"Für mich ist die Frage, wie viele Flüchtlinge wir ins Land lassen, unabhängig von diesem Vorkommnis", sagte der Obmann der Unionsfraktion im Innenausschuss des Bundestags. Gestern waren drei mutmaßliche IS-Terroristen in Deutschland festgenommen worden. Sie sollen einen Anschlag in Düsseldorf geplant haben.
Entscheidend sei, dass die kontrolliert würden. Der Fall zeige, dass es wichtig sei, genau hinzuschauen, wer nach Deutschland wolle. Schuster sagte weiter, es habe eine Phase gegeben, in der die Möglichkeiten, mit falschen Identitäten zu arbeiten, Chancen eröffnet habe. "Das haben wir mittlerweile alles abgestellt." Mit dem Flüchtlingsausweis sei das Problem gelöst.
Der CDU-Politiker betonte, die jetzt Verdächtigen seien 2014 und Anfang 2015 ins Land gereist. "Das sind sehr frühe Einreisen." Die Sicherheitsbehörden haben aus Sicht von Schuster richtig gehandelt. Bei der Vielzahl an Hinweisen, die es täglich gebe, hätte die Information aus Frankreich auch durch das Raster fallen können.
Das Interview in voller Länge:
Christiane Kaess: Sollte sich der Verdacht bestätigen, wäre das das erste Mal, dass die Terrormiliz Islamischer Staat einen Anschlag in Deutschland konkret geplant hat und umsetzen wollte. Gestern wurden drei Männer festgenommen, die aus Syrien kommen. Sie sollen als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sein. Ist das jetzt Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten, die genau vor diesem Szenario gewarnt haben? Auf der anderen Seite warnt die Gewerkschaft der Polizei davor, die Flüchtlinge jetzt unter Generalverdacht zu stellen.
Darüber sprechen möchte ich jetzt mit Armin Schuster von der CDU. Er ist Obmann der Union im Innenausschuss des Bundestages. Guten Tag, Herr Schuster.
Armin Schuster: Guten Tag, Frau Kaess.
"Dass wir die Grenzen kontrollieren, ist für mich das Entscheidende"
Kaess: Muss sich die CDU jetzt endgültig dem Vorwurf stellen, der ja von der CSU kommt und noch schärfer von den Rechtspopulisten der AfD, Angela Merkel hat die Grenzen für alle geöffnet und ist damit ein nicht überschaubares Sicherheitsrisiko eingegangen?
Schuster: Das ist eine penibel vorbereitete Operation, vermute ich, vom IS. Es ist vielleicht auch ein bisschen Show of Forces, was können wir und wie können wir euch nahekommen. Und dafür kann der IS natürlich viele Wege nutzen. Dabei ist es völlig egal, wie viele Flüchtlinge wir ins Land lassen; die Möglichkeit durch einen guten Schleuser, zwei oder drei IS-Aktivisten bei uns ins Land zu bringen, unter welcher Legende auch immer, hat nichts mit dem Flüchtlingsströmen zu tun. Ich könnte Ihnen X andere Schleusenlegenden nennen, die die hätten auch wählen können. Dass sie die jetzt legendieren als Flüchtlinge ist nichts anderes, um uns gesellschaftlich zu destabilisieren. Genau die Frage, die Sie mir stellen, will der IS, dass das bei uns, dieses Gift platzgreift, und dem müssen wir uns stellen.
Kaess: Aber noch mal konkret zurück zu meiner Frage. Die Tatsache, dass Angela Merkel die Grenzen geöffnet hat, hat nichts damit zu tun, dass wir jetzt ein höheres Sicherheitsrisiko haben?
Schuster: Dass wir die Grenzen kontrollieren, ist für mich das Entscheidende. Für mich ist die Frage, wie viele Flüchtlinge wir ins Land lassen, unabhängig von diesem Vorkommnis. Für mich ist die Frage: Wenn wir diese humanitäre Verantwortung wahrnehmen, politisch entschieden, halte ich auch nicht für falsch. Ich bin ja selber jemand, der teilweise im Dissens mit der Bundeskanzlerin war. Meine Frage war immer: Wie konsequent wissen wir an der deutschen Außengrenze, wer ins Land kommt. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass wir die Frage der Grenzkontrollen jetzt deutlich verlängert haben. Auch dieser Fall zeigt wieder, wie wichtig es ist, genau hinzuschauen, wer will bei uns ins Land. Im Übrigen beneide ich nicht die Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration, die im Prinzip die Quadratur des Kreises schaffen müssen, möglichst schnell bearbeiten, aber auch möglichst sicher herausfinden, wer sitzt da eigentlich vor mir.
"Wir haben Sicherheitsbehörden, die sehr aufmerksam sind"
Kaess: Darüber können wir gleich noch genau sprechen, Herr Schuster. Aber noch mal zurück zu der Frage. Der Fall jetzt zeigt allerdings auch, dass wir eben nicht wissen, wer genau ins Land gekommen ist.
Schuster: Ja. Wir hatten eine Phase, das sehe ich auch so, wo zumindest die Möglichkeit, über seine Identität zu täuschen, mit falschen Pässen zu arbeiten, Chancen eröffnet hat. Das haben wir ja mittlerweile alles abgestellt. Die Fragen des Flüchtlingsausweises, die Registrierung, alles was wir an der Grenze beziehungsweise im Aufnahmeverfahren machen, baut jetzt solchen Fällen vor. Nur dieser Fall: Übrigens da ist ja schon der erste 2014 eingereist, also deutlich vor dem Flüchtlingszustrom, von dem Sie sprechen. Selbst die, die nachgereist sind, kamen Anfang 2015. Da hat noch keiner in Deutschland über eine Flüchtlingswanderung gesprochen. Das sind sehr frühe Einreisen, was auch verdeutlicht, Du hast letztendlich nicht immer eine Chance. Aber was wir haben, und das belegt sich ja an dem Fall: Wir haben Sicherheitsbehörden, die sehr aufmerksam sind und unter den Unmengen von Hinweisen, die jeden Tag bei uns in Deutschland eingehen, auf mögliche Gefährdungen den richtigen rauszugreifen, ernst zu nehmen und dann so konsequent zuzuschlagen, wie das die Bundesanwaltschaft jetzt gemacht hat, das darf einen auch mal beruhigen. Das gibt auch mal ein Gefühl von Sicherheit. Sie wissen, wieviel andere Länder das Problem haben, dass sie Hinweise nicht ernst genommen haben. Das ist jetzt bei uns nicht passiert.
Kaess: Aber, Herr Schuster, wenn man jetzt die Arbeit der Sicherheitsbehörden so hoch lobt, und das tun ja jetzt einige, Sie haben es jetzt auch gemacht, dann muss man aber auch ganz klar dazu sagen, in dem Fall war es so, dass ein Verdächtiger in Frankreich sich gestellt hat. Da haben ja die Sicherheitsbehörden eigentlich an sich auf Eigeninitiative gar nichts herausgefunden.
Schuster: Ich möchte Ihnen insoweit widersprechen, dass es genügend Fälle gibt, nicht in Deutschland, aber bei unseren Nachbarn, wo genau solche Hinweise, wie wir sie jetzt aus Frankreich bekommen haben, gar nicht schnell genug ernst genommen wurden. Ich darf nicht in die Details gehen, aber der Hinweis aus Frankreich hätte bei den vielen Hinweisen, die unsere Behörden sowieso kriegen, durchaus auch durchs Raster fallen können, weil so was gibt es häufig. Da gibt es Wichtigtuer, da gibt es Dinge, die gar nicht stimmen, die da behauptet werden. In dem Fall ist es aber in Deutschland, wie es üblich ist, ernst genommen worden. Man hat die richtigen Maßnahmen getroffen und dann ist es auch zum Erfolg gekommen. Die wurden ja seit Monaten überwacht.
"Wir haben innenpolitisch unglaublich viel auf den Weg gebracht"
Kaess: Bei der Überwachung ist allerdings nichts festgestellt worden. Das muss man auch dazu sagen. - Herr Schuster, noch die Frage: Welche Konsequenzen soll das Ganze jetzt haben? Es gibt bereits die Forderung, alle Flüchtlinge sollten sich einer Sicherheitsprüfung unterziehen. Ist das überhaupt möglich?
Schuster: Die Sicherheitsüberprüfung, die gibt es natürlich nicht. Aber es gibt eine Überprüfung, von der ich davon ausgehe, dass sie wirklich gut läuft. Das ist aber auch ein Appell. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss natürlich bei der Identitätsfeststellung dieser Asylbewerber sehr genau hinschauen. Das ist nicht einfach. Dem widmen wir uns übrigens gerade auch innenpolitisch. Der Frage, klappt das unter der Geschwindigkeit und dem Druck, den wir auf das BAMF machen. Die Frage der Grenzkontrollen haben wir entschieden, führen wir fort. Wie richtig das ist, beweist dieser Fall. Die Anti-Terror-Paket-Maßnahmen, die wir kommende Woche das erste Mal beraten, gehen genau in die richtige Richtung, Stichwort verdeckte Ermittler für die Bundespolizei in Richtung Schleusungskriminalität. Wir müssen jetzt nicht aktionistisch werden. Wir haben innenpolitisch unglaublich viel auf den Weg gebracht, sind schon vorbereitet auf das nächste Paket, ohne diesen Vorfall. Deswegen sage ich mal, wir sind aufgestellt. Wir überwachen auch. Ich bin ja Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums und kann Ihnen nicht von allem berichten, aber Sie können auch davon ausgehen, dass unsere Sicherheitsbehörden sehr sensibel sind dafür, welche Anwerbeversuche in Flüchtlingsheimen stattfinden.
Kaess: … sagt Armin Schuster von der CDU. Er ist Obmann der Union im Innenausschuss des Bundestages. Herr Schuster, danke für dieses Gespräch heute Mittag.
Schuster: Ich danke Ihnen.
Kaess: Auf Wiederhören.
Schuster: Auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.