Monika Seynsche: Jeder Mensch altert, das heißt, die Haut, die Muskeln, das Herz und auch das Gehirn lassen irgendwann nach und können ihre Aufgaben nur noch eingeschränkt erfüllen. Es scheint, dass dieses Altern ein unumkehrbarer Prozess ist. Aber Wissenschaftler versuchen zumindest, das Altern der Zellen zu verstehen. Seit etwa 20 Jahren wissen sie, dass Telomere die Hauptrolle spielen. Das sind kleine Hütchen, die auf den Enden der Chromosomen sitzen und sie schützen. Schwinden sie, altern wir. Forschungsergebnisse, die heute in "Nature" vorgestellt werden, zeigen aber, dass es nicht so ablaufen muss, zumindest bei Mäusen. Mein Kollege Michael Lange hat die Ergebnisse gelesen. Herr Lange, was ist denn das neue an diesem Jungbrunnen?
Michael Lange: Das Besondere ist, dass die Mäuse nicht nur langsamer altern - das haben Wissenschaftler in früheren Versuchen schon immer wieder gezeigt. Den Wissenschaftlern von der Harvard Medical School ist es tatsächlich gelungen, alte Mäuse zu verjüngen. Dazu muss man sagen, sie haben die Mäuse erstmal künstlich verstärkt altern lassen - und zwar indem sie ein Enzym, ein Verjüngungsenzym, so kann man es nennen, die Telomerase stillgelegt haben. Dann ist es ihnen gelungen, mit dem Stoff 4-Hydroxytamoxifen diese Stilllegung wieder aufzuheben. Das Enzym wurde besonders aktiv. Und es dauerte nur vier Wochen, da zeigten die zunächst vorzeitig gealterten Organe Milz, Darm, Hoden und Gehirn tatsächlich Verjüngungserscheinungen. Und das ist zum ersten Mal in der Wissenschaft, dass tatsächlich Mäuseorgane verjüngt wurden.
Seynsche: Welche Rolle spielt denn überhaupt die Telomerase und auch die Telomere bei der Alterung?
Lange: Die spielen eine sehr zentrale Rolle: Das wurde bereits in den 90er-Jahren, die ersten Anfänge sogar in den 80er-Jahren entdeckt. Dafür gab es vor einem Jahr den Nobelpreis für drei Wissenschaftler. Und die haben herausgefunden, dass die Telomere, die sitzen auf den Enden der Chromosomen, die kann man sich so vorstellen wie ein langer Faden, und am Ende der Chromosomen wie bei einem Schnürsenkel - diese kleine Ringe, diese Aufsätze, die da drauf sind, wird das Chromosom zusammengehalten, zusammengebunden. Und wenn man sich jetzt vorstellt, dass bei jeder Zellteilung von diesem kleinen Ring ein ganz winziger Teil abgeschnitten wird, dann wird der mit der Zeit mit jeder Teilung und damit eben auch mit dem Alter immer kürzer. Und wenn der Ring aufgebraucht ist, kein Plastikring mehr am Ende der Schnürsenkel existiert, dann ist Schluss mit Zellteilung und dann sind diese Zellen tot und auf den Gesamtorganismus berechnet heißt das eben, dass der Organismus altert, dass er einmal zugrunde gegangene Zellen nicht wieder erneuern kann. Und die Telomerase ist jetzt ein Enzym, das diesen Prozess entgegenarbeitet. Die baut sozusagen, was ich hier mit meinem Schnürsenkel nicht machen kann, wieder ein kleines Stück Plastikring drauf, so dass die Zellen nicht nur älter werden, sondern auf Zellebene haben wir ein dauerndes Altern und Verjüngen. Und was sich ändert, ist nur das Gleichgewicht. Am Anfang wird genauso schnell gealtert wie verjüngt. Und irgendwann wird das Verjüngen langsamer und dadurch werden wir älter.
Seynsche: Sie können es nicht hören, aber Herr Lange hat sich gerade eben erstmal den Schnürsenkel ausgezogen, um das zu erklären. Herr Lange, was bewirkt denn diese Verjüngungstherapie bei den Mäusen?
Lange: Sie bewirkt tatsächlich, dass ein natürlicher Prozess, der vorher künstlich gestoppt wurde, wieder in Gang gesetzt wird - und das ist natürlich auch der Haken an der Sache. Im Grunde genommen gelingt es den Forschern zwar zum ersten Mal, Versuchstiere wirklich jünger zu machen, aber es ist eigentlich keine künstliche Verjüngung. Es ist keine Verjüngung, die man sozusagen nur als Medikament schluckt. Und wenn das ganz normale Mäuse wären und die würden dieses Medikament bekommen, dann würden sie nicht jünger werden. Sondern es ist eigentlich nur die natürliche Verjüngung, die vorher unterbrochen war, ist plötzlich wieder da und die Wissenschaftler sagen, naja, das ist vielleicht nicht so etwas besonderes, aber es ist ein proof of principle, also ein Beweis des Prinzips, dass es möglich ist, dass Tiere jünger werden. Und das macht dann natürlich wieder Hoffnung, dass man das irgendwie auch vielleicht beim Menschen oder anders anwenden kann.
Seynsche: Aber wenn die Zellen jung bleiben, das heißt, sie sich immer fortwährend teilen, das würde doch auch bedeuten, dass die Krebsgefahr steigt, oder nicht?
Lange: Das ist in der Tat so. Und deshalb sind viele der Hoffnungen, die sich auf die Telomere und auf die Telomerase setzten in den letzen Jahren auch wie Seifenblasen zerplatzt. Es ist in der Tat so, dass Krebszellen eine besonders aktive Telomerase haben. Das heißt, die haben ein Enzym, was besonders jung hält. Und Krebszellen sind besonders junge Gewebe, die einfach künstlich immer jung bleiben. Die Wissenschaftler sagen aber, dass sie die Mäuse ganz genau untersucht hätten und hätten keine verstärkte Krebsbildung feststellen können. Die Theorie hätte das fast erwarten lassen. Nun wollen sie wissen, warum das so ist und ob es in der Natur tatsächlich so ist, dass eine Verjüngung nicht automatisch Krebs bedeutet. Aber die Frage ist nicht geklärt. Und bevor man so etwas am Menschen ausprobiert, muss diese Frage unbedingt geklärt werden.
Michael Lange: Das Besondere ist, dass die Mäuse nicht nur langsamer altern - das haben Wissenschaftler in früheren Versuchen schon immer wieder gezeigt. Den Wissenschaftlern von der Harvard Medical School ist es tatsächlich gelungen, alte Mäuse zu verjüngen. Dazu muss man sagen, sie haben die Mäuse erstmal künstlich verstärkt altern lassen - und zwar indem sie ein Enzym, ein Verjüngungsenzym, so kann man es nennen, die Telomerase stillgelegt haben. Dann ist es ihnen gelungen, mit dem Stoff 4-Hydroxytamoxifen diese Stilllegung wieder aufzuheben. Das Enzym wurde besonders aktiv. Und es dauerte nur vier Wochen, da zeigten die zunächst vorzeitig gealterten Organe Milz, Darm, Hoden und Gehirn tatsächlich Verjüngungserscheinungen. Und das ist zum ersten Mal in der Wissenschaft, dass tatsächlich Mäuseorgane verjüngt wurden.
Seynsche: Welche Rolle spielt denn überhaupt die Telomerase und auch die Telomere bei der Alterung?
Lange: Die spielen eine sehr zentrale Rolle: Das wurde bereits in den 90er-Jahren, die ersten Anfänge sogar in den 80er-Jahren entdeckt. Dafür gab es vor einem Jahr den Nobelpreis für drei Wissenschaftler. Und die haben herausgefunden, dass die Telomere, die sitzen auf den Enden der Chromosomen, die kann man sich so vorstellen wie ein langer Faden, und am Ende der Chromosomen wie bei einem Schnürsenkel - diese kleine Ringe, diese Aufsätze, die da drauf sind, wird das Chromosom zusammengehalten, zusammengebunden. Und wenn man sich jetzt vorstellt, dass bei jeder Zellteilung von diesem kleinen Ring ein ganz winziger Teil abgeschnitten wird, dann wird der mit der Zeit mit jeder Teilung und damit eben auch mit dem Alter immer kürzer. Und wenn der Ring aufgebraucht ist, kein Plastikring mehr am Ende der Schnürsenkel existiert, dann ist Schluss mit Zellteilung und dann sind diese Zellen tot und auf den Gesamtorganismus berechnet heißt das eben, dass der Organismus altert, dass er einmal zugrunde gegangene Zellen nicht wieder erneuern kann. Und die Telomerase ist jetzt ein Enzym, das diesen Prozess entgegenarbeitet. Die baut sozusagen, was ich hier mit meinem Schnürsenkel nicht machen kann, wieder ein kleines Stück Plastikring drauf, so dass die Zellen nicht nur älter werden, sondern auf Zellebene haben wir ein dauerndes Altern und Verjüngen. Und was sich ändert, ist nur das Gleichgewicht. Am Anfang wird genauso schnell gealtert wie verjüngt. Und irgendwann wird das Verjüngen langsamer und dadurch werden wir älter.
Seynsche: Sie können es nicht hören, aber Herr Lange hat sich gerade eben erstmal den Schnürsenkel ausgezogen, um das zu erklären. Herr Lange, was bewirkt denn diese Verjüngungstherapie bei den Mäusen?
Lange: Sie bewirkt tatsächlich, dass ein natürlicher Prozess, der vorher künstlich gestoppt wurde, wieder in Gang gesetzt wird - und das ist natürlich auch der Haken an der Sache. Im Grunde genommen gelingt es den Forschern zwar zum ersten Mal, Versuchstiere wirklich jünger zu machen, aber es ist eigentlich keine künstliche Verjüngung. Es ist keine Verjüngung, die man sozusagen nur als Medikament schluckt. Und wenn das ganz normale Mäuse wären und die würden dieses Medikament bekommen, dann würden sie nicht jünger werden. Sondern es ist eigentlich nur die natürliche Verjüngung, die vorher unterbrochen war, ist plötzlich wieder da und die Wissenschaftler sagen, naja, das ist vielleicht nicht so etwas besonderes, aber es ist ein proof of principle, also ein Beweis des Prinzips, dass es möglich ist, dass Tiere jünger werden. Und das macht dann natürlich wieder Hoffnung, dass man das irgendwie auch vielleicht beim Menschen oder anders anwenden kann.
Seynsche: Aber wenn die Zellen jung bleiben, das heißt, sie sich immer fortwährend teilen, das würde doch auch bedeuten, dass die Krebsgefahr steigt, oder nicht?
Lange: Das ist in der Tat so. Und deshalb sind viele der Hoffnungen, die sich auf die Telomere und auf die Telomerase setzten in den letzen Jahren auch wie Seifenblasen zerplatzt. Es ist in der Tat so, dass Krebszellen eine besonders aktive Telomerase haben. Das heißt, die haben ein Enzym, was besonders jung hält. Und Krebszellen sind besonders junge Gewebe, die einfach künstlich immer jung bleiben. Die Wissenschaftler sagen aber, dass sie die Mäuse ganz genau untersucht hätten und hätten keine verstärkte Krebsbildung feststellen können. Die Theorie hätte das fast erwarten lassen. Nun wollen sie wissen, warum das so ist und ob es in der Natur tatsächlich so ist, dass eine Verjüngung nicht automatisch Krebs bedeutet. Aber die Frage ist nicht geklärt. Und bevor man so etwas am Menschen ausprobiert, muss diese Frage unbedingt geklärt werden.