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Venezuela und Kolumbien
Ein bisschen Donner, ein bisschen Partner

Geschlossene Grenzen, Militärübungen, illegale Migration: Die Beziehungen zwischen Venezuela und seinem Nachbarland Kolumbien sind angespannt. Ein Ende des Säbelrasselns zwischen beiden Ländern ist nicht in Sicht.

Von Johannes Kulms |
    Correa und Santos stehen vor einer braunen Wand mit gelben Fahnen. Maduro geht im Vordergrund an ihnen vorbei.
    Die Präsidenten Maduro (m) und Santos (r) kommen seit Jahren im persönlichen Verhältnis vergleichsweise gut aus. (AFP / RODRIGO BUENDIA)
    Jordy Galvis' kleiner Kiosk besteht aus einem kleinen weißen Bierzelt, das ihn vor dem Regen schützt. Der Stand steht am Rande der Plaza Che - dem Mittelpunkt der Universidad Nacional de Colombia in Bogotá - der größten Hochschule des Landes. An einem der angrenzenden Gebäude ist groß und unübersehbar das Konterfei des berühmten Revolutionärs aufgemalt: Che Guevara. Es gießt in Strömen während der Kioskbesitzer und gebürtige Venezolaner Galvis die Lage in seinem Heimatland beschreibt.
    "Wir rechnen in Venezuela mit einem Bürgerkrieg. Die Menschen dort sind es einfach leid, überall Schlange zu stehen. Sie sind es leid, sich wegen eines Hähnchens gegenseitig umzubringen oder die Lastwagen mit Warenlieferungen zu plündern. Das wird einen Bürgerkrieg auslösen."
    Vor vier Monaten ist der 22-Jährige als Austauschstudent nach Bogotá gekommen. Seinen Lebensunterhalt finanziert Galvis mit dem Verkauf von Schokoladen, Sandwiches und Getränken. Er studiert Maschinenbau. Seine Mutter stammt aus Kolumbien, sein Vater aus Italien, Galvis selbst ist in Venezuela geboren. Neben der venezolanischen hat er auch die kolumbianische Staatsbürgerschaft. Die Menschen in Venezuela und Kolumbien kommen gut miteinander zurecht. Doch bei den Beziehungen zwischen den Regierungen beider Länder sieht es ganz anders aus, findet der junge Mann.
    Die Grenzen sind dicht
    "Zwischen Venezuela und Kolumbien läuft es falsch, absolut falsch. Weil die Regierungen sich durch das Geld manipulieren lassen. Ihnen geht es nicht um das Gemeinwohl. Als Venezuela letztes Jahr zum Beispiel seine Grenze zu Kolumbien geschlossen hat, mussten viele Kolumbianer Venezuela verlassen. Doch die Regierung in Bogotá hat praktisch überhaupt nicht reagiert. Dabei hätte sie entschieden darauf reagieren müssen! Und das sage ich als Venezolaner, denn diese Aktion war wirklich nicht gerecht."
    Im August letzten Jahres hatte Venezuela die Grenze zu Kolumbien schließen lassen. Präsident Nicolas Maduro begründete das mit Drogenschmuggel und damit, dass kolumbianische Paramilitärs nach Venezuela kämen. Gleichzeitig wies er mehr als 2.000 Kolumbianer aus, denen er eine Verstrickung in diese Aktivitäten vorwarf - oder die keine gültigen Papiere hatten. Viele weitere tausend Kolumbianer entschieden sich daraufhin, in ihr Heimatland zurückzukehren.
    Eine entschiedene Reaktion der kolumbianischen Regierung hätte sich auch mancher konservative Politiker in Kolumbien in den vergangenen Tagen gewünscht. Schließlich hatte Venezuelas Präsident Maduro vergangenes Wochenende eine mehrtägige Militärübung angesetzt. Er begründete sein Vorgehen unter anderem damit, dass man sich vor Angriffen aus Kolumbien schützen müsse. Mehr als eine halbe Million Soldaten und Milizionäre sollen an der Übung teilgenommen haben.
    Kolumbien setzt auf Dialog
    Doch Bogotá schwieg. Stattdessen erklärte Kolumbiens Präsident Santos in dieser Woche, dass er auf einen Dialog zwischen der Regierung in Venezuela und der dortigen Opposition setze. Der Politikwissenschaftler Alexander Madrigal von der Universität Bogotá glaubt, dass Maduro mit solchen Militärmanövern vor allem von innenpolitischen Problemen ablenken möchte.
    "Venezuelas Regierung steckt in der Krise. Solche Aktionen gibt’s immer mal wieder. Doch die Basis der venezolanisch-kolumbianischen Beziehungen wurde davon nicht berührt. Die institutionellen Kanäle bleiben offen."
    Natürlich gäbe es derzeit auch ganz reale Probleme zwischen beiden Ländern, meint der Politikdozent - allen voran die instabile Lage an der Grenze. Schmuggel und illegale Migration gäbe es dort schon lange, so Madrigal. Aber anders als unter den früheren Präsidenten Uribe und Chavez, die regelmäßig mit den Säbeln gerasselt hätten, sei ein bewaffneter Konflikt zwischen Bogotá und Caracas heute eher unwahrscheinlich. Vor allem aus einem Grund: Der kolumbianische Friedensprozess steht kurz vor dem Abschluss:
    "Venezuela spielt eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen. Chavez hatte die Guerilla in Kolumbien viele Male zu Verhandlungen aufgerufen. Das wurde gehört. Für die Guerilla und die bewaffneten Gruppen ist Venezuela ein legitimer Akteur und ein wertvoller Gesprächspartner. Es gibt da Vertrauen."
    Santos und Maduro gehören politisch gesehen zwar vollkommen unterschiedlichen Lagern an - der kolumbianische Präsident gilt als neoliberal und als Freund der USA, Maduro hingegen ist Sozialist. Und doch kommen die beiden seit Jahren im persönlichen Verhältnis vergleichsweise gut aus. Santos verfolge eine pragmatische Außenpolitik, sagt Wissenschaftler Alexander Madrigal - er wolle friedliche Beziehungen zu den Nachbarn und den Friedensprozess im eigenen Land zu Ende führen.
    Will Kolumbien Venezuelas Präsidenten stürzen?
    "Der Friedensprozess überlagert derzeit gerade alle anderen Themen. Natürlich wirkt sich die Krise in Venezuela auch auf die Beziehungen zu Kolumbien aus. Aber Bogotá hat sich sehr zurückgehalten. Santos sagt: Wir mischen uns nicht ein in die Angelegenheiten von anderen Staaten. Wir äußern uns nur wenig, denn wir wollen pragmatische Beziehungen, in der die Prioritäten auf anderen Themen liegen."
    Und doch gibt es auch Stimmen, die Kolumbien unterstellen, Venezuelas Präsidenten Maduro stürzen zu wollen. Als Beleg führen sie die Treffen von kolumbianischen Regierungsvertretern mit venezolanischen Oppositionspolitikern an. Doch ein Sturz Maduros nütze Bogotá kaum, glaubt Alexander Midragal - und richtet den Blick nach Venezuela:
    "Das Land steckt gerade in der Sackgasse und sucht nach Auswegen. Wenn es mit dem Referendum über Maduros Zukunft nicht klappt bzw. wenn die Opposition nicht stark genug ist, um den Wettbewerb aufzunehmen - dann denke ich, ist es für Kolumbien besser, wenn alles beim Alten bleibt. Es nützt Kolumbien jedenfalls wenig, wenn die Krise in Venezuela weitergeht."