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Verband der Haus- und Wohnungsbesitzer
Warnecke: Mietpreisbremse "ist ein absolut ungerechtes System"

Der Hauseigentümerverband "Haus & Grund" hält die Mietpreisbremse für gescheitert und verfassungswidrig. Deshalb sei es auch nicht sinnvoll, eine Reform des Gesetzes anzustreben, sagte Verbandspräsident Kai Warnecke im DLF. Bereits der Name des Gesetzes sei falsch, denn er suggeriere, dass man jetzt eingefrorene Mieten in Deutschland habe.

Kai Warnecke im Gespräch mit Peter Kapern |
    HANDOUT - Kai Warnecke, Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverband Haus und Grund.
    Kai Warnecke, Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverband Haus und Grund. (dpa / Haus&Grund)
    Peter Kapern: Es gibt Bremsen, die bremsen stark, und es gibt Bremsen, die bremsen weniger stark. Es gibt aber nur eine einzige Bremse, die überhaupt nicht bremst, und das ist die Mietpreisbremse. 2015 ist sie eingeführt worden, um den steilen Anstieg der Wohnungsmieten vor allem in Ballungsgebieten abzubremsen. Nach zwei Jahren zeigen die Zahlen aber ein ernüchterndes Bild. Zwischen 2012 und 2014, also vor Einführung der Mietpreisbremse, stiegen die Quadratmetermieten jährlich um 23, 24 Cent. 2016, also im Jahr eins nach Einführung der Mietpreisbremse, stiegen sie um 36 Cent je Quadratmeter. So hat es das Bundesverbraucherschutzministerium ausgewiesen. Und eine Studie, die im Auftrag der Grünen erstellt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, dass dort, wo die Mietpreisbremse gilt, Vermieter mit 40 Prozent der abgeschlossenen Mietverträge gegen dieses Gesetz verstoßen. Umgerechnet bedeutet das, so die Studie, die Vermieter in Deutschland kassieren jedes Jahr 310 Millionen Euro mehr als sie dürfen.
    Am Telefon bei uns Kai Warnecke, der Präsident von Haus und Grund Deutschland, dem Zentralverband der Haus- und Wohnungsbesitzer. Guten Morgen, Herr Warnecke.
    Kai Warnecke: Schönen guten Morgen, Herr Kapern.
    Kapern: Herr Warnecke, wenn die Vermieter in Deutschland mit 40 Prozent der neuen Mietverträge gegen das Gesetz verstoßen, sind Sie dann Chef einer kriminellen Vereinigung?
    Warnecke: Völlig unabhängig davon, was die Vermieter machen, bin ich, glaube ich, nicht Chef einer kriminellen Vereinigung. Im Gegenteil! Die privaten Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer in Deutschland bieten zwei Drittel aller Mietwohnungen in Deutschland an. Das heißt, das sind erst mal Menschen, die die soziale Wohnraumversorgung in Deutschland sichern. Insofern, glaube ich, bin ich eher Chef einer sehr sozialen Vereinigung von Menschen, die anderen Menschen Wohnraum in Deutschland geben.
    "Neue Studie ist ein Stück weit Populismus"
    Kapern: Was sagen Sie denn zu der Studie?
    Warnecke: Die Studie, die die Grünen in Auftrag gegeben haben, ist, denke ich, ein Stück weit Populismus. Die Studie selbst spricht schon im zweiten Absatz nur noch von Schätzungen. Die wissenschaftliche Basis lässt sich aus dem Papier nicht rausarbeiten. Sie hat mehrere gravierende Fehler. Das geht gleich damit los, dass wie immer die Angebotsmieten verwendet werden und nicht die richtigen Vertragsmieten. Zum zweiten bezieht sie sich nur auf die Städte Berlin und München. Die 40 Prozent jetzt auf ganz Deutschland auszudehnen, das macht nicht mal die Studie. Das haben Sie jetzt gemacht. Und zum Dritten muss man auch mit einbeziehen, dass die Studie selbst mit der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht korrekt umgeht. Sie sagt zum Beispiel, das steht in der Studie auch drin, wir lassen jetzt mal die Mietpreisspannen außen vor. Das ist eine völlig intransparente Organisation, eine intransparente Studie, und dass die dann zu dem Wunschergebnis von Bündnis 90/Die Grünen passend zum Wahlkampf kommt, überrascht nicht.
    Kapern: Warum bremst die Mietpreisbremse nicht?
    Warnecke: Die Mietpreisbremse macht, was sie soll. Sie macht allerdings nicht das, was Heiko Maas ihr immer zugeschrieben hat, nämlich eine Mietpreisbremse zu sein. Das ist ja lediglich ein Name.
    Kapern: Aber genau das sollte sie doch.
    Warnecke: Nein. Heiko Maas und die Bundesregierung hat erklärt, man wolle mit der Mietpreisbremse verhindern, dass es zu Gentrifizierung kommt. Das ist erst mal der Schritt eins. Dann hat man dem ganzen Konstrukt den Namen Mietpreisbremse gegeben und damit suggeriert, dass das, was man dort geschaffen hat, letztlich ein Einfrieren der Mieten bedeutet. Das ist in Deutschland rechtlich nicht zulässig und das, was da konstruiert worden ist, kann das Ganze auch gar nicht. Das Ganze ist ein absolut ungerechtes System, das zum Beispiel auch reichen Mietern die Miete bremst. Aber dass es dazu führt, dass wir jetzt eingefrorene Mieten in Deutschland haben, das ist nicht der Fall.
    "Der Vermieter muss sich an die Vorgaben der Vergleichsmiete halten"
    Kapern: Aber es wäre besser, reichen Mietern die Miete nicht zu bremsen, sondern sie stärker abzukassieren?
    Warnecke: Richtig wäre das, wenn man die Probleme, die man auf dem Wohnungsmarkt erkannt hat, vernünftig angeht und sie löst. Und nicht, mit Verlaub, mit populistischen Maßnahmen und Stichworten wie der Mietpreisbremse versucht, dem Wähler zu suggerieren, man würde etwas Tolles für sie machen. Es wäre also richtig, gezielt zu gucken, wo die Probleme auf dem Wohnungsmarkt liegen. Dafür gibt es ja auch ausreichend Studien. Dann diese Probleme gezielt anzugehen und bezahlbares Bauen und Wohnen zu schaffen. Die Parteifreundin von Heiko Maas, Frau Hendricks, hat das im Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen ja auch gemacht. Es gibt einen Zehn-Punkte-Katalog, den man jetzt abarbeiten müsste. Von den zehn Punkten geht die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern, die da auch im Boot wären, nichts an.
    Kapern: Herr Warnecke, aber nach Wahrnehmung aller Beteiligten an dem Zustandekommen dieser Mietpreisbremse ist doch eines der Hauptprobleme auf dem deutschen Mietmarkt, dass immer dann, wenn eine Wohnung neu vermietet wird, es enorme Aufschläge gibt, die weit über zehn Prozentpunkte hinausgehen.
    Warnecke: Das ist erst mal eine grundsätzliche Konstruktion des sozialen Mietrechts aus den 70er-Jahren, übrigens auch von der SPD. Man hat damals bewusst – das kann man in den Gesetzesmaterialien nachlesen – gesagt, wir wollen, dass Mieter in einem laufenden Mietverhältnis geschützt sind. Das ist das soziale Mietrecht, das wir seit 40 Jahren in Deutschland kennen. Das bedeutet: Wer eine Mietwohnung hat, ist nicht starken Mietpreissteigerungen ausgesetzt. Der Vermieter muss sich an die Vorgaben der Vergleichsmiete halten. Damals hat man gesagt, weil man die Mieter, die schon eine Wohnung vor Ort haben, schützen will, ist die Konsequenz, dass eine Mieterhöhung hin zu dem, was tatsächlich nötig ist, nur dann erfolgen darf, wenn es zu einem Mieterwechsel kommt.
    "Es ist nicht so, dass man die Miete unbegrenzt nach oben schrauben könnte"
    Kapern: Das heißt, Ihnen wäre es lieber, wenn in der Bestandsmiete abgezockt werden könnte anstatt bei der Neuvermietung?
    Warnecke: Das habe ich nicht gesagt. Wir haben uns immer mit dem sozialen Mietrecht und dem Schutz im Bestand arrangiert. Wir sind darauf angewiesen, dass die Mieter in unseren Objekten glücklich und zufrieden sind, dass sie regelmäßig zahlen. Wir haben seitens Haus und Grund gegen die ortsübliche Vergleichsmiete überhaupt niemals agiert oder gesagt, wir müssten das dringend ändern. Nur wir sind auch der Meinung, dass zumindest eine freie Marktkomponente vorhanden sein muss. Weil wir jetzt mittlerweile die Situation haben, dass Sie bei einem Neubau - für den Sie, nur wenn Sie den kostendeckend vermieten wollen, ungefähr zwölf Euro in Berlin nehmen müssen -, den mit der ortsüblichen Vergleichsmiete, die dann bei sechs, sieben, acht, neun Euro liegt, nicht finanzieren können. Und das bedeutet, es gibt keine neuen Wohnungen.
    Kapern: Herr Warnecke, diese freie Marktkomponente, die liegt Ihnen nicht so sehr am Herzen, wenn Sie danach rufen, dass der Staat doch einfach das Wohngeld aufstocken soll, damit Leute, die es sich eigentlich nicht leisten können, dann doch die enorm steigenden Mieten bezahlen werden können. Damit machen Sie ja im Prinzip die Vermieter zu Aufstockern.
    Warnecke: Die Wohngeldkomponente ist eine Frage, die man mit der Alternative vergleichen muss. Entweder wir bauen nur noch vom Steuergeld aller Menschen in diesem Land Wohnungen für einige wenige. Oder wir sagen, wir überlassen es den Menschen, wo sie wohnen, und diejenigen, die sozial bedürftig sind, werden von der Solidargemeinschaft gestützt und bekommen ein Wohngeld, damit sie sich eine Wohnung leisten können.
    Kapern: …, das dann bei den Vermietern landet.
    Warnecke: Die natürlich auch - übrigens die privaten Vermieter zu einem Drittel - sozialen Wohnraum anbieten, der preislich gedeckelt ist. Es ist ja nun nicht so, dass man dann die Miete unbegrenzt nach oben schrauben könnte, sondern es sind Wohnungen, wo die Miete genau kalkuliert ist, und die darf der Vermieter dann auch nicht erhöhen. Das wiederum bedeutet, wir haben eine Sozialwohnung, mit der nicht der Vermieter Geld verdient. Sondern worum es geht ist, Wohnraum überhaupt zu schaffen und zu investieren, damit auch sozial schwache Menschen eine Chance haben oder finanziell schwache Menschen eine Chance haben, Wohnraum zu bekommen.
    "Wir müssen vielleicht grundsätzlich am Wohnungspolitikstil arbeiten"
    Kapern: Herr Warnecke, kurz zum Schluss noch. Es gibt verschiedene Ideen, die Mietpreisbremse zu reformieren nach diesen ernüchternden Zahlen, die ich eingangs genannt habe. Geht Ihr Verband da mit?
    Warnecke: Nein, wir gehen da nicht mit. Die Mietpreisbremse ist verfassungswidrig. Jegliche Form der Reform ist Wahlkampfgetöse und, mit Verlaub, wirklich populistisch. Wir müssen endlich vernünftig mit dem Wohnungsmarkt umgehen. Dann haben wir auch eine Chance, dass es vorangeht. Das was dort gefordert wird, wird an der Sache nichts ändern. Das Hauptproblem ist, man hat sich hier einen Namen ausgedacht, der den Menschen suggeriert, dass etwas anderes passiert, als was tatsächlich passieren kann. Da müssen wir vielleicht grundsätzlich mal am Politikstil arbeiten, am Wohnungspolitikstil und zurück zur Normalität kommen.
    Kapern: Sagt Kai Warnecke, der Präsident von Haus und Grund Deutschland. Herr Warnecke, danke für das Gespräch. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!
    Warnecke: Danke gleichfalls. Wünsche ich Ihnen auch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.