Peter Kapern: Der erste Versuch endete für Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat in einem Debakel. Das war 2003, als der Vorstoß, die NPD als verfassungswidrige Partei verbieten zu lassen, schon im Ansatz scheiterte. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts stellte das Verfahren damals ein, nachdem bekannt geworden war, dass sich das Beweismaterial teilweise auf Aussagen von V-Leuten der Verfassungsschutzämter stützte. Die mutmaßliche Verbindung von NPD-Funktionären zur rechten Terrorzelle NSU hat ein mögliches NPD-Verbot nun erneut auf die Tagesordnung gebracht. Heute Nachmittag befassen sich die Innenminister der Länder mit dem Thema auf ihrer Herbstkonferenz.
Mitgehört hat Professor Wolfgang Löwer, Verfassungsrechtler an der Universität in Bonn. Guten Tag, Herr Löwer.
Wolfgang Löwer: Guten Tag, Herr Kapern.
Kapern: Wir haben es gerade gehört, Herr Löwer: Die Politik ist durchaus nicht einer Meinung, was die Erfolgsaussichten eines neuen Verbotsverfahrens angeht. Wie schätzen Sie die ein?
Löwer: Ich kann sie gar nicht einschätzen, weil an diesen Beiträgen ist an allen sozusagen etwas richtig und an allen etwas ungenau. Erfolgsaussichten einschätzen kann man, wenn man das Material kennt. Dazu müssen die Verfassungsschutzunterlagen aller Verfassungsschutzämter gesichtet werden und überlegt werden, was kann davon vorgelegt werden, was kann davon nicht vorgelegt werden. Und wenn man das Material kennt, dann kann man die Frage entscheiden, ob ein Verbotsantrag gestellt wird oder nicht. Jetzt kann nur entschieden werden zu prüfen, ob einer mit Erfolgsaussichten gestellt werden kann.
Kapern: Was müsste man denn genau der NPD nachweisen, um ein erfolgreiches, möglicherweise erfolgreiches Verbotsverfahren in die Wege zu leiten?
Löwer: Wenig kompliziert ist eigentlich der Nachweis, dass sie sich außerhalb dessen bewegt, was die Verfassung als freiheitlich-demokratische Grundordnung bezeichnet. Dass sie also verfassungsfeindliche, extremistische und verbotsfähige Ziele programmatisch verfolgt, war jedenfalls beim ersten Antrag 2003 nicht so schwierig nachzuweisen. Das wird sich nicht wesentlich geändert haben. Das eigentliche Problem ist, dass sie ja aggressiv-kämpferisch darauf ausgehen muss, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen, und das aggressiv-kämpferische als ihr eigenes Tun der NPD nachzuweisen, das ist das Problem.
Kapern: Ist das auch dann noch ein Problem, wenn ehemaligen NPD-Funktionären nachgewiesen werden kann, dass sie die Terrorzelle NSU unterstützt haben?
Löwer: Ja. Wenn der Partei nachgewiesen werden kann, dass sie unterstützt hat, ...
Kapern: Aber wer ist die Partei? Sind das dann nicht die Funktionäre?
Löwer: Wenn das also Funktionäre tun, ist die Zurechnung sehr naheliegend. Wenn das nur Mitglieder tun, dann kommt es auf die Frage an, hätten die sich eventuell auch mal distanzieren müssen, hätten die nicht merken müssen, dass dieses Mitglied sogar außerhalb ihrer eigenen Konzeptionen steht, sozusagen noch weiter extremistisch als sie selbst, muss man sich von solchen Mitgliedern nicht distanzieren und so weiter. Bei Funktionärsverhalten gehen wir davon aus, dass das zurechenbar ist. Aber insofern müssen wir eben auch die Akten kennen, ob es überhaupt Funktionäre gibt, die diese Gruppe und die Kameradschaften und so weiter unterstützt haben.
Kapern: Es wird ja immer wieder ein weiteres Argument genannt, nämlich die Abwehr von akuter Gefahr. Die könne man geltend machen und damit schneller zu einem NPD-Verbot kommen. Ist da was dran?
Löwer: Nein. Davon steht nichts in der Verbotsnorm drin. Es muss keine akute Gefahr vorliegen. Dann wäre ja zweifelhaft, ob man die überhaupt je verbieten könnte, denn von denen geht doch keine akute Gefahr für den Bestand der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aus.
Kapern: Aber vielleicht für Menschen im Lande, wenn sie rechtsextremistische Terroristen mit Waffen ausstatten?
Löwer: Dann muss man dieses mit den Waffen ausstatten verbieten, oder dagegen einschreiten, und dann ist natürlich ein Verbotsverfahren relativ leicht zu führen. Aber akute Gefahr ist kein Tatbestandsmerkmal einer Beweiserleichterung.
Kapern: Professor Wolfgang Löwer war das, Verfassungsrechtler an der Universität in Bonn, zu den Überlegungen der Innenminister, ein neues NPD-Verbotsverfahren auf den Weg zu bringen. Herr Löwer, ich bedanke mich vielmals für Ihre Einschätzungen. Auf Wiederhören!
Löwer: Gerne! Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mitgehört hat Professor Wolfgang Löwer, Verfassungsrechtler an der Universität in Bonn. Guten Tag, Herr Löwer.
Wolfgang Löwer: Guten Tag, Herr Kapern.
Kapern: Wir haben es gerade gehört, Herr Löwer: Die Politik ist durchaus nicht einer Meinung, was die Erfolgsaussichten eines neuen Verbotsverfahrens angeht. Wie schätzen Sie die ein?
Löwer: Ich kann sie gar nicht einschätzen, weil an diesen Beiträgen ist an allen sozusagen etwas richtig und an allen etwas ungenau. Erfolgsaussichten einschätzen kann man, wenn man das Material kennt. Dazu müssen die Verfassungsschutzunterlagen aller Verfassungsschutzämter gesichtet werden und überlegt werden, was kann davon vorgelegt werden, was kann davon nicht vorgelegt werden. Und wenn man das Material kennt, dann kann man die Frage entscheiden, ob ein Verbotsantrag gestellt wird oder nicht. Jetzt kann nur entschieden werden zu prüfen, ob einer mit Erfolgsaussichten gestellt werden kann.
Kapern: Was müsste man denn genau der NPD nachweisen, um ein erfolgreiches, möglicherweise erfolgreiches Verbotsverfahren in die Wege zu leiten?
Löwer: Wenig kompliziert ist eigentlich der Nachweis, dass sie sich außerhalb dessen bewegt, was die Verfassung als freiheitlich-demokratische Grundordnung bezeichnet. Dass sie also verfassungsfeindliche, extremistische und verbotsfähige Ziele programmatisch verfolgt, war jedenfalls beim ersten Antrag 2003 nicht so schwierig nachzuweisen. Das wird sich nicht wesentlich geändert haben. Das eigentliche Problem ist, dass sie ja aggressiv-kämpferisch darauf ausgehen muss, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen, und das aggressiv-kämpferische als ihr eigenes Tun der NPD nachzuweisen, das ist das Problem.
Kapern: Ist das auch dann noch ein Problem, wenn ehemaligen NPD-Funktionären nachgewiesen werden kann, dass sie die Terrorzelle NSU unterstützt haben?
Löwer: Ja. Wenn der Partei nachgewiesen werden kann, dass sie unterstützt hat, ...
Kapern: Aber wer ist die Partei? Sind das dann nicht die Funktionäre?
Löwer: Wenn das also Funktionäre tun, ist die Zurechnung sehr naheliegend. Wenn das nur Mitglieder tun, dann kommt es auf die Frage an, hätten die sich eventuell auch mal distanzieren müssen, hätten die nicht merken müssen, dass dieses Mitglied sogar außerhalb ihrer eigenen Konzeptionen steht, sozusagen noch weiter extremistisch als sie selbst, muss man sich von solchen Mitgliedern nicht distanzieren und so weiter. Bei Funktionärsverhalten gehen wir davon aus, dass das zurechenbar ist. Aber insofern müssen wir eben auch die Akten kennen, ob es überhaupt Funktionäre gibt, die diese Gruppe und die Kameradschaften und so weiter unterstützt haben.
Kapern: Es wird ja immer wieder ein weiteres Argument genannt, nämlich die Abwehr von akuter Gefahr. Die könne man geltend machen und damit schneller zu einem NPD-Verbot kommen. Ist da was dran?
Löwer: Nein. Davon steht nichts in der Verbotsnorm drin. Es muss keine akute Gefahr vorliegen. Dann wäre ja zweifelhaft, ob man die überhaupt je verbieten könnte, denn von denen geht doch keine akute Gefahr für den Bestand der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aus.
Kapern: Aber vielleicht für Menschen im Lande, wenn sie rechtsextremistische Terroristen mit Waffen ausstatten?
Löwer: Dann muss man dieses mit den Waffen ausstatten verbieten, oder dagegen einschreiten, und dann ist natürlich ein Verbotsverfahren relativ leicht zu führen. Aber akute Gefahr ist kein Tatbestandsmerkmal einer Beweiserleichterung.
Kapern: Professor Wolfgang Löwer war das, Verfassungsrechtler an der Universität in Bonn, zu den Überlegungen der Innenminister, ein neues NPD-Verbotsverfahren auf den Weg zu bringen. Herr Löwer, ich bedanke mich vielmals für Ihre Einschätzungen. Auf Wiederhören!
Löwer: Gerne! Auf Wiederhören!
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