Archiv

Verbraucherschützer zu Biolebensmittel
Es gibt kein gutes Bio - schlechtes Bio

Mehr Biolebensmittel in Discountern verwässern nach Ansicht von Verbraucherschützerin Gertraud Huisinga nicht generell das Label Bio. Es sei auch dort gesichert, dass viele Punkte, die für Verbraucher wichtig seien, eingehalten würden, sagte sie im Dlf. Es gebe allerdings Unterschiede zwischen den verschiedenen Logos.

Gertraud Huisinga im Gespräch mit Sina Fröhndrich |
    Zu sehen ist ein Haufen Limetten. Auf einer Limette befindet sich ein Aufkleber mit dem Bio-Siegel.
    Auch Biolebensmittel aus dem Supermarkt müssen gentechnikfrei sein und es dürfen keine Pestizide verwendet worden sein (picture alliance / dpa / David Ebener)
    Sina Fröhndrich: Die Milch Bio – das Fleisch Bio, die Nudeln auch – und die Tomaten sowieso: Um diese Auswahl zu bekommen, müssen Verbraucher schon längst nicht mehr zum kleinen Fachhandel oder zum größeren Biosupermarkt gehen. Es reicht auch der Discounter oder Supermarkt. Aldi, Rewe und Co. dominieren inzwischen den Biomarkt. Zwei Drittel der Bio-Käufe werden hier gemacht. Bio wird mehr, ist das gut für die Verbraucher oder verwässert Discounter-Bio die Qualität – das habe ich besprochen mit Gertraud Huisinga von der Verbraucherzentrale Bremen, zwei Drittel der Biolebensmittel werden von Discountern und Supermärkten verkauft – ist es gut, dass Verbraucher jetzt überall fündig werden, wenn sie Wert auf Bio legen?
    Gertraud Huisinga: Ich finde, ja. Unsere Meinung ist da schon so, dass wir sagen, dass das eine gute Sache ist, wenn die Verbraucher tatsächlich Bio-Lebensmittel haben möchten, dass sie auch die im Supermarkt oder auch beim Discounter bekommen können.
    "Wir haben das EU-Bio-Logo für den ökologischen Anbau"
    Fröhndrich: Und wie bio ist das Bio, was man dort bekommt?
    Huisinga: Wie bio ist das Bio? Das ist genau die Frage. Und da sind die Verbraucher sich häufig uneins, oder es wird gesagt, nein, das ist aber nicht das gleiche. – Wir müssen unterscheiden. Wir haben das EU-Bio-Logo für den ökologischen Anbau. Dazu gehören genauso, dass es gentechnikfrei ist, dass keine Pestizide oder so etwas eingesetzt werden dürfen. Auch da muss es zu 95, wenn es geht sogar zu 98 Prozent Bio sein. Dort gibt es durchaus strenge Richtlinien.
    Wenn wir jetzt die anderen Anbauverbände haben wie Bioland, Demeter oder auch Naturland, dann ist das ganz was anderes. Das sind Verbände, wo die Landwirte sich bewerben und dort letzten Endes mit diesem Verband einen Vertrag abschließen, dass sie unter deren Logo anbauen möchten, und sie bekommen noch mal strengere Auflagen. Es dürfen keine Tiere zugekauft werden, es darf nur Futter aus dem eigenen Hof verwendet werden. Es gibt da eine ganze Reihe an Anforderungen, die dann dementsprechend eingehalten werden müssen. Das ist natürlich beim Bio-Siegel nicht der Fall.
    Bei Bio-Labels im Supermarkt auf die Herkunft achten
    Fröhndrich: Das heißt: Wenn ich als Verbraucherin jetzt wirklich Wert lege auf gute Tierhaltung, auf nachhaltige Ackerwirtschaft, vielleicht auch auf Nähe in der Herkunft, dann darf ich Bioprodukte nicht unbedingt im Supermarkt kaufen?
    Huisinga: Genau! Da hätten wir dann schon einige Abstriche zu machen. Gerade bei den Bio-Labels im Supermarkt ist es so, dass man da auch durchaus gucken sollte, woher kommt das Produkt. Mir ist das jetzt gerade aufgefallen, dass einfach viele Produkte aus Spanien kommen. Wir haben dort große Probleme mit dem Wasserhaushalt und dort werden die Biotomaten in Treibhäusern gehalten und es wird Wasser verbraucht, und man muss einfach sagen, da muss noch mal gezielter nachgefragt werden, woher kommt das Wasser, habt ihr eine Genehmigung für das Wasser für euren eigenen Brunnen, nicht dass da irgendwas angezapft wird, was nicht rechtens ist, und dass man da wirklich noch mal sagt: Ja, gut, es ist jetzt Sommer und es gibt viele der Lebensmittel, die jetzt auch schon saisonmäßig bei uns auf dem Markt sind, dass man auch sagen kann, die Verbraucher könnten auf den Wochenmarkt gehen. – Wir unterstützen nicht nur Bio-Lebensmittel, sondern auch das Saisonale und das Regionale.
    Fröhndrich: Mehr Bio in den Supermärkten. Was würden Sie sagen, verwässert das das Label Bio insgesamt?
    Huisinga: Nein, finde ich nicht, weil auch dort ist gesichert, dass viele Punkte eingehalten werden, die wichtig sind für uns als Verbraucher. Und es ist ja – das muss man einfach so sehen – ein Schritt in die Richtung, dass wir auch etwas nachhaltig für unsere Umwelt tun. Das muss natürlich noch verbessert werden und auch die EU-Kennzeichnungsverordnung, die EU-Ökoverordnung ist ja noch mal nachreguliert worden. 2020 sollen noch mal Neuerungen dazukommen, wo einfach noch mal ein bisschen mehr darauf geachtet wird auf tiergerechte Haltung und, dass man dort noch mal genau guckt, gibt es eine Bodenfruchtbarkeit, wird das noch mal wieder gewechselt, oder vielfältige Fruchtfolgen oder so etwas, dass man da wirklich noch mal gezielter guckt. Ich denke, das ist eine positive Entwicklung. Wir wollen ja eigentlich weg von der konventionellen Landwirtschaft, wo wir die Probleme haben, dass dort Fungizide, Herbizide eingesetzt werden. Das heißt, wir wollen natürlich auch die Artenvielfalt der Bienen, der Käfer und von sonstigem kleinen Getier aufrecht erhalten.
    "Auch im Kaufverhalten hat sich einiges getan"
    Fröhndrich: Welche Rolle spielt denn da das neue Tierschutz-Label, das dort geplant ist?
    Huisinga: Ja, das spielt natürlich schon eine ganz große Rolle, nämlich gerade, wenn es um Tierschutz geht, um Tierwohl-Label. Da bin ich der Meinung, da ist es so, dass darauf in den vergangenen Jahren sicherlich viel zu wenig geachtet wurde. Das ist natürlich schon bei den Bio-Labels so.
    Fröhndrich: Auch bei den Bio-Siegeln im Discounter?
    Huisinga: Ja, auch bei denen. Weil wenn sie das EU-Biosiegel haben, müssen sie diese Richtlinien einhalten. Nichts desto trotz: Kontrolle ist besser.
    Fröhndrich: Wenn wir jetzt noch mal auf die Läden schauen: Aldi sagt, sie sind inzwischen Bio-Marktführer. Gleichzeitig: Was passiert mit den Fachhändlern? Sehen wir da ein Sterben in Zukunft der Fachhändler, so wie wir es mal mit den Tante-Emma-Läden gesehen haben?
    Huisinga: Jein. Ich denke, es wird immer Verbraucher geben, die lieber in den Fachhandel gehen, weil sie dort wissen, dass sie eine Beratung bekommen. Nichts desto trotz ist es so, dass ich denke, auch im Kaufverhalten hat sich einiges getan. Wir haben eine ganz neue Generation, die sich anders informiert, übers Internet und teilweise auch übers Internet kauft.
    Fröhndrich: Und das ist ein bisschen die Generation Gemüsekiste, wie Sie sie gerade beschrieben haben.
    Huisinga: Ja, genau. Nichts desto trotz werden sicherlich Läden sterben, wie Sie sagen. Aber es wird auch immer wieder Läden geben, die dort Bestand haben.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.