Im Redaktionsflur der Hamburger Morgenpost hängen die Werbebanner aus der über 70-jährigen Historie der Zeitung: weiße Letter auf rotem Grund, die neuesten Nachrichten aus der Hansestadt, für nur zehn Pfennig. Die Blütezeit der Mopo ist lang vorbei. Heute, angesichts der unsicheren Zukunft der Zeitung, sei die Stimmung gedrückt, sagt die Journalistin und Mopo-Betriebsrätin Nina Gessner:
"Die Stimmung ist hochnervös. Wir werden seit einem Jahr von DuMont hingehalten. Vor einem Jahr ist das durchgesickert, dass DuMont sich von seiner Tageszeitungssparte trennen will. Und es hieß erst: ‚Bis Juni gibt es eine Entscheidung!‘ Dann hieß es: ‚Bis September gibt es eine Entscheidung!‘ Jetzt deutet sich schon wieder an, dass es möglicherweise bis Ende Februar geht. Und die Nerven der Kollegen sind zum Zerreißen gespannt."
Zu den Sorgen um die Zukunft kommt dann noch die Arbeitsverdichtung, erzählt Nina Gessner. Allein im letzten Jahr hätten, durch Verrentung oder Jobwechsel, 20 Mitarbeiter die Zeitung verlassen. So gut wie keine Stelle sei neubesetzt worden. Und ganz nebenbei sei vom verbliebenen Team dann auch noch das Konzept "Online first" umgesetzt worden, um die Reichweite im Netz zu steigern.
"Das haben die Kollegen mitgetragen. Immer mit der Hoffnung, dass das Arbeitsplätze rettet. Und wenn jetzt eine Zerschlagung droht, dann war dieser hochmotivierte, kräftezehrende Einsatz der Kollegen umsonst."
Ganz unterschiedliche Zukunftsszenarien sind denkbar: Entweder wird die Hamburger Morgenpost als Gesamtheit verkauft, also die Zeitung und die Online-Ausgabe. Oder das ganze Unternehmen abgewickelt. Davon wären über 50 Mitarbeiter betroffen. Zur Zeit, so Betriebsrätin Nina Gessner, verhandle die Funke-Mediengruppe mit DuMont darüber, nur den Online-Auftritt der Mopo zu übernehmen, und zwar ohne die Mopo-Redaktion.
Verschiedene Gründe für Verluste
Dass sich der Verkauf so schwierig gestaltet, liegt auch am Auflagenrückgang der Mopo. Der sei zwar mittlerweile gestoppt, sagt Nina Gessner. Der Absturz in den Vorjahren sei aber – wie bei anderen Hamburger Zeitungen - immens, erklärt Hermann-Dieter Schröder vom Hamburger Hans-Bredow-Institut: "Da haben wir einen Rückgang innerhalb von zwei Jahren von 27 Prozent der Auflage."
Heute verkauft die Mopo, inklusive der ePaper-Ausgaben, rund 45.000 Exemplare täglich. Die Gründe für den Auflagenschwund sind vielfältig, sagt der Medienforscher Schröder. Zum einen werde versucht, den Wegfall von Anzeigenerlösen durch höhere Preise für Abonnements und Einzelexemplare zu kompensieren. Und auch der Trend zu Single-Haushalten führe dazu, dass sich die Menschen auf eine Zeitung für sich allein verzichten würden.
"In Hamburg haben wir 54 Prozent der Haushalte als Ein-Personen-Haushalte. Und da teilt sich halt niemand die Kosten für die eine Zeitung." Mit diesen Problemen hätten alle Zeitungen im Hamburger Raum zu kämpfen. "Das Einzige, was spezifisch ist, ist, dass die Morgenpost schon so klein ist, dass eine weitere Verkleinerung immer heikler wird."
Alarmierte Lokalpolitiker
Und das bestätigt auch die Mopo-Journalistin und Betriebsrätin Nina Gessner. Viele in der Redaktion fragten sich, wie nach all dem Personalabbau auf Dauer noch die journalistische Qualität geliefert werden könne, die auch für eine Boulevardzeitung unerlässlich ist.
Unterstützung für die Mopo kommt aus allen politischen Lagern der Hansestadt. Auch vom Senator für Kultur und Medien Carsten Brosda, einem täglichen Mopo-Leser: "Ja! Als jemand, der im politischen Leben der Stadt unterwegs ist, gehört die Mopo zur Morgenlektüre!"
Auch Brosda selbst hat schon vertrauliche Gespräche mit den Verantwortlichen der DuMont-Verlagsgruppe geführt. Sein Einfluss sei aber begrenzt. "Ich nehme wahr und deute auch die Dauer des bisherigen Verfahrens, dass alle Beteiligten ein Interesse daran haben, die redaktionelle Struktur der Mopo zu erhalten. Und das ist ehrlicherweise auch das, was ich hoffe und wünsche."
Denn immerhin, so Brosda, sei das Tageszeitungsangebot in der Hansestadt, zuletzt mit der Schließung der Hamburg-Redaktion der "Welt", schon seit einigen Jahren rückläufig. Wann eine Entscheidung über die Zukunft der Hamburger Morgenpost fallen wird, bleibt offen.