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Verhandlungen in Potsdam
Neue Tarifrunde im öffentlichen Dienst

Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in Bund und Kommunen werden heute fortgesetzt. In zentralen Punkten liegen die Tarifparteien noch weit auseinander. Verdi verlangt unter anderem die Erhöhung der Einkommen um sechs Prozent. Die kommunalen Arbeitgeber halten dagegen, Städte und Gemeinden müssten haushalten.

Von Vanja Budde |
    Mit Trillerpfeifen und Tröten demonstrieren Gewerkschafter in Potsdam (Brandenburg) für ihre Forderungen in der Tarifrunde 2016.
    Gewerkschafter hatten in Potsdam für ihre Forderung nach sechs Prozent mehr Geld für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst protestiert. (dpa / Bernd Settnik)
    Warnstreiks in Kitas, Jobcentern und Stadtverwaltungen in nahezu allen Bundesländern: Vor der heute beginnenden zweiten Verhandlungsrunde haben die Gewerkschaften Druck gemacht. Ein Angebot der Arbeitgeber soll auf den Tisch, nachdem man sich nach dem ersten Treffen nur einig war, dass man sich nicht einig ist.
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière: "In der Frage der Höhe der Lohnerhöhung, bei der Frage der sachgrundlosen Befristung sind wir weit auseinander."
    Sechs Prozent mehr Gehalt und mehr unbefristete Verträge - so lauten die Forderungen von Verdi. Das ist mehr Geld, als die Industriegewerkschaften fordern, doch angesichts der Mehrarbeit aufgrund der vielen Flüchtlinge angemessen, meint Verdi-Chef Frank Bsirske:
    "Viele, viele Kolleginnen und Kollegen in den öffentlichen Diensten haben dazu beigetragen, diese Situation zu bewältigen. Das ist ein deutliches Zeichen für die Leistungsbereitschaft und die Leistungsfähigkeit in den öffentlichen Diensten. Gut so. Aber dann haben die Kolleginnen und Kollegen auch zurecht die Erwartung, dass sie an der konjunkturellen Entwicklung, am Wachstum auch Anteil haben und dass der Abstand auf die Privatwirtschaft nicht größer wird, sondern eher kleiner."
    Bisrske: Arbeitnehmer und Flüchtlinge nicht gegeneinander auszuspielen
    Auch Willi Russ, Vizechef des Deutschen Beamtenbundes, argumentiert mit den tausenden Überstunden wegen der Flüchtlinge: Der öffentliche Dienst sei in Vorleistung getreten, und nun sei "Zahltag". Zumal die Konjunktur gut läuft und die Steuerkasse klingelt. Dennoch müssten die Städte und Gemeinden haushalten, hält der Präsident der kommunalen Arbeitgeberverbände, Thomas Böhle, dagegen:
    "Wir haben die strukturelle Unterfinanzierung ja nicht erst jetzt. Die haben wir schon viele, viele Jahre. Es hat ja seinen Grund, dass der Schuldenstand 2007 110 Milliarden war, und jetzt zuletzt 145 Milliarden."
    Dazu kommen künftig die Kosten der Integration der nach Deutschland Geflüchteten, die noch gar nicht abschätzbar seien, sagt Böhle. Der Verdi-Vorsitzende Bsirske warnt indes davor, Arbeitnehmer und Flüchtlinge gegeneinander auszuspielen:
    "Wir werden diese Herausforderungen nicht über Lohnzurückhaltung bei den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes lösen."
    Doch auch Innenminister de Maizière, oberster Dienstherr der Beschäftigten des Bundes, lehnt ein Plus von sechs Prozent als überzogen ab:
    "Der öffentliche Dienst darf nicht Lohnführer werden in der Tariflandschaft. Deswegen erwarte ich schwierige, aber lösbare Verhandlungen. Wer zu hoch auf einen Baum geklettert ist, der wird ein bisschen Mühe haben, langsam wieder herunter zu klettern. Und dem dienen die Verhandlungen."
    Gewerkschaften wollen neue Entgeldordnung durchsetzen
    Sie dienen auch dazu, in der Streitfrage der Altersversorgung eine Einigung zu finden:
    "Von der gesetzlichen Rente kann man heutzutage nicht mehr Leben, es kommt immer mehr zur Altersarmut", meint Sven Olaf Günther, Personalratsvorsitzender der Berliner Stadtreinigungsbetriebe: "Im öffentlichen Dienst gibt es dafür eine Zusatzversorgung, die ist seit Jahrzehnten geregelt. An dieser Stelle möchten die Arbeitgeber Einschnitte in die Leistungen vornehmen, was wir ablehnen. Und die Eigenbeiträge der Beschäftigten sollen erhöht werden, um die Zusatzversorgungskassen zu finanzieren."
    Verdi-Chef Bsirske ist zwar bereit, über höhere Beiträge der Arbeitnehmer für die Rentenkassen zu diskutieren. Doch dass weniger Betriebsrente ausgezahlt wird - das sei mit Verdi nicht zu machen. In Potsdam müssen heute und morgen also noch dicke Bretter gebohrt werden. Zumal die Gewerkschaften auch eine neue Entgeltordnung für den öffentlichen Dienst nach Jahre langen Verhandlungen diesmal in trockene Tücher bekommen wollen.