In der Sendung "Schwiegertochter gesucht", die von Vera Int-Veen moderiert wird, suchen Singles über den Sender RTL ihren Traumpartner - in der Regel männliche Junggesellen eine Partnerin. Dabei geben sie sich nicht selten der Lächerlichkeit preis.
Um zu zeigen, mit welchen Mitteln RTL bei Casting und Darstellung der Protagonisten vorgeht, haben Böhmermann und sein Team zwei Schauspieler engagiert und eine Wohnung im Ruhrgebiet angemietet - und die anschließend aussehen lassen wie eine "Assi-Wohnung", wie Böhmermann in seiner gestrigen Sendung die Aktion "#verafake" beschreibt.
Die Kunstfiguren, der 21-jährige Robin und sein 38-jähriger Vater Rene Schulte, bewarben sich anschließend bei RTL. Robin wurde mit schrägen Hobbys ausgestattet - das Sammeln von Schildkrötenfiguren und das Beobachten von Zügen. Das führte zum Erfolg - im Rahmen der neuen Staffel sind die beiden bereits zu sehen gewesen.
Geringe Bezahlung, Alkoholkonsum egal, Dokumente unwichtig
Die Besuche der "Schwiegertochter-gesucht"-Redakteurinnen filmte das "Neo Magazin Royale" mit versteckter Kamera - und deckte dabei Folgendes auf: Für 30 Drehtage bot RTL Vater und Sohn lediglich 150 Euro Aufwandsentschädigung an. Trotz der Aussage des "Vaters", täglich acht Flaschen Bier zu trinken, kreuzte die Redakteurin bei der Frage nach regelmäßigem Alkoholkonsum "Nein" an. Zudem störten sich die Mitarbeiter der Sendung nicht daran, dass kein Personalausweis vorgelegt werden konnte - die Ausrede, dass die Unterlagen bei der Ex-Frau lägen, genügte den Redakteuren. Außerdem ließen sie die Kandidaten eine eidesstattliche Versicherung unterschreiben, dass sie nicht geistig beeinträchtigt sind. Ein Vertragsexemplar ließ die Produktionsfirma nicht da - eine Kopie soll RTL erst zwei Wochen nach Ausstrahlung zugesandt haben.
Dafür überspitzten die Redakteure die Figur des Robin noch - statteten die Wohnung unter anderem mit weiteren Schildkrötenfiguren und einem pinken "Liebe-ist"-Puzzle aus. "RTL hat unsere Figur genommen und sie auf ein ganz anderes Level gehoben. Die haben unsere Figur noch weiterentwickelt", so Böhmermann. Zudem habe RTL genau vorgegeben, was die Schauspieler zu sagen hätten, berichtete Simon Steinhorst, wie "Robin" eigentlich heißt. Und der Schauspieler Simon Steinhorst ist 30 Jahre alt und nicht 21 wie "Robin".
RTL spielt mit Menschen, die sich nicht wehren können
Böhmermanns Motiv sei es gewesen, "zu dokumentieren, was RTL und Vera int Veen seit zehn Jahren für eine Scheiße mit Menschen abziehen, die sich nicht wehren können". Für Geld und Lacher, so Böhmermann in der Sendung, würde RTL alles machen.
"Robin" ist der beliebteste Kandidat der aktuellen Staffel von "Schwiegertochter gesucht". Gewesen, muss man wohl sagen. Inzwischen hat RTL alle Posts und Videos rund um "Robin" von seiner Homepage und Facebookseite entfernt. Bis zum Vormittag waren die Posts allerdings noch online:
Die für RTL zuständige Niedersächsische Landesmedienanstalt leitete inzwischen eine Vorprüfung gegen "Schwiegertochter gesucht" ein.
RTL räumt Fehler ein
Am Freitag-Nachmittag hat sich auch RTL selbst zu dem Fall geäußert - und Fehler eingeräumt. Bei der Produktion einer Folge sei die redaktionelle Sorgfaltspflicht vernachlässigt worden, hieß es in einer Erklärung des Kölner Senders.
Als es um den Alkoholkonsum eines der eingeschleusten Protagonisten gegangen sei, habe die Produktionsmitarbeiterin einen Fragebogen falsch ausgefüllt. Auch die konkreten Vorgaben, was der angebliche Single vor der Kamera sagen sollte, seien ein Fehler gewesen. Außerdem hätte das Team auf die Vorlage eines Ausweises bestehen müssen. Die Produktion der aktuellen Staffel werde daher von einem neuen Team übernommen.
Zu dem Vorwurf, die Kandidaten der Sendung erhielten nur eine Aufwandsentschädigung von 150 Euro für die Dreharbeiten, hieß es, bei einer höheren Summe wäre den Schauspielern, die angegeben hätten, arbeitslos zu sein, das Arbeitslosengeld gestrichen worden. Die Behauptung, der Vertrag sei den Kandidaten deutlich verspätet zugestellt worden, wies RTL zurück. Die Post habe den Vertrag nicht zustellen können, weil die Schauspieler unter der angegebenen Adresse nicht gemeldet gewesen seien.
Für die Enthüllung selbst gab es jedoch Anerkennung: "Respekt an Herrn Böhmermann, wir sind ihm komplett auf den Leim gegangen, denn er hat uns einen sympathischen Schwiegersohn präsentiert."
(vic/rm/tgs)