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Ver.di begrüßt Auffanggesellschaft für Schlecker

Eine staatlich finanzierte Auffanggesellschaft soll Kündigungen im Fall der insolventen Schlecker-Drogeriemarktkette weitgehend reduzieren. Ver.di-Verhandlungsführerin Stefanie Nutzenberger hält den geplanten Schritt für richtig: Es sei klüger, in Arbeit zu investieren statt in Arbeitslosigkeit.

Das Gespräch führte Jonas Reese |
    Jasper Barenberg: Ganz vom Eis ist die Kuh wohl noch nicht, doch die etwa 11.000 Verkäuferinnen der insolventen Drogeriekette Schlecker können zumindest hoffen – hoffen auf staatliche Hilfe für eine sogenannte Auffanggesellschaft oder Transfergesellschaft, damit möglichst vielen von ihnen die sonst fällige Kündigung erspart bleibt, oder um ihnen zu helfen, möglichst schnell wieder neue Arbeit zu finden. Ein Kredit von 70 Millionen Euro ist dafür nötig. Im Grundsatz haben sich Vertreter der Bundesländer mit dem Insolvenzverwalter von Schlecker darauf geeinigt, für diesen Kredit zu bürgen. Warum ist es für die Betroffenen besser, in einer Transfergesellschaft angestellt zu sein, als die Kündigung zu erhalten? Das hat mein Kollege Jonas Reese Stefanie Nutzenberger gefragt, die für die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mit am Verhandlungstisch saß.

    Stefanie Nutzenberger: Die Transfergesellschaft stabilisiert insgesamt die Situation und gibt den Menschen die Möglichkeit, quasi von einer Beschäftigung, die sie ja über Jahre hatten, nicht direkt in die Arbeitslosigkeit zu gehen, sondern sie bietet ihnen die Chance, innerhalb dieser Transfergesellschaft über Inhalt-Qualifikationsanforderungen hier auch ein Stück, ich sage mal, von Vereinzelung geschützt zu sein, aber vor allen Dingen auch in die Zukunft gerichtet aufgebaut zu werden.

    Jonas Reese: Und aus staatlicher Sicht, warum ist es da besser, dass die rund 12.000 Mitarbeiter von Schlecker eher an eine Auffanggesellschaft gehen als in die Arbeitslosigkeit?

    Nutzenberger: Ich will mal so sagen: Ich halte es immer für klüger, dauerhaft in Arbeit zu investieren als in Arbeitslosigkeit, und eine Transfergesellschaft bietet eine solche Möglichkeit eher und gibt quasi noch mal eine Chance der Stabilisierung auch der Beschäftigten und vor allen Dingen auch der Situation der Beschäftigten für die Zukunft.

    Reese: Das heißt also, eine Rettung Schleckers ist damit auch etwas näher gerückt?

    Nutzenberger: Die Ausgangssituation scheint mir besser, auf jeden Fall, da es hier insgesamt auch in der Wirkung zu einer Stabilisierung führt, und für diejenigen – und das ist mein Blick -, vor allem für die Menschen, die von Kündigung, von Arbeitsplatzverlust bedroht sind, bietet sie eine gute Chance, oder sagen wir so: eine bessere Chance, als direkt in Arbeitslosigkeit zu gehen. Noch besser wäre es natürlich, wenn sie ihren alten Job behalten könnten.

    Reese: Wie sehen denn Ihrer Meinung nach die Chancen für Schlecker aus?

    Nutzenberger: Die Situation stellt sich so dar, dass der Insolvenzverwalter nach meinem Kenntnisstand bemüht ist, Investoren zu finden. Insgesamt die Herangehensweise, hat er gesagt, er hat ein Konzept, zeigt einen Weg in die Zukunft. Und für diejenigen Frauen, die seit Jahren da sind, die geben alles, die geben ihre Kompetenz, ihr Wissen, ihre Erfahrung rein, die wollen, dass die Menschen in die Läden kommen, geben quasi ihr bestes, und von daher, was die Beschäftigtenseite angeht, da habe ich überhaupt keine Zweifel, und der Insolvenzverwalter gibt ja klare Signale, dass er eine Zukunft sieht. Von daher wirkt es insgesamt ausgesprochen stabil im Rahmen dessen, was in einer Insolvenz möglich ist.

    Reese: Ein guter Tag also für die fast 12.000 Schlecker-Angestellten. Ist es denn auch ein guter Tag für die Steuerzahler?

    Nutzenberger: Da braucht es den Blick, für was Steuerzahler – und das bin ich ja auch, das sind Sie auch – sagen, wie wollen wir unser Geld angelegt haben, und davon sprach ich ja vorhin. Ich glaube, dass wir insgesamt ein gesellschaftspolitisches Interesse haben sollten zu sagen, wenn es eine Möglichkeit gibt, Menschen wieder in Arbeit zu bringen - und eine Transfergesellschaft scheint und ist eine solche Möglichkeit -, dann ist es wahrscheinlich klug, mindestens darüber nachzudenken, dass wir unser Geld für eine solche Sache zur Verfügung stellen im Vergleich zu dem, dass die Alternative ist, viele, viele Tausend Frauen direkt in die Arbeitslosigkeit zu schicken, was ja der Insolvenzverwalter über Kündigungen machen würde.

    Reese: Aber kann es denn die Regel werden, dass jetzt der Staat und jetzt in diesem Fall die Länder mit ihren Mitteln bei jeglichen Insolvenzen eingreifen?

    Nutzenberger: Ich will es mal so sagen: Die Insolvenz bei Schlecker scheint mir eine außergewöhnliche Situation zu sein. Der Kaufmann Anton Schlecker hat aufgrund dieser Art der Unternehmensführung bestimmte gesetzliche Möglichkeiten, die große andere Unternehmen nicht haben. Beispielsweise gibt es in großen anderen Unternehmen Kontrollorgane, es gibt völlig andere Vorschriften, und ich gehe da so heran, dass ich sage, eine außergewöhnliche Situation erfordert außergewöhnliche Maßnahmen. Und eine Gießkanne, wir machen das jetzt immer so, glaube ich, kann es an keiner Stelle geben, sondern es braucht immer eine Einzelprüfung, und in diesem Fall halte ich es im Sinne der Situation und vor allen Dingen der Schlecker-Frauen für eine richtige Entscheidung, wenn es dann endgültig auch zu einem Go und zu einem Ja kommt, dass die Transfergesellschaft eine gute Finanzierung erhält.

    Barenberg: Hilfe für die Schlecker-Frauen – Stefanie Nutzenberger von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Gespräch mit meinem Kollegen Jonas Reese.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.