Temperaturen endlich frühlingshaft, Sonnenschein: Da geben Motorradfahrer gerne wieder Gas – und haben Spaß. Doch manche, die nicht auf der Maschine sitzen, sondern am Rande vielbefahrener Motorradstrecken wohnen, haben dabei das Gegenteil von Spaß - nämlich: Verdruss.
"Also die Beschwerden nehmen zu. Die Leute schließen sich zusammen, an diesen Ausflugsstrecken. Und die sagen: Hier darf nicht mehr weiter Motorrad gefahren werden, weil es uns als Anwohner zu laut wird."
Und zwar deshalb zu laut, weil die eine oder andere Maschine mit speziellen Klappensystemen im Auspuff ausgestattet sind. Und die haben es in sich, weiß Sylvia Pilarsky-Grosch, Geschäftsführerin des Landesverbandes Baden-Württemberg im Bund für Umwelt und Naturschutz:
"Die Lärmgrenzwerte werden durch die Klappen beim Stand, bei der Messung eingehalten, aber eben nicht im realen Betrieb."
Will heißen: Die bei manchen Modellen im Auspuff verbauten Klappensysteme, die die Lärmemissionen eigentlich mindern sollen, ändern ihre Stellung in Abhängigkeit davon, wie viel Gas der Fahrer gerade gibt. Bei so genannten Prüfstand relevanten Drehzahlen, die dem Geschwindigkeitsintervall zwischen 20 und 80 Stundenkilometern entsprechen, werden die Lärmgrenzwerte eingehalten. Ist die Maschine schneller unterwegs, werde es aber, dank dieser Klappensysteme, erheblich lauter als erlaubt, so der BUND-Vorwurf:
"Es wird ganz bewusst gesagt: Die Lärmmessung findet statt, bei 80 Kilometern. Und darüber ganz ich das ganze über Software einstellen, genauso wie beim Diesel, dass die Lärmgrenzwerte eben überschritten werden."
Im Nachhinein eingebaute Auspuffanlagen
Viele Motorradhersteller machen überhaupt keinen Hehl daraus, dass die Klappen im Auspuff verbauen. Diese dienten aber dazu, die vorgeschriebenen Lärmobergrenzwerte einzuhalten; man bewege sich voll im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. So weit, so gut - allerdings: Viele Motorradfahrer kaufen sich, weil es manchmal schicker aussieht und sich manchmal eben auch besser anhört, Auspuffanlagen oder Teile dazu, die im Nachhinein eingebaut werden.
"Es sieht so aus, dass es tatsächlich entsprechende Nachrüstanlagen gibt, die über Klappensteuerung verfügen. Und gerade die etwas älteren Systeme für Motorräder, die vor 2016 beziehungsweise 2017 zugelassen wurden, haben tatsächlich Grenzwerte, die außerhalbl der Messstrecke extrem weit hoch liegen, weil die nicht entsprechend reglementiert sind", weiß Christian Schäfer, Leiter für Mobilität und Technik beim ADAC Württemberg. Er betont aber auch:
"Es gibt auch entsprechende Klappensysteme, die entsprechend ruhige Fahrt zulassen und moderate Töne bei offener Klappe zulassen."
Leiser, aber manchmal auch schneller
Auf die Konfiguration komme es an - und auf den Motorradfahrer. Viele Nachrüstsätze seien mit sogenannten "dB-Killern" ausgestattet - also Systeme, die Schall eigentlich dämpfen. Nur: Diese "dB-Killer" sind häufig herausnehmbar. Und dann werden die Maschinen eben lauter. All dies jedenfalls führt beim BUND dazu, den Gesetzgeber auf den Plan zu rufen, so Sylvia Pilarsky-Grosch:
"Wir fordern eben, dass der Grenzwert nicht nur über einen bestimmten Zustand gemessen wird, sondern über alle Zustände und alle Geschwindigkeiten und auch auf der Straße eingehalten werden muss. Und wir fordern, dass diese Ersatzauspuffanlagen nicht mehr verkauft und nicht mehr zugelassen werden."
Christian Schäfer vom ADAC hält von solchen restriktiven Maßnahmen nicht viel. Denn: "Genau das ist das Problem, dass man nicht alle Motorradfahrer über einen Kamm scheren darf. Es sind nur einige wenige, die das Maß dann überreizen."
Im Übrigen appelliert Schäfer auch an die Motorradfahrer - mit einer auf den ersten Blick verblüffenden Erkenntnis: Viele Nachrüstsätze, die für einen lauteren Motorradsound sorgen, vermindert damit gleichzeitig die Leistung des Fahrzeuges:
"Nicht die Lautstärke macht die Geschwindigkeit. Leiser kann durchaus auch effizienter und trotzdem flotter sein."