Archiv

Landesverband
Verfassungsschutz stuft AfD Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistisch ein

In Sachsen-Anhalt stuft der Verfassungsschutz den Landesverband der AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung ein. Das teilte Behördenleiter Hollmann mit, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Die Behörde habe dafür zahlreiche muslimfeindliche, rassistische und auch antisemitische Aussagen von Funktions- und Mandatsträgern ausgewertet.

    Das AfD-Parteilogo ist beim Bundesparteitag in der Magdeburger Messe zu sehen.
    AfD Sachsen-Anhalt laut Landesamt für Verfassungsschutz gesichert rechtsextrem (Symbolbild). (dpa / Carsten Koall)
    Bereits seit 2021 ist der sachsen-anhaltische AfD-Landesverband vom Landesverfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft. Seitdem habe der Verfassungsschutz weitere umfangreiche Informationen gesammelt, die nicht mit Menschenwürde, Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip vereinbar seien, so Hollmann. Nach deren Auswertung könne und müsse der Landesverband als gesichert extremistisch eingestuft werden. Dies gibt den Verfassungsschützern nun einen breiteren Ermessensspielraum bei der Wahl der nachrichtendienstlichen Mittel. Wörtlich erklärte Hollmann: "Der Landesverband vertritt nicht nur weiterhin verfassungsfeindliche Positionen, die zur Einstufung als Verdachtsfall geführt hatten, sondern hat sich vielmehr seit der Corona-Pandemie derart radikalisiert, dass eine systematische Beobachtung unter Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gerechtfertigt ist."

    Menschenunwürdige Wortwahl und Verächtlichmachung

    Der Verfassungsschutz fand demnach beim AfD-Landesverband Äußerungen, die mit der Menschenwürde unvereinbar sind. Es werde deutlich, dass die AfD Sachsen-Anhalt die Ausgrenzung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Religion fordere. Führende Vertreter bedienten sich einer dämonisierenden Wortwahl, indem sie Migranten beispielsweise als "Invasoren", "Eindringlinge" oder "kulturfremde Versorgungsmigranten" diffamierten. Zudem strebt die AfD Sachsen-Anhalt nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie in ihrer derzeitigen Form an. Vertreter seien bestrebt, das demokratische Prinzip der Bundesrepublik Deutschland sowie seine Institutionen und deren Vertreter verächtlich zu machen, um das Vertrauen der Bevölkerung in diese fundamental erodieren zu lassen.
    Die sachsen-anhaltische AfD ist nunmehr der zweite derartig eingestufte Landesverband. In Thüringen hatte der Landesverfassungsschutz die AfD mit ihrem umstrittenen Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke schon im März 2021 als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD als Ganzes eine Stufe darunter eingeordnet, nämlich als rechtsextremistischen Verdachtsfall.

    AfD kündigt juristische Schritte an

    In Sachsen-Anhalt sitzt die AfD als stärkste Oppositionspartei im Landtag. Das Bundesland mit etwa 2,2 Millionen Einwohnern wird von einer Koalition aus CDU, SPD und FDP regiert. AfD-Landesschef Martin Reichardt kündigte eine juristische Prüfung an. "Wir werden gegen diese Einstufung die notwendigen juristischen Schritte einleiten. Der Landesvorstand wird dazu in der kommenden Woche beraten", sagte Reichardt der Deutschen Presse-Agentur. "Ich sehe eine klare politische Motivation des Verfassungsschutzes. Unsere Umfragewerte gehen nach oben, die Mitgliederzahlen gehen nach oben, wir haben 2024 Kommunal- und Europawahl: Deshalb legt der von der Regierung instrumentalisierte Verfassungsschutz nach. Wir aber sind eine durch und durch demokratische Partei, die Vorwürfe gegen uns sind haltlos." AfD-Co-Fraktionschef Oliver Kirchner fügte hinzu: "Es interessiert mich nicht, was der Verfassungsschutz behauptet." Er verwies darauf, dass seine Partei in einer Wählerumfrage erst kürzlich an der CDU vorbeigezogen sei. Die Einschätzung sei politisch motiviert, das Innenministerium werde von der CDU geführt, so Kirchner.

    Zustimmung in anderen Parteien

    Die Fraktionschefin der Linken im Landtag, Eva von Angern, sagte, sie sei nicht überrascht von der Entscheidung. "Überall in Sachsen-Anhalt erleben wir regelmäßig, wie diese Partei Grund- und Menschenrechte mit Füßen tritt." Rüdiger Erben, innenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion erklärte: "Ich kann die Einstufung und die Erklärung des Verfassungsschutzes nachvollziehen." Das Problem des Rechtsextremismus werde durch die Einstufung des Verfassungsschutzes aber nicht gelöst. "Als demokratische Zivilgesellschaft können wir alle jeden Tag in unserem Alltag etwas tun, um Menschen in unserem Umfeld für das Erkennen hohler Parolen zu sensibilisieren und Menschen, die sich Rechtsextremismus entgegenstellen, den Rücken zu stärken." Die Landesvorsitzende der Grünen in Sachsen-Anhalt, Madeleine Linke, schrieb auf der Online-Plattform X, nun sei bestätigt, was alle schon lange gewusst hätten: Die AfD gehe von der Ungleichwertigkeit von Menschen aus, verharmlose den Nationalsozialismus und habe eine starke Affinität zu diktatorischen Regierungsformen. Der CDU-Fraktionsvorsitzender Guido Heuer sagte der Deutschen Presse-Agentur, man werde sich die Begründung der Entscheidung anschauen und das in Ruhe in der Fraktion besprechen. "Wir sind froh, dass dieses Land einen Landesverfassungsschutz hat", fügte Heuer hinzu.
    Diese Nachricht wurde am 07.11.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.