"Es wird jeden Tag schwieriger, man findet kaum mehr Lebensmittel, und wenn dann viel zu teuer", klagt Taxifahrer Miguel Romero. Ein Trost bleibt dem mehrfachen Vater jedoch: "Das Benzin ist geschenkt. Normalbenzin kostet einen Bolivar, Super sechs!"
Das ist das einzige, was hier geschenkt ist, denn selbst Wasser ist extrem teuer.
In der Tat: Ein halber Liter natürliches Mineralwasser wird im Supermarkt derzeit für 1.244 Bolivar angeboten. Im Klartext: Für den Preis einer kleinen Flasche Wasser kann man sein Auto 25 mal mit Normalbenzin oder fünf Mal mit Super volltanken! Der Aberwitz: Ein Großteil des Benzins muss im Land mit den angeblich größten Erdölvorkommen der Welt aus den USA importiert werden. Venezuela verfügt nicht über ausreichende Raffineriekapazitäten.
"Ein Verlustgeschäft für das Land"
Der Benzinverkauf sei ein Verlustgeschäft, erklärt mir denn auch Tankwart José, ein riesiges Bündel kleiner Geldscheine in der Hand. Der Frust ist ihm ins Gesicht geschrieben. Kein Wunder bei den lächerlichen Preisen fällt nicht einmal ein vernünftiges Trinkgeld ab.
"Sechs Bolivar kostet ein Liter Super. Das ist ein Verlustgeschäft für das Land."
Aber nicht für alle im Land. Der Benzinschmuggel ist zu einer lukrativen Einnahmequelle geworden für diejenigen, die an den entsprechenden Hebeln sitzen.
"Mit einigen der Mechanismen, die unsere Wirtschafsabläufe verzerren, lässt sich mehr Geld verdienen als mit Drogen", klagt German Ferrer. Der Abgeordnete aus Lara betrachtet sich als einen der letzten Gralshüter des wahren Sozialismus. Gestern hat er mit zwei weiteren Abgeordneten der Sozialistischen Einheitspartei Venezuelas den Rücken gekehrt. Geht es nach ihm, muss vor allem der absurde Benzinpreis korrigiert werden.
Ein Tanklaster voll für drei Dollar
30.000 Liter Benzin – ein Tanklaster voll, kosten heute in Venezuela 30.000 Bolivar. Auf dem Schwarzmarkt entspricht das drei Dollar! Wenn dieses Benzin über den Grenzfluss nach Kolumbien kommt ist es 39.000 Dollar wert!
Kein Wunder, dass der Schmuggel blüht. Der Benzinpreis in Venezuela gilt jedoch als heilige Kuh, wird zumindest behauptet – vor allem von denen, die ihn kontrollieren und davon profitieren.