von den Sowjets als Gefahr und von den USA als Chance begriffen. Jetzt wurde der Bunkerbau zügig vorangetrieben. 1980 weihte Johannes Paul II. die neuen Räume ein.
    Offiziell hieß es damals, der Bunker diene der Unterbringung der Schätze des Vatikanarchivs. Die Wände und Decken dieses Bunkers bestehen aus dickem Stahlbeton. Sie halten auch schweren Raketenangriffen stand. Der Bunker hat mehrere Stockwerke. Ob sich hier im Fall eines militärischen Konflikts der Papst und seine Mitarbeiter verstecken sollen, ist unklar. Darüber wird im Vatikan nicht gern gesprochen. Doch das habe nichts mit Geheimniskrämerei zu tun, sagt Präfekt Sergio Pagano:
    "Bei uns gehen immer mehr Anfragen ein. Aber es wollen nicht nur Wissenschaftler ins Archiv des Papstes und der Kurie, sondern auch etwa die sogenannten Postulatoren, die sich um Heiligsprechungen kümmern, Geistliche, die hier Forschungen betreiben, und Repräsentanten religiöser Orden, auf der Suche nach Dokumenten, die ihre Geschichte betreffen."
    Wer also will und eine entsprechende Berechtigung nachweisen kann, dem öffnen sich die schweren Sicherheitstüren des Bunkerarchivs. Damit es den Besuchern nicht ergeht wie Dan Browns Romanfigur Professor Langdon, der, im Bunkerarchiv eingeschlossen, zu ersticken droht, verfügen die unterirdischen Räumlichkeiten auch über ein ausgeklügeltes Suchsystem: In Sekundenschnelle findet es heraus, ob und wo sich eine Person befindet, die an diesem Ort nichts zu suchen hat.