Zur Abwechslung hat die UEFA eine Entscheidung getroffen, die zu keinem nennenswerten Widerstand in der hiesigen Öffentlichkeit geführt hat. Fortan dürfen ukrainische und belarussische Mannschaften wegen des Krieges nicht gegeneinander antreten. Das soll bei Gruppenauslosungen für internationale Wettbewerbe verhindert werden und betrifft etwa die Qualifikationen für WM und EM, aber auch Club-Wettbewerbe wie die Champions League. Die weiteren fünf "verbotenen Aufeinandertreffen", wie es in UEFA-Dokumenten heißt, sind: Armenien gegen Aserbaidschan, Ukraine gegen Russland, Kosovo gegen Serbien sowie Kosovo gegen Bosnien-Herzegowina und Spanien gegen Gibraltar.
Ära des Kalten Kriegs als Ausgangspunkt
Die Verhinderung von bestimmten Partien hat in Europa auch historische Gründe, wie Jürgen Mittag, Professor von der Deutschen Sporthochschule Köln, sagt: "In der Vergangenheit war es häufiger der Fall gewesen, dass die UEFA Spiele angesetzt hat, die dann nicht zum Tragen gekommen sind, weil ein Team sich geweigert hat, gegen das andere anzutreten. Man denke, berühmt berüchtigt, an den Nationenpokal, 1960 wurde die Europameisterschaft so genannt, als Spanien sich weigerte, gegen die UdSSR anzutreten."
Das Franco-Regime wollte nicht, dass die eigene Mannschaft nach Moskau reist, weshalb die Sowjetunion kampflos in die Endrunde des Wettbewerbs einzog. Generell bildet die Ära des Kalten Krieges eine Art Ausgangspunkt für die Überlegungen der UEFA, nicht auf Biegen und Brechen jede Paarung austragen zu wollen.
Und auch nach dem Ende des Kalten Krieges gibt es politische und militärische Spannungen in Europa – und der Fußball ist mittendrin. Ob Krieg in der Ukraine, Konflikt um die Bergkarabach-Region oder anhaltende Spannungen auf dem Balkan.
Das Vorgehen der UEFA hat seine Berechtigung, meint Politikwissenschaftler Jürgen Mittag: "Man muss sehen, dass in der Welt des Sports solche politischen Konflikte immer wieder zum Tragen kommen und dass es durchaus Sinn macht, solche gelenkten oder regulierten Auslosungen beziehungsweise Spielansetzungen zu berücksichtigen, wenn man in einer Situation oder Konstellation ist, dass potenziell gefährliche Entwicklungen, Konflikte oder Schlimmeres im Raume stehen würden, beziehungsweise das Spiel nicht unter ordnungsgemäßen Kriterien erfolgen kann."
Sport immer enormem politischen Druck ausgesetzt
Nun steht aber weder die UEFA im Fußball noch der Fußball in der Welt des Sports mit dieser Problematik allein da. Auch andernorts werden Wettkämpfe durch äußere Faktoren beeinträchtigt. Jürgen Mittag nennt ein Beispiel: "Was es immer wieder gegeben hat, sind Wettbewerbe, die unter Beteiligung von israelischen Sportlern ausgetragen worden sind – egal in welcher Disziplin, ob Mannschafts- oder Individualsportarten. Und wenn es zu Spielansetzungen oder Spielpaarungen von Israel gegen arabische Staaten kam, dann sah man sich mit dieser Problematik konfrontiert. Das hat letztendlich in der Konsequenz dazu beigetragen, dass Israel im Fußball-Fall die asiatische Konföderation verlassen hat und sich mehreren Konföderationen hintereinander angeschlossen hat, um dem aus dem Weg zu gehen."
Israel tritt mittlerweile in einigen Sportarten unter dem Dach der europäischen Kontinentalverbände an. Bei Olympischen Spielen weigern sich allerdings immer wieder Sportler, gegen israelische Athleten anzutreten. Derweil sagte Kanada kürzlich ein Fußball-Testspiel gegen den Iran aufgrund eines Flugzeugabschusses nahe Teheran im Jahr 2020 ab. Und das sind nur einige von vielen Anhaltspunkten, die zeigen, dass der Sport immer enormem politischen Druck ausgesetzt ist.