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Sport in der Energiekrise
Energiesparen zur Existenzsicherung

Gas, Strom, Öl: Auch auf die Sportvereine kommen stark gestiegene Energiepreise zu. Der DOSB fordert sie deshalb auf, mindestens 20 Prozent Energie zu sparen. Einige Vereine merken: Das muss gar nicht schwierig sein.

Von Christian Stülpnagel |
Eine kleine Turnhalle mit Kindern beim Sport.
Kostenfaktor Turnhalle: Strom- und Heizkosten werden für vereine zum Problem. (imago stock&people / imago stock&people)
Wenn Boris Schmidt an die Energiekosten denkt, die ihn und seinen Sportverein erwarten, bekommt er ein mulmiges Gefühl: „Wir rechnen derzeit mit Mehrkosten per annum von Fünfhunderttausend bis einer Million Euro. Das können wir als Breitensportverein nicht allein wuppen.“ Rund 8000 Mitglieder hat seine TSG Bergedorf. Und einige kommen gar nicht mehr zum Sport treiben, sondern nur zum Duschen: „Weil sie zu Hause das Geld sparen wollen.“

Licht ausschalten, neue Heizung, kalt duschen

Geht es nach dem Deutschen Olympischen Sportbund, dann duschen diese Leute bald aber zumindest kalt. Denn der Dachverband fordert seine Mitgliedsverbände und die rund 90.000 Sportvereine in Deutschland dazu auf, mindestens 20 Prozent Energie zu sparen und hat hierfür Empfehlungen abgegeben. Darunter so profane Dinge wie „Licht ausschalten“, aber auch der Einbau regenerativer Heizungen. Oder eben: kurz und kalt duschen.
So will der Verband die Schließung von Schwimmbädern und Sporthallen durch die Politik verhindern. „Es ist wichtig, sich öffentlich so darzustellen, dass wir sagen: Der Sport trägt eine Verantwortung zum Energiesparen, der Sport ballert die Energie nicht sinnlos raus“, sagt David Kozlowski vom Landessportbund Berlin: „Wir sparen Energie, um eben den kompletten Lockdown zu verhindern. Gerade für Berlin wäre es die dritte große Sperrung von Sportanlagen innerhalb weniger Jahre.“

Von Corona in die nächste Krise

Nachdem Geflüchtete in Turnhallen untergebracht wurden und dann Corona-Lockdowns folgten könnte eine erneute Schließung die Vereine ihre Existenz kosten, sagt Kozlowski.
Das betont auch Boris Schmidt, der auch Vorstand des Freiburger Kreises ist, einem Zusammenschluss großer Sportvereine in Deutschland: Viele Vereine hätten sich von der letzten Krise noch nicht erholt, noch immer weniger Mitglieder als vor der Pandemie: „Wir sind bei weitem noch nicht da, wo wir vor der Pandemie waren, und die Kosten sind jetzt schon wieder voll vorhanden, und deshalb ist es noch immer ein Kraftakt für die Vereine, diese Krise, diese Pandemie zu überstehen und jetzt kommt die nächste hinzu.“
Dennoch müsse man als Verein jetzt Geld in die Hand nehmen und energetisch sanieren, fordert Schmidt.

„Energetisch der Wahnsinn“

Sportvereine können aber auch ohne große Investitionen in die Infrastruktur Energie sparen, das zeigt die Sportvereinigung Feuerbach: „Der Ansatz ist ein geringinvestiver“, sagt Benjamin Haar, Geschäftsführer des Stuttgarter Vereins. Dort haben sie mit Hilfe eines Beraters den Energieverbrauch analysiert: „Es kommen dadurch Fehler zu Tage, wenn man merkt, warum springt nachts die Heizung an? Als Beispiel bei unserer Turnhalle: Je stärker man Luft hinzugefügt hat, wurde in gleichem Maße warme Luft am Dach wieder herausgeblasen. Energetisch natürlich der Wahnsinn.“
Seit die Sportvereinigung Feuerbach solche Schwachstellen aufdeckt, hat sie ihren Energieverbrauch um rund 25 Prozent gesenkt – ganz ohne kalte Duschen und unbeheizte Sporthallen. Benjamin Haar rät auch anderen Vereinen, einfach mal zu messen, wo sie am meisten Energie verbrauchen und ob das wirklich notwendig ist: „Da gibt es Kühlschränke, wo man sich Getränke ziehen kann. Da wirft man Geld rein und bekommt irgendwie ein gekühltes Getränk. Das sind Geräte, die brauchen ein paar hundert Watt. Und wenn man das auf’s Jahr hochrechnet, entstehen da mehrere hundert Euro Stromkosten.“

Energiecontrolling kann 15 Prozent Energie sparen

Michael Müller von der Unternehmensberatung CO2-Partner berät Sportvereine dazu, wie sie ihren Energieverbrauch senken können. 20 Prozent Einsparungen, wie der DOSB sie gerne von den Vereinen hätte, sind aus seiner Sicht machbar: „Viele Vereine haben zum Beispiel noch alte Heizungsanlagen, die 15 Jahre oder älter sind. Und ein Austausch einer solcher Anlage bringt einem bereits eine Einsparung ab 20 Prozent.“
Das koste zwar viel Geld, spare aber im besten Falle bis zur Hälfte der aktuellen Kosten. Aber auch durch die einfache Veränderung in der Nutzung könne man viel Energie sparen: „Anfangen würde ich mit einem einfachen Energiecontrolling, einfach mal die Energiekosten der vergangenen Jahre in eine Excel-Tabelle eintragen und schauen, wie hat sich der Verbrauch entwickelt. Unsere Erfahrung ist: Zwischen 10 und 15 Prozent kann man auch durch ein verändertes Nutzungsverhalten einsparen.“

„Wir werden nicht mit einem blauen Auge davonkommen“

Das Problem: Viele Vereine werden ehrenamtlich geführt, und da fehle für eine Analyse des Energieverbrauchs meist schlicht die Zeit. Vor allem jetzt, wo bei den meisten Vereinen die neue Trainingssaison startet. Für sie sind die Energiekosten eine echte Bedrohung, sagt David Kozlowski vom Landessportbund Berlin: „Wenn die Politik nicht hilft, dann gehen viele Vereine pleite.“
Nach seiner Berechnung brauchen allein die Berliner Vereine rund acht Millionen Euro vom Land, um die größten Kosten abzufedern. Auf den kommenden Winter schaut Kozlowski mit Sorge: „Ich bin skeptisch. Ich glaube nicht, dass wir mit einem blauen Auge davonkommen werden.“