Schon seit dem Sommer verhandeln Berlin und Ankara über die Gründung türkischer Schulen in Deutschland. Sie sollen in Berlin, Köln und Frankfurt am Main entstehen - entsprechend den deutschen Schulen, die in Ankara, Istanbul und Izmir bereits existieren. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung und beruft sich auf Informationen aus dem Auswärtigen Amt.
Anlass für die Verhandlungen zu diesem Thema war die vorübergehende Schließung der deutschen Schule in Izmir im Sommer 2018. Damals hatten Polizei und Vertreter des türkischen Erziehungsministeriums dem Leiter der deutschen Auslandsschule mitgeteilt, diese werde illegal betrieben. Ziel der türkischen Behörden war es, auf das mangelnde Gleichgewicht hinzuweisen: Die Regierung von Präsident Erdogan will in Deutschland Schulen betreiben - wie es Deutschland in der Türkei seit langem auch tut.
Nun arbeiten beide Staaten an einem "Abkommen über die Zusammenarbeit im Bildungsbereich". An den Verhandlungen sind auf deutscher Seite neben dem Auswärtigen Amt auch Vertreter der Bundesländer beteiligt. Das Abkommen dient nach Angaben des Auswärtigen Amtes auch dazu, die Rechtsgrundlage für die deutschen Auslandsschulen in der Türkei "abzusichern". An den deutschen Schulen in der Türkei werden die Schüler nach deutschen Lehrplänen unterrichtet. Sie können dort türkische und deutsche Abschlüsse machen.
Erdogans Einfluss auf die türkische Communitiy
Unter deutschen Bildungspolitikern bestehen Sorgen, die Türkei könne für die Schulen in Deutschland ähnliche Rechte fordern. Der FDP-Abgeordnete Peter Heidt, der im Dezember im Bundestag eine Anfrage an die Bundesregierung eingebracht hatte, erklärte gegenüber dem Deutschlandfunk:
"Wir wissen, dass Erdogan immer wieder versucht, hier in Deutschland Einfluss zu nehmen auf die türkische Community, und wenn diese Schulen nicht ordentlich geregelt werden, dann gibt es hier eine weitere Möglichkeit für ihn, diesen Einfluss auszuüben."
Auch in den Bundesländern melden sich Skeptiker. Ihnen liegt ein Entwurf des deutsch-türkischen Schulabkommens vor. Die Länder befürchten, die Türkei wolle durch die Auslandsschulen vor allem ihren Einfluss auf Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschland dauerhaft sichern. Das baden-württembergische Kultusministerium ließ verlauten, der Entwurf des Abkommens enthalte "zahlreiche ungeklärte Punkte", bei denen man rechtliche Bedenken habe. Wer in Baden-Württemberg eine Schule gründe, müsse sich an die Regelungen des dortigen Privatschulgesetzes halten. Baden-Württemberg koordiniert gegenwärtig die unionsgeführten Bildungsministerien innerhalb der Kultusministerkonferenz.
Deutsche Regeln, deutsche Standards
Ähnlich äußerte sich der FDP-Abgeordnete Peter Heidt: "Wichtig ist für mich und auch für die Freien Demokraten, dass hier deutsche Regeln angewendet werden, dass deutsche Standards eingehalten werden und dass das auch kontrolliert wird."
Auch Bundesaußenminister Maas pocht auf die Einhaltung des deutschen Rechts an den künftigen türkischen Schulen in Deutschland. Maas' Sprecher Rainer Breul sagte gegenüber der Presse: "Die Aufsicht über etwaige Privatschulen, die geschaffen werden, liegt bei der Schulaufsicht in den jeweiligen Ländern. Es ist vollkommen klar, dass sich eine mögliche türkische Auslandsschule vollkommen an das jeweilige Landesschulgesetz halten muss. Privilegien sind nicht vorgesehen."
Nach den Vorstellungen des Auswärtigen Amtes sollen die türkischen Schulen sogenannte Ersatzschulen sein, also Ersatz für öffentliche Schulen. Träger der Schulen könne nicht der türkische Staat sein, sondern nur private Vereine. Die Kosten würden weitgehend die Bundesländer tragen. Diese sollten die Schulen dann auch kontrollieren und den Lehrplan vorgeben.