Nigel Farage, eines der Gesichter der Brexit-Kampagne, hatte in einer Ausgabe seiner vier Mal wöchentlich stattfindenden Radiosendung auf dem privaten Sender LBC gesagt, Schweden habe anteilsmäßig mehr junge männliche Migranten als jedes andere Land in Europa aufgenommen. Es habe einen dramatischen Anstieg an sexueller Gewalt gegeben, sodass Malmö nun die "Vergewaltigungshauptstadt Europas, vielleicht sogar der ganzen Welt" sei. Die schwedischen Medien jedoch würden nicht darüber berichten.
Experten widersprachen Farage im Anschluss - unter anderem Philip N. Cohen, Soziologe an der Universität Maryland, der in einem Schaubild aufzeigte, dass die Zahl der Vergewaltigungen in Schweden zwar angestiegen sei - allerdings bereits 2004 und damit acht Jahre, bevor sch die Zahl der Flüchtlinge erhöhte.
Cohen begründet den Anstieg der Vergewaltigungen auch damit, dass die Art der Registrierung geändert wurde - in Schweden zählt jeder Vergewaltigungsakt separat, auch wenn Täter und Opfer gleich bleiben, die Tat sich aber wiederholt. Auch Vergewaltigung in der Ehe wird als Verbrechen gewertet. In vielen anderen Ländern ist dies anders.
Auch der schwedische Rat für Verbrechensvorbeugung (Brottsförebyggande rådet) widersprach Farage. Es gebe keine Grundlage für dessen Aussagen, sagte die wissenschaftliche Rätin der Behörde, Stina Holmberg, der Zeitung "Sydsvenskan". Sie erklärte die hohe Zahl registrierter Verbrechen unter anderem damit, dass Frauen in freien Ländern wie Schweden, in denen sie eine komfortablere wirtschaftliche Situation haben, Sexualverbrechen eher anzeigen würden, so Holmberg.
Neun Anzeigen, Medienaufsicht ermittelt
Zu Farages Aussagen waren neun Beschwerden eingereicht worden. Nun untersucht die britische Medienaufsicht Ofcom den Vorgang. In einem Statement, aus dem mehrere britische Medien zitieren, schreibt Ofcom: "Wir untersuchen, ob Kommentare in diesem Programm grundlegend irreführend waren."
Farage verteidigte sich und sagte, seine Aussagen zu Schweden könnten mit Daten der UNO und der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte belegt werden. Für das schwedische "Establishment" sei es wichtiger, politisch korrekt zu sein als faktenmäßig korrekt.
Mit verbalen Hieben gegen das Establishment reiht sich Farage in die Rhetorik von US-Präsident Trump ein, der Farage als britischen Botschafter in Washington ins Gespräch gebracht hatte. Eine weitere Parallele: Auch Trump hatte mit Aussagen zu Schweden irritiert. In einer Rede im Februar hatte er suggeriert, dass es am Vorabend in Schweden ein schweres Verbrechen im Zusammenhang mit Flüchtlingen gegeben habe. Das erwies sich als falsch. Trump hatte lediglich einen Hinweis auf eine Dokumentation auf Fox News zu Schweden gesehen.