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Verfassungsschutzbericht
Weniger rechte Gewalt, mehr Reichsbürger

Schon vor der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichtes durch Bundesinnenminister Horst Seehofer ist klar: Es gibt immer mehr sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter. Der G-20-Gipfel 2017 brachte mehr linksextremistische Gewalt, rechte Übergriffe dagegen sanken leicht.

Von Gudula Geuther |
    Das Symbolbild zeigt Reichsbürger-Pässe mit der Aufschrift "Deutsches Reich".
    Reichsbürger verwenden teilweise Pässe mit der Aufschrift "Deutsches Reich". (imago / Christian Ohde)
    Der Verfassungsschutzbericht gibt die Entwicklung des Vorjahres wieder. Dementsprechend sind einige der Kernfakten bei der Veröffentlichung schon bekannt. Das gilt erst recht in diesem Jahr, wo Bundesinnenminister Host Seehofer die Vorstellung des Berichts wegen des unionsinternen Asylstreits zwei Mal verschoben hatte.
    Bekannt ist die Zahl der islamistischen Gefährder, die mit 770 hoch ist. Allerdings rechnet der Verfassungsschutz hier anders als die Polizeien der Länder, auf die sich das Bundeskriminalamt beruft. Trotzdem lassen sich aus den Entwicklungen, die die Polizei beschreibt, auch Rückschlüsse auf extremistische Tendenzen ziehen.
    Zunahme linksextremistischer Gewalt
    Das gilt auch für den Rechts- und Linksextremismus. Schon im Mai betonte Bundesinnenminister Horst Seehofer, die Zahl der Gewalttaten aus dem rechtsextremistischen Milieu sei auf hohem Niveau zurückgegangen. "Hatten wir im Jahr 2016 noch 995 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, waren es im letzten Jahr noch 312. Damit liegen die Zahlen wieder auf einem ähnlichen Niveau wie vor der starken Zuwanderung in den Jahren 2015 und 16."
    Deutlich zugenommen hat dagegen die linksextremistische Gewalt, auch diese Zahlen hatte Seehofer im Mai vorgestellt. "Die Taten sind um mehr auf 15 Prozent auf 1.967 gestiegen. Hier muss man deutlich dazusagen: Der Anstieg ist maßgeblich auf die im Kontext des G20-Gipfels begangenen links motivierten Gewaltausbrüche zurückzuführen. Allein 959 Gewaltdelikte wurden in unmittelbarem Zusammenhang mit dem G20-Gipfel in Hamburg begangen."
    Dabei waren unter den Gewalttätern von Hamburg mutmaßlich viele, die dafür angereist sind und an sich nicht zur inländischen Szene gehören. Trotzdem nannte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen die Gewaltbereitschaft von links vor wenigen Wochen besorgniserregend. Der in der linksextremistischen Szene lange geltende Konsens, dass Gewalt abzulehnen sei, erodiere zusehens. Um mehr als ein Viertel ist nach Zahlen des Verfassungsschutzes das gewaltorientierte Personenpotenzial in den vergangenen fünf Jahren gestiegen, auf 9000 2017.
    Polizei fordert Entwaffnung von Reichsbürgern
    In Verfassungsschutzberichten ein noch junges Phänomen sind die Reichsbürger. Daten hierzu hatte der Verfassungsschutzpräsident im Januar bekannt gegeben. Die Bild-Zeitung gibt sie heute wieder. Demnach ist die Zahl der Rechtsbürger und so genannten Selbstverwalter innerhalb einen Jahres von 10.000 auf 16.500 gestiegen. Das allerdings kann auch daran liegen, dass die Aufmerksamkeit der Behörden für diese Gruppe neu ist und möglicherweise deshalb immer mehr Mitglieder ins Visier geraten. Die Szene ist ausgesprochen heterogen. Beide Gruppen akzeptieren die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und auch ihrer Staatsgewalt nicht, die Angehörigen der Szene ziehen aber daraus ganz unterschiedliche Konsequenzen.
    Um die 900 von ihnen stuft der Verfassungsschutz als rechtextrem ein, diese Gruppe hatten die Behörden schon vorher auf dem Schirm. Die Bild-Zeitung zitiert den Bericht nun mit der Aussage, die Szeneangehörigen seien bereit, ihre Waffen für schwerste Gewalttaten einzusetzen. Bisher waren die Sicherheitsbehörden dagegen davon ausgegangen, dass solche allgemeinen Aussagen schwierig sind. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, betont heute, in die Hände dieser Menschen gehörten keine Waffen. Er fordert – neben Personal für die Sicherheitsbehörden – praxistaugliche und verfassungsrechtlich unbeanstandete Gesetze um Szeneangehörige zu entwaffnen.