Archiv

Verbot von Großveranstaltungen
Gutschein-Lösung "allein wird die Kosten nicht abdecken"

Ticketbesitzer sollen bei ausgefallenen Veranstaltungen Gutscheine statt Geld erhalten - so der Verschlag der Großen Koalition. Doch das allein reiche nicht aus. Hubert Wandjo, Professor an der Popakademie Baden-Württemberg sagte im DLF: "Für viele Veranstalter ist die Situation existenzbedrohend".

Hubert Wandjo im Gespräch mit Sebastian Wellendorf |
Schwarz-weißes Bild einer menschenleeren Bühne mit Monitorboxen, Mikrofonen auf Stativen und Gitarren.
Bis Ende August bleiben die meisten Konzertbühnen leer (imago stock&people)
Keine Großveranstaltungen bis Ende August - viele Veranstalter bangen in diesen Tagen um ihre Existenz, weil Konzerte und Festivals nicht mehr stattfinden können.
Verschärft wird ihre Lage noch, weil Menschen, die Karten für bereits ausgefallene Veranstaltungen erworben haben, ihr Geld zurück verlangen bislang noch zurückverlangen können. Hier plant die Große Koalition mite einer "Gutschein-Lösung" Abhilfe zu schaffen.
Plakatwand des Musik-Klubs SO36 in Berlin-Kreuzberg mit dem Hinweis auf die Absage aller Veranstaltungen.
Hilfe für Kulturschaffende: Gutscheine statt Geld zurück
Wenn eine Veranstaltung wegen der Coronakrise abgesagt wird, sollen Ticketbesitzer nicht ihr Geld zurück, sondern einen Gutschein bekommen. Damit möchte die Große Koalition Kulturschaffende und Veranstalter entlasten. Die Opposition fordert aber direktere Hilfen für die Kultur.
Dennoch bleiben vielen Veranstaltern ein großes finanzielles Loch - und viele offene Fragen. Was bedeutet das für Musikerinnen und Musiker, die ja ihr Geld hauptsächlich mit Konzerten verdienen - aber auch für Booker, Technikerinnen oder Roadies?
Live-Entertainment für die meisten Küstler Haupteinnahmequelle
Hubert Wandjo ist Business-Direktor der Popakademie Baden-Würtemberg, dort Fachbereichsleiter Musik- und Kreativwirtschaft, und kennt die Branche.
Das Veranstaltungsverbot treffe an erster Stelle Künstlerinnen und Künstler sehr hart, sagte Wandjo im Deutschlandfunk. Künstlerische Formen würden zwar ins Internet wandern - jedoch sei das Live-Entertainment für die meisten die Haupteinnahmequelle. Viele würden sich daher mit Blick in die Zukunft große Sorgen machen.
An der Popakademie versuche man Künstlerinnen und Künstlern Hilfestellung zu geben, um in Anbetracht der verschiedenen Hilfsangebote von Bund und Ländern möglichst schnell an Überbrückungsgelder zu kommen.
Situation für viele "existenzbedrohend"
Die geplante Gutschein-Lösung der Großen Koalition etwa "mildert vieles ab", so Wandjo, etwa, dass es zu einem "Liquiditätsabfluss" komme, wenn Veranstalter die Eintrittspreise zurückerstatten müssten - denn oft seien schon im Vorraus Kosten angefallen. Eine solche Situation wäre für viele unmittelbar existenzbedrohend, schätzt Wandjo.
Monika Grütters (CDU), im Rahmen eines Interviews in ihrem Büro im Bundeskanzleramt
Grütters (CDU): "Sozialpaket ist für die vielen Soloselbstständigen gemacht"
Es sei "nicht in Ordnung", die Riesenprogramme, die speziell für Künstler und Selbstständige gemacht worden seien, schlechtzureden, sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) im Dlf. Die Kritiker sollten den Künstlern lieber erklären, wie sie an ihr Geld kommen könnten.
Doch eine Gutschein-Lösung allein werde die Kosten nicht abdecken. Es brauche zusätzliche Hilfsangebote - die es auf vielen unterschiedlichsten Ebenen bereits gebe. Als Positivbeispiele nannte Wanjo Bundesländer wie Berlin oder Baden-Württemberg.