Der Nationale Wahlrat erklärte, es seien fast 10,5 Millionen Stimmen abgegeben worden. Rund 21 Millionen Menschen waren wahlberechtigt. Die Opposition weist jedoch darauf hin, dass 10,5 Millionen "Stimmen" nicht gleichbedeutend mit 10,5 Millionen Wählern seien. Vielmehr habe jeder Wahlberechtigte bis zu fünf Stimmen abgeben können. Nach Angaben der Opposition gingen nur rund 2,1 Millionen Menschen zur Wahl. Die Opposition wirft den Machthabern in Carácas deshalb vor, eine hohe Wahlenthaltung verschleiern zu wollen.
Venezuela erhebt seit Jahrzehnten Anspruch auf Essequibo
Mit dem Referendum wollte Venezuelas Präsident Maduro den Anspruch seines Landes auf die an Erdöl und anderen Ressourcen reiche Region Essequibo unterstreichen. Venezuela reklamiert die Region seit mehr als einem Jahrhundert für sich.
Guyana sieht in dem Referendum hingegen eine existenzielle Bedrohung. Dort gingen tausende Menschen auf die Straße, einige trugen T-Shirts mit dem Aufdruck "Essequibo gehört zu Guyana". Sie bildeten Menschenketten, um ihre Solidarität mit der Regierung zu zeigen. Präsident Ali versicherte, die Grenzen des Landes seien sicher.
ExxonMobil entdeckte Ölvorkommen
Essequibo macht gut zwei Drittel des Staatsgebiets von Guyana aus. Die Begehrlichkeiten nahmen zu, nachdem der Ölkonzern ExxonMobil 2015 in dem Gebiet ein Ölvorkommen entdeckt hatte. Im Oktober dieses Jahres wurde in der Region ein weiterer bedeutender Ölfund gemacht, der die Reserven Guyanas auf mindestens zehn Milliarden Barrel - und damit auf mehr als die des ölreichen Kuwaits oder der Vereinigten Arabischen Emirate - vergrößert.
Brasilien besorgt, Militärpräsenz verstärkt
Guyana sieht das Referendum in Venezuela als existenzielle Bedrohung. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag appellierte an Venezuela, nichts zu unternehmen, was die Beziehung zu Guyana gefährde. Die an beide Länder angrenzende Regionalmacht Brasilien äußerte "Besorgnis" über den Streit. Brasilien habe daher seine Militärpräsenz intensiviert, erklärte das Verteidigungsministerium in Brasília.
Guyana hat größte Pro-Kopf-Ölreserven der Welt
Guyana ist etwa fünfmal so groß wie die Schweiz und hat rund 800.000 Einwohner. Es verfügt über die größten Pro-Kopf-Ölreserven der Welt, während das Nachbarland Venezuela über die größten nachgewiesenen Öl-Reserven insgesamt verfügt.
Der guyanische Präsident Ali hatte Essequibo Ende November zusammen mit Militärkommandeuren besucht. Dabei betonte er, man sei entschlossen, den Grenzstreit friedlich zu lösen. Guyanas Vizepräsident Jagdeo warnte Venezuela allerdings auch, aggressive Handlungen würden nicht ungestraft bleiben. Die Regierung in der Hauptstadt Georgetown habe breite internationale Unterstützung.
Ablenkung von der Krise in Venezuela?
Wie es nach Abschluss des Referendums weitergeht, ist unklar. Die venezolanische Oppositionspolitikerin San Miguel meinte, nichts sei wirksamer, um von den innenpolitischen Problemen abzulenken, als ein populäres Thema anzusprechen, das patriotische Gefühle heraufbeschwöre.
In Venezuela herrscht seit langem eine politische und wirtschaftliche Krise. Millionen Bürger haben das Land in den vergangenen Jahren verlassen. Die USA hatten zuletzt allerdings ihre Sanktionen gegen Venezuela gelockert. Hintergrund ist die Zusicherung der Regierung in Caracas, im kommenden Jahr Wahlen abzuhalten. Die US-Regierung erklärte, man erwarte von der Regierung Maduro, dass alle Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl zugelassen würden. Außerdem verlangten die USA die Freilassung aller ungerechtfertigt inhaftierten US-Bürger.
Diese Nachricht wurde am 04.12.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.