Weniger Fleisch essen, mit dem Zug fahren und auf den Wegwerfbecher verzichten – das sind die gängigen Maßnahmen, die Menschen heute treffen, um den Klimawandel aufzuhalten. Es gibt jedoch auch Menschen, denen das zu wenig ist: Die sogenannten Antinatalisten fordern, dass wir in Zukunft keine oder deutlich weniger Kinder bekommen sollten. Der Umwelt zuliebe.
Die Idee wird mittlerweile in Talkshows, wissenschaftlichen Studien und philosophischen Essays diskutiert, Promis verkünden öffentlich, dass sie sich bewusst gegen Kinder entschieden haben – und im Netz wird unter dem Hashtag #Birthstrike dazu aufgerufen, das mit dem Kinderkriegen in Zukunft lieber bleiben zu lassen.
Doch wie sinnvoll ist diese Forderung? Darüber diskutieren Verena Brunschweiger und Nina Pauer.
Verena Brunschweiger ist Lehrerin, Publizistin und überzeugte Nicht-Mutter. 2019 erschien ihr Buch "Kinderfrei statt kinderlos" – ein Manifest gegen das Kinderkriegen. Sie begründet ihre Position darin unter anderem mit dem Klimaschutz.
"Als Ökofeministin muss ich sagen, dass Reproduktion durchaus eine der größten Umweltsünden darstellt. Bekanntlich bringt der Verzicht auf ein Kind weit mehr als alle anderen individuellen möglichen Beiträge zum Klimaschutz. So etwas wie Flugreisen oder Fleischkonsum wird wenigstens diskutiert, aber die Kinderfreiheit als wertvollste Aktion wird vor allem bei uns in Deutschland immer noch zu stark tabuisiert."
Nina Pauer ist Journalistin, Autorin und "ZEIT"-Redakteurin. Sie hält das Kinderkriegen auch in Zeiten des Klimawandels für völlig legitim und sieht die Antinatalismus-Bewegung sehr kritisch.
"Wenn jemand individuell sagt, er oder sie möchte wegen des Klimawandels keine Kinder kriegen, dann kann er oder sie das natürlich tun. In dem Moment, wo das aber kollektiv gedacht wird, oder als Forderung formuliert wird, halte ich das für höchst problematisch und auch für absurd. Denn man kann die Menschen auf der Welt nicht dazu überreden, keine Kinder mehr zu kriegen. Daher ist das für mich eine Theorie, ein Gedankenkonstrukt. Und ich finde, wir haben keine Zeit, uns solchen Denkfiguren hinzugeben. Wir sollten lieber darüber nachdenken, was wir konkret gegen den Klimawandel tun."